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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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oder einen breiten Baobab. Er legte an, er begann zu schießen, bis mir die Ohren wund wurden, und wer es sich ansehen konnte, der sah, wie die Tiere umfielen, ein Tier nach dem anderen, wie Ballen, die weggeworfen werden. Nach dem ersten Schuß versuchten die Tiere zu entkommen, sie schnaubten voll Schrecken, sie waren weit weg, aber ich spürte Angst durch ihre Nüstern tosen, sie wußten nicht immer, wohin sie fliehen sollten, und die Herden waren so groß, Bwana Speke hatte Zeit für viele weitere Schüsse. Die Tiere, die getroffen wurden, die Tiere, die umfielen, ich zählte sie zu Dutzenden, ich konnte die Tiere nicht mehr sehen, der Staub, den ihre Hufe aufwirbelten, schluckte sie, und es gab nur noch eine Masse Leben und eine Masse Tod und einen wilden Wirbel dazwischen.
    – Sieh die Stuten, wie sie rasen,
    ihre Hufe Funken schlagen,
    wie sie früh am Morgen stürmen,
    und im Staubessprühen brechen
    durch des Gegners Reihen!
    – Und es geht weiter, Baba Quddus, wie glorreich es weitergeht, jedes Wort trifft, so genau wie die Schüsse von Bwana Speke:
    Wahrlich, voller Undank ist der Mensch,
    wahrlich, hierfür ist er selbst sich Zeuge,
    wahrlich, was ihn antreibt, ist nur Gier.
    – Im Namen Gottes.
    – Solange Bwana Speke einen Schuß abfeuern konnte, der die Aussicht auf Tod in sich trug, schoß er. Er war wie ein aufgeregtes Kind, und manchmal trieb ihn die Aufregung hinter den Herden her, er lief mit langen, starken Schritten und schoß in die fliehenden Herden hinein. Er konnte nicht auf ein bestimmtes Tier zielen, das war unmöglich, er zielte nur dorthin, wo seine Kugeln Blut finden konnten. Sein Gesicht glänzte dabei, es war wie das Gesichtvon Baba Burhan zu Bakri Id, es war voller Glück, es war voller Rausch.
    – Und du?
    – Ich mußte ihm die Gewehre reichen, ich mußte sie tragen, ich mußte auf sie aufpassen, es waren häßliche Tage, an denen er jagte.
    – Was für Tiere schoß er, Großvater?
    – Alles, alles, was sich bewegte. In dieser Hinsicht war er bescheiden. Sogar Krokodile und Nilpferde, das war besonders widerlich, denn wir mußten am Ufer warten, bis die Kadaver an die Wasseroberfläche stiegen.
    – Wieso bleiben sie nicht unter Wasser?
    – Weil sich in ihrem Magen fängt, was beim Furzen auch aus dir herausbricht, mein Lichtblick. Du mußt dir vorstellen, Tausende von Fürzen, die blähen das Nilpferd auf, bis es so prall und rund ist wie einer meiner besten Freunde.
    – Ich weiß, wen du meinst, Großvater, ich weiß es genau.
    – Gut, mein Liebling. Aber behalte es für dich.
    – Wieso denn? Er weiß es doch auch.
    – Ihr hattet jede Menge Fleisch zum Essen.
    – Nein! Hört zu, ihr werdet jetzt ein neues Staunen kennenlernen. Bwana Speke zeigte kein Interesse an dem Fleisch. Nicht einmal an den Hörnern. Wir eilten weiter. Wir ließen die toten Tiere zurück, und ich weiß nicht, ob jemand sie gegessen hat, denn nicht immer waren Dörfer in der Nähe. Nur einmal, als er eine schwangere Antilope schoß, da befahl er, wir sollten sie aufschlitzen und die Leibesfrucht für ihn kochen.
    – Nein!
    – Wir weigerten uns, die Träger, die er zuerst aufforderte, sie weigerten sich, und dann richtete er seinen Befehl an mich, und ich weigerte mich auch, wie könnte ich so etwas tun, ich würde Geister in die Welt setzen, die mich peinigen würden, solange ich lebte. Er wurde wütend, er schlug mir ins Gesicht.
    – Er hat dich geschlagen!
    – Ich verlor einen meiner Vorderzähne, hier, dieses Loch, das hab ich Bwana Speke zu verdanken.
    – Das hast du zugelassen?
    – Was sollte ich tun? Er war der Herrscher der Karawane. Er beschimpfte uns auch, wir seien verrückt, weil wir an irgendwelche Dummheiten glauben.
    – Und der andere Mzungu?
    – Er hielt sich aus diesem Streit heraus. Seine Worte waren oft gewalttätig, aber er selbst? Ich sah ihn nie töten. Ich weiß nicht, was er über das Jagen von Bwana Speke dachte, aber einige Male lehnte er seinen Wunsch ab, wir sollten halten, weil die Gegend so einladend sei für eine Jagd. Bwana Speke war dann verärgert, doch er verbarg es vor Bwana Burton. Nur wenn wir beide alleine waren, dann schimpfte er, und obwohl ich fast nichts verstand, hörte ich die Wut in seiner Stimme. Je länger wir reisten, desto öfter waren sie sich uneinig. Ich glaube, Bwana Speke fiel es schwer, ein Untergebener zu sein. Die Karawane hatte zwei Kommandanten, so sah er es, zwei Anführer, die zugleich Rivalen waren. Ich hatte mich getäuscht,

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