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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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Opfergaben ist das Interesse des Mganga, des Medizinmannes. Wenn der entscheidende Moment gekommen ist, benennt der Geist, der zuvor beschworen wurde, den Körper des Besessenen zu verlassen, irgendein Objekt, technisch ›Kehi‹ genannt, ein Stuhl, in welchem, getragen um den Hals herum oder an den Gliedern, es sich aufhalten wird, ohne den Träger zu behelligen. Diese Idee liegt vielen abergläubischen Praktiken zugrunde: die Vorstellung des Negers von einem ›günstig gesinnten Heilmittel‹ ist ein Objekt, wie die Kralle eines Leoparden oder Ketten von weißen, schwarzen und blauen Perlen, Mdugu ga Mulungu (Geist-Perlen) genannt und über der Schulter getragen, oder die Lumpen, die einem Kranken abgenommen worden sind, und die an den Baum gehängt oder befestigt werden, den die Europäer den ›Teufelsbaum‹ nennen. Der Dämonengeist zieht das ›Kehi‹ der Person des Kranken vor, so daß kraft gegenseitiger Einigung beide Seiten glücklich sind. Manche, vor allem Frauen, besitzen ein Dutzend Quälgeister, ein jeder mit seinem ganz eigenen Talisman versehen, davon einer, der lächerlicherweise ›Barakat‹ heißt, was auf Arabisch ›Segen‹ bedeutet, und dem Namen des äthiopischen Sklaven entspricht, den Mohammed geerbt hat.
    Burton lehnt sich zurück, liest den Absatz noch einmal durch und schließt zufrieden sein Notizbuch. Das Thema scheint ihm fürs erste abgehandelt. Die Menschenkunde bietet in diesen Breiten gewiß das interessanteste Betätigungsfeld, die vielen Stämme samt ihrer kulturellen Eigenheiten müssen erfaßt und geordnet werden. Ihre Religion hingegen, wenn der Begriff in diesem Zusammenhang überhaupt Verwendung finden darf – Bombay hat ihm versichert, daß ihre Sprachen weder ein Äquivalent zu Dharma noch zu Diin kennen –, war von geringem Interesse, und er bezweifelt, daß die Forscher, die durch die Schneisen eintreten werden, die er auf dieser Expedition schlägt, diesem Feld besondere Aufmerksamkeit widmen werden.
    Zudem, wenn die Missionare einmal einmarschiert sind, wird von dem einheimischen Aberglauben wenig übrigbleiben. Afrika ist nicht Indien, Kehi hat weitaus weniger Gewicht als Karma, und die Servanten Gottes werden sich wie Aasgeier auf jede heidnische Seele stürzen. So weit, so klar, nur eines verstört ihn: Bombay, der nicht auf den Kopf gefallene Bombay, dessen Name Mubarak ein höheres und überlegenes Versprechen birgt, der mit dem Reichtum von Al-Islam vertraut ist, dieser Bombay ist offensichtlich tief berührt von all dem Hokuspokus, beeindruckt von den Quacksalbern. Sitzt denn das Gift der kindlichen Erziehung so tief, daß er sich davon nicht befreien kann, obwohl er so vielen anderen, befriedigenderen Wahrheiten begegnet ist? Oder ist er einem Wahn verfallen, seine persönliche, labile Reaktion auf die Härten der Reise? Er sollte ihn unter Beobachtung halten, denn wenn Bombay ausfiel, würde ihnen ein guter Mann fehlen.
     
     
     
    SIDI MUBARAK BOMBAY
    Hört zu, meine Brüder, hört aufmerksam zu, denn nun kommt der Teil, der jeden von euch interessiert, nun kommt die Geschichte von den Frauen dieser Reise, von den Frauen unserer Karawane. Als wir aufbrachen, da blieben wir Männer fast nur unter uns, abgesehen von einigen wenigen Ehefrauen der Träger, wir waren mehrals hundert Männer, und kein einziger von uns war alt, kein einziger von uns war schwach. Es war nicht richtig, daß wir einen Pfad entlanggehen mußten, den wir nicht kannten, daß wir alles erdulden mußten, was zwischen dem Leben und dem Tod steht, und dabei auf die Begleitung von Frauen verzichten sollten. Es war nicht richtig, daß unsere Nächte einsamer waren als unsere Tage. Es dauerte nicht lange, und die Karawane schwoll an, gewann an Rundungen, es gab immer mehr Männer, die sich am Abend nicht an unseren Gesängen und nicht an unseren Tänzen beteiligten, je länger die Reise andauerte, desto mehr Frauen begleiteten uns. Bwana Burton und Bwana Speke waren besorgt, was die Frauen für einen Einfluß auf die Karawane haben könnten.
    – Wo kamen diese Frauen denn her?
    – Die meisten wurden den Sklavenhändlern abgekauft, denen wir begegneten, und manche schlossen sich einem der Männer an, weil er sie oder die Eltern der Frau überzeugt hatte, mit Geld oder mit seiner Zunge. Das waren Paarungen, die länger hielten, denn wer seine Frau kaufte, der wußte nicht, was er kaufte, und keinem erging es so schlecht wie dem armen Mann, dem die Frau mit dem Namen ›Weißichnicht‹

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