Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
Vom Netzwerk:
ich die Tür aufgeschlossen und das Bad erreicht hatte, rebellierte mein Magen und ich übergab mich mehrfach. Ich kniete vor der Toilette und ließ meine Arme auf der polierten Holzbrille ruhen, spülte und dann erbrach ich mich noch einmal. Als nichts mehr kam, stand ich auf und schenkte mir ein Glas Wasser ein, um den bitteren Geschmack im Mund loszuwerden. Ich klatschte mir gerade kaltes Wasser ins Gesicht, als es an der Tür klingelte.
    Draußen stand niemand, und mich durchzuckte die Hoffnung, dass Terry vielleicht geflohen war, aber ich verwarf den Gedanken rasch wieder. Nichts auf der Welt würde ihr helfen, ihren Häschern zu entwischen. Ich sah mich auf der Straße um. Sie war menschenleer, nur ein paar Autos parkten da. Ich erkannte die meisten davon als Fahrzeuge meiner Nachbarn, mit einer Aus nahme: ein roter Kleinlaster. Meine Nackenhaaresträubten sich und ich schlug die Tür zu und schloss zweimal ab. Als ich mich umdrehte, wäre ich fast mit ihm zusammengestoßen. Er war hochgewachsen, fast einen Kopf größer als ich, aber das war schwer einzuschätzen, weil er einen großen schwarzen Stetson trug. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand schob er die Hutkrempe nach hinten und grinste. Es war so ein Ach-was-soll’s-Grinsen und er sah aus wie der klassische Redneck: blau-weiß kariertes Hemd, Levi’s, ein dicker Ledergürtel und abgetragene Cowboystiefel, breite Schultern und eine straffe Taille, ein kantiges Gesicht mit Bartstoppeln und stechenden blauen Augen. Rundherum saßen Fältchen, als hätte er sie zu lange unter der Sonne zusammengekniffen. Sein Gesicht glänzte wie von Schweiß, doch dann bemerkte ich, dass es Sonnencreme war. Er hatte große Hände mit kräftigen Fingern und sauber geschnittenen Nägeln. Sie sahen ebenfalls fettig aus.
    Ich wich zurück und knallte gegen die Tür. Eines der Schlösser drückte in meine Schulter und ich zuckte zusammen. »Wer sind Sie?«, schrie ich. »Was haben Sie in meinem Haus zu suchen?«
    Sein Grinsen wurde breiter, verwandelte sich in ein werbewirksames Zahnpastalächeln. Er steckte die Daumen in den Gürtel und ließ die Hände zu beiden Seiten einer Silberschnalle in Form eines fliegenden Adlers herunterhängen. Es war, als wollte er mich dazu provozieren, ihn zu schlagen, aber ich konnte seine Muskeln unter dem Hemd erkennen und wusste, dass es keinen Zweck hatte. Manchmal muss man kämpfen und manchmal muss man seiner Angst nachgeben. Und ich hatte wirklich Schiss.
    »Was wollen Sie?«, fragte ich, aber ich wusste die Antwort bereits. Er fixierte mich belustigt. »Ich weiß nicht, wohin man sie gebracht hat«, beantwortete ich seine unausgesprochene Frage. Ich drückte mich gegen die Holztür, hätte sie am liebsten gezwungen, mich zu verschlingen. »Die trauen mir nicht.«
    »Nun, den Grund kann ich mir denken«, sagte er ruhig. Er bewegte die rechte Hand, schnell genug, um mich zusammenfahren zu lassen, und meine Bauchmuskeln spannten sich in Erwartung eines Schlages unwillkürlich an, aber er griff nur in die Brusttasche seines Arbeitshemds und zog einen Zahnstocher heraus. Er begann ihn zwischen den hinteren Zähnen wackeln zu lassen, während er mich forschend ansah. Sein Schweigen und Lächeln machten mich nervös; mir wäre es lieber gewesen, wenn er gedroht oder Gewalt angewendet hätte. Ich konnte mir mühelos ausmalen, wie er mir lächelnd die Kehle aufriss und gierig mein Blut schlürfte.
    »Sie glauben, dass ich versuchen könnte, euch zu helfen«, flüsterte ich.
    »Und hätten sie damit recht?«, fragte er, während er den linken Arm über meinen Kopf legte und sich an die Tür lehnte. Er hatte einen leichten slawischen Akzent, der nicht zu seinem Redneck-Aufzug passen wollte. Er schob den Kopf vor, so dass sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt war. Er ließ den Zahnstocher los, der zwischen den hinteren Zähnen stecken blieb, und legte die andere Hand an die Tür, so dass ich zwischen seinen Armen eingeschlossen war. Nicht, dass er mich mit Gewalt dort hätte festhalten müssen; ich war so gebannt wie das Kaninchen vor der Schlange. Ich sah zu Boden, unfähig, seinem Blick standzuhalten.
    »Nicht wegsehen«, sagte er leise. Ich hob den Kopf, aber nach wenigen Sekunden ließ ich ihn wieder hängen. Er nahm die rechte Hand von der Tür und packte mein Kinn, nicht fest genug, um mir wehzutun, aber seine Stärke stand außer Zweifel, als er meinen Kopf anhob. Er kaute erneut auf seinem Zahnstocher und hatte denselben

Weitere Kostenlose Bücher