Der werfe den ersten Stein
und die Kinder gedeckt. Einen Teller vor dem leeren Platz des Vaters an der Schmalseite des Tisches gab es nicht. Sie füllte Stina und Peter Grütze auf, dann Mikael und zuletzt sich selbst. Dann setzte sie sich und begann zu essen.
Mikael kam die Treppe herunter und ging geradewegs zur Schmalseite des Tisches, zog den Stuhl hervor, streckte sich nach seinem Teller und fing an zu essen. Die anderen saßen wie erstarrt da, den Löffel in der Hand.
»Das ist Vaters Platz«, protestierte Peter.
Mikael nahm noch einen Mund voll Grütze. Stina führte langsam ihren Löffel zum Mund, dann Margareta und zum Schluss Peter.
»Mikael«, bat die Mutter, »du kommst doch heute mit in die Kirche?«
»Nein«, sagte Mikael. »Ich geh nicht hin. Niemand geht in die Kirche.«
»Was sagst du da?!«, platzte seine Mutter heraus. »Es ist Sonntag. Kirchtag.«
Mikael schlug mit der Faust auf den Tisch. Peters Teller fiel zu Boden. Stina begann zu weinen. Mikael erhob sich. Sein Körper war breiter denn je.
»Niemand geht in die Kirche.«
Er verließ die Küche, ging in den Vorraum und zog seine Turnschuhe an. Er holte das Fahrrad aus dem Schuppen und fuhr auf der 252 in Richtung Norden. Beim Herrgårdsvägen bog er zum Ort ab und fuhr dann zielbewusst weiter zur Skolgatan. Er bremste scharf vor dem Eingang und legte das Fahrrad in den Schotter, ohne es abzuschließen. Im zweiten Stock klingelte er an einer Tür.
Nach drei Signalen ging er. Bei Benjaminsson war niemand zu Hause.
32
Der endgültige Obduktionsbericht lag in einem verschlossenen Kuvert auf Elinas Schreibtisch. Wie üblich war sie frühzeitig an ihrem Arbeitsplatz. Sie hatte sich um halb acht mit Henrik Svalberg in ihrem Zimmer verabredet. Er kam auf die Minute pünktlich.
»Wie war das Wochenende, Elina?«, fragte er, als er sich ihr gegenüber niedergelassen hatte.
»Ruhig«, sagte sie. »Kleine Fete am Mittsommerabend, dann zu Hause bei meinen Eltern. Lammkoteletts und Kartoffelgratin. Und selber?«
»Kopfschmerzen bis Sonntagmorgen. Das erste Mal in meinem Leben, dass ich länger als vierundzwanzig Stunden einen Kater hatte. Ich hab durstige Kumpels.«
»Dann hast du also alles ausgetrunken, bevor sie kamen?«
»Nicht ganz so. Aber jetzt bin ich ready, able and willing. Was haben wir heute vor?«
»Ich möchte, dass du dir Gedanken über das machst, was im Obduktionsbericht steht, und deine Schlüsse mit dem Obduzenten und mit zwei von unseren Spurensuchern diskutierst. Es besteht die Gefahr, dass wir hinsichtlich der Mordwaffe zu schnell unsere Schlüsse ziehen. Was gibt es noch außer Brecheisen und Kuhfuß? Zerbrich dir darüber den Kopf, Henrik. Außerdem möchte ich, dass du dich mit einem Psychologen über die Mordmethode unterhältst.«
»Wie meinst du das?«, fragte Svalberg.
»Ich meine, dass sie vielleicht etwas über die Psyche des Täters verrät. Haben wir es zum Beispiel mit einem abgestumpften, kaltschnäuzigen Menschen zu tun? Oder einer Person, die von blindem Hass und unkontrollierbarer Wut getrieben wird? Vielleicht führen uns solche Überlegungen näher zu Peter oder Mikael.«
Svalberg nahm den Bericht und legte ihn sich auf die Knie.
»Wir tappen ziemlich im Dunkeln, nicht wahr? Oder täusche ich mich? Wir finden keinen handfesten Anhaltspunkt.«
Elina stand auf und zog ihre dünne Sommerjacke an.
»Diese Ermittlung macht so langsam Fortschritte, weil uns Spuren fehlen, die in eine bestimmte Richtung weisen. Auch gegen die Jungen haben wir nichts in der Hand. Aber wir haben den toten Bertil Adolfsson gefunden und wir wissen, dass er ermordet wurde. Wir können immer nur einen Schritt nach dem anderen machen, Henrik.«
»Und wohin führen dich deine Schritte jetzt?«, fragte er.
»Zu meinem Auto«, antwortete Elina. »Ich will versuchen, einen schwer fassbaren Gedanken zu packen. Wir treffen uns heute Nachmittag.«
Inzwischen kannte sie jede kleine Biegung auf dem Weg nach Surahammar, und sie musste aufpassen, dass sie nicht zu sehr aufs Gaspedal trat.
Elina suchte sich die Stelle, wo sie und Svalberg vor gut sechs Wochen bei ihrer Nachtwache im Auto gesessen hatten. Die Straße vor Mehmedović’ Haus war wie gewohnlich menschenleer und im Haus gab es kein Anzeichen von Leben.
Sie stellte den Motor ab und versuchte, den Körper zu entspannen, um Kraft für ihr Gehirn zu sammeln. Ihr Blick war geradeaus gerichtet, zur Kreuzung vor Mehmedović’ Haus.
Peter Adolfsson, dachte sie. Peter Adolfsson. Antworte, kannst
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