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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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ich hatte geglaubt, die beiden wären Freunde, aber später, viel später, auf der zweiten Reise, als mein Englisch besser war und Bwana Speke offener mit mir redete, da begriff ich, auf dem ersten Teil der Reise stand er an der Schwelle zum Haß, sein Ehrgeiz zerfraß seine Gefühle der Dankbarkeit und der Verbundenheit, und als es zu dem Streit kam, der alles in Frage stellte, da schwappte sein Haß über und ertränkte alles andere. Noch vor dem Ende der Reise, noch bevor wir die rettende Küste wieder erreichten, sollte er mir vorwerfen, daß ich Bwana Burton geholfen hätte, ihn zu vergiften. So stark war sein Haß.
    – Und trotzdem hat er dich auf die zweite Reise mitgenommen?
    – Ich verstehe nicht, wie du ihn wieder begleiten konntest. Er hat dich doch geschlagen.
    – Er ist wieder zu Verstand gekommen. Er brauchte mich, und er wußte meine Dienste zu schätzen. Wir bildeten eine gute Gemeinschaft. Ich gab ihm das Gefühl, der Anführer zu sein, ich habe gelernt, meine Ungeduld zu zügeln, ich konnte abwarten, bis er seine Sätze in der Sprache der Banyan zusammengesucht hatte, und dann konnte ich ihm die Auskunft erteilen, nach der er verlangte, und er mußte sie nicht bei Bwana Burton erbitten. Er traute mir mehr und mehr. Auf der zweiten Reise erfuhr ich alles, was mir auf der erstenReise verborgen geblieben war. Bwana Speke war ein Mensch mit zarten Gefühlen, und Bwana Burton hatte seine Gefühle niedergetrampelt. Er hatte ihm gezeigt, für wie dumm er ihn hielt. Er wußte, wie man einen Menschen herablassend behandelt. Und Bwana Speke hatte sich insgeheim gerächt, er hatte eine Verachtung in sich herangezüchtet für alles, was Bwana Burton früher getan hat und alles, was er auf dieser Reise tat. So war ihre Beziehung: Bwana Burton verachtete Bwana Speke, weil er nur das Schießen von Tieren im Kopf hatte, und Bwana Speke verachtete Bwana Burton, weil dieser kein Interesse an der Jagd hatte.
     
     
     
    Was auch immer der Tag ihm abverlangt, wie auch immer er ihm zugesetzt hat, am Abend setzt sich Burton hin – nachdem Bombay einen Stuhl und ein Pult zu einer provisorischen Arbeitsecke in seinem Zelt auseinandergefaltet hat – und schreibt alles nieder, was er beobachtet, gemessen und erfahren hat. Ob es draußen stürmt, ob sich Wasser unter seinen Stiefeln sammelt und die Befehle von Speke zu ihm dringen, der das Abdecken der Waren mit Planen beaufsichtigt. Er schreibt, selbst wenn seine fiebrigen Finger den Füller kaum halten und seine entzündeten Augen das Tintenfaß kaum erkennen können, in das er die Spitze eintaucht. Selbst wenn er sich nur noch danach sehnt, sich auszustrecken und den Tag möglichst schnell zu vergessen.
    Es handelt sich nicht nur um eine Übung in Selbstdisziplin; er betrachtet es als seine Pflicht, dieses Land in der Schrift zum Leben zu erwecken. So einer wie er schreckt nicht vor großen Herausforderungen zurück, aber wenn er sich vor Augen führt, welche Bedeutung seinen Aufzeichnungen zukommt, fühlt er sich doch ein wenig eingeschüchtert. Er bekämpft diese Unsicherheit mit Details, mit all den Details, die er aus den Unterhaltungen herauspressen kann, bis kein Tropfen nützlicher Information mehr herauszuholen ist.
    Bombay steht an erster Stelle unter den Informanten. Wenn sie sich beide anstrengen, können sie fast jeden Gedanken austauschen, indem sie sich des Hindustani bedienen, getragen von einigen arabischenStützen und einigen Kisuaheli-Pfeilern. Vor allem, wenn es sich um die örtlichen Bräuche und den allgegenwärtigen Aberglauben handelt, ist Bombay sein Gewährsmann, denn er betrachtet, was ihnen begegnet, mit einer gewissen Vertrautheit, aber auch mit einem nützlichen Maß an Befremdung. Nach einem weiteren intensiven Gespräch mit Bombay – Burton sitzt, hört aufmerksam zu, notiert, was seinem Gedächtnis entgleiten könnte; Bombay steht hinter ihm, damit er zugleich seine Schulter und seinen Nacken massieren kann – schlägt er sein Notizbuch auf und trägt einen weiteren Vermerk ein:
    Folglich behaupten die Wanyika, genauso wie unsere Philosophen, daß Koma eine subjektive und nicht eine objektive Existenz erfaßt; und doch ist Hexerei ihr einziger Glaubenssatz. All ihre Krankheiten erheben sich aus dieser Besessenheit, und kein Mensch stirbt das, was wir als einen natürlichen Tod auffassen würden. Ihre Riten sind darauf gerichtet, entweder Böses von sich selbst abzuwenden oder auf andere zu laden, und das primum mobile ihrer

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