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Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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weiß. Ich möchte dir eine Geschichte erzählen.«
    »Ja, gern!«, sagte sie und drückte meine Hand.
    »Da war mal ein gewisser Rosenhan, der Anfang der Siebziger jahre Forschungen anstellte. Er sagte dem Personal einer Lernklinik, eine Anzahl von Simulanten werde unter Vortäuschung angeblicher Symptome verschiedener Geistes krankheiten versuchen, sich Zugang zu verschaffen.«
    »Um herauszufinden, ob sie die erkennen oder nicht?«
    »Ja. Jeder vom Personal sollte jeden Neuzugang dahin gehend beurteilen, ob es sich um einen Simulanten handelte oder nicht. Über einen Zeitraum von drei Wochen wurden knapp zweihundert neue Patienten eingeliefert, und mindestens einer von fünf wurde von mindestens einem aus dem Personal für einen Simulanten gehalten.«
    »Und? Das beweist doch, dass sie sich damit auskannten, richtig?«
    »Falsch«, sagte ich. »Alle waren echte Patienten. Rosenhan hatte überhaupt keine Simulanten geschickt.«
    »Wow!«
    »Ja. Er wollte darauf hinweisen, dass Psychiater oft nicht den Unterschied zwischen zurechnungsfähig und unzurechnungsfähig beurteilen können. Die Diagnose von Geisteskrankheiten war immer ziemlich unzuverlässig.«
    Sie sah sich um, und dann hörte ich jemanden rennen, das
Patsch, Patsch!
von Trainingsschuhen auf dem Gehweg. Es war ein Mann, ein großer Mann mit einer wilden Mähne und Bartstoppeln. Er trug eine fleckige lederne Bomberjacke und zerrissene Jeans und steuerte direkt auf uns zu. Ich hielt ihn für betrunken, darum zog ich Terry zur Seite, um ihn vorbeizulassen, aber als er näher kam, verriet sein stierer Blick, dass wir ein Problem hatten. Wir drei waren die einzigen Menschen auf der Straße, und er blieb stehen, als er uns eingeholt hatte. Ich hielt Terry fester, und sie legte ihre Hand auf meinen Bauch, als suche sie Rückhalt. Schwer schnaufend fuhr sich der Typ mit einer dreckverschmierten Riesenpranke über das unrasierte Kinn. Die andere Hand kam mit einem mindestens dreißig Zentimeter langen Klappmesser aus seiner Jacke hervor. Erdrückte auf einen Knopf an der Seite und die Klinge schnellte mit einem metallischen Klicken heraus. Ich spürte, wie sich Terrys Hand auf meinem Bauch anspannte und ihre Nägel sich in mein Fleisch gruben.
    »Die Scheißbrieftasche her!«, sagte er und hielt mir das Messer unter die Nase. »Aber dalli, du Arschloch, sonst schneide ich dir die Nase ab.«
    »Okay, okay, bitte tu uns nichts«, sagte ich leise mit abgewandtem Blick. Ich war schon zweimal in L.A. überfallen worden und wusste, wie ich mich verhalten musste. Liefere ihnen keinen Vorwand, dir wehzutun, bedrohe sie nicht, provoziere sie nicht, tu einfach, was sie sagen, und erscheine so demütig wie möglich. Gib ihnen, was sie wollen, und versuche nicht, sie an der Flucht zu hindern. Präge dir möglichst viele Einzelheiten ein, damit du sie hinterher der Polizei erzählen kannst, auch wenn die vermutlich keine Chance hat, den Kerl jemals zu schnappen. Nach dem ersten Überfall trug ich immer eine extra Brieftasche mit ein paar Dollar und abgelaufenen Kreditkarten mit mir herum, aber die steckte zu Hause in meiner anderen Jacke; ich hatte nicht daran gedacht, sie heute Abend mitzunehmen. Und in meiner Gesäßtasche steckten mehrere hundert Dollar samt meiner goldenen American-Express-Karte. Verdammt! Aber egal wie viel Bares drin war, ich würde sie ihm liebend gern geben, wenn er nur mir oder Terry nichts antat. Geld konnte ich immer ersetzen, trotz der Unterhaltszahlungen. Ich zog also die Brieftasche heraus.
    »Dalli, dalli!«, zischte er und hielt mir das Messer an die Nasenspitze. Ich spürte, wie Terrys Hand über meinen Bauch glitt, als sie zur Seite trat und Abstand zwischen uns beidenschuf. Das wollte ich nicht, es wäre besser, wenn er uns als Paar betrachten würde, als Einheit, denn wenn er sie als Individuum sähe, käme er vielleicht noch auf andere Ideen. Ich griff nach ihrer Hand, aber sie wich zurück.
    Der Räuber hielt das Messer noch auf mich gerichtet, aber er sah zu ihr hinüber. »Bleib, wo du bist, du Schlampe!«, sagte er. Ein Wagen kam vorbei, ein roter Kleinlaster; im Vorbeifahren wurde er langsamer, aber dann beschleunigte er, als ob der Fahrer gesehen hätte, was los war, und nichts damit zu tun haben wollte.
    Terry sprach mit dem Mann in einer Sprache, die ich für Spanisch hielt. Sie nahm die Sonnenbrille ab und ihre Augen blitzten. Sie war wütend und das hörte man. Nicht gut, dachte ich. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie ihn zum

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