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Der Wettflug der Nationen

Der Wettflug der Nationen

Titel: Der Wettflug der Nationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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neun Tagen, Herr Professor.“
    „Hm ... hm! Neun Tage! In neun Tagen kann schon viel Malheur passiert sein. Wir müssen die Kriminalpolizei benachrichtigen und Haussuchung halten lassen. Vielleicht kann man doch noch einiges sicherstellen ...“
    Sechs starke Arme hatten den immer noch Widerstand leistenden Flugzeugschlosser Schulze 3 mit kräftigem Schwung in den Sicherheitsraum der Werkzeugausgabe gestoßen. Die mit Stahlblech beschlagene Tür fiel krachend hinter ihm ins Schloß. Er hörte, wie der Schlüssel zweimal umgedreht wurde. Es war stockdunkel in dem Raum.
    Eine Welle befühlte der Eingeschlossene seine verschiedenen Körperteile. Es schmerzte ihn hier und dort. Besonders die Ohrfeige, die ihm Meister Wulicke noch zum Abschied verpaßt hatte, war nicht von schlechten Eltern gewesen.
    Verfluchte Geschichte, daß er von dem Meister beim Skizzieren erwischt worden war! Da hatte er sich eine böse Suppe eingebrockt. Wie verheißungsvoll hatte die Sache vor drei Wochen in Straßburg ausgesehen, als der Japaner Kyushu zu ihm kam und ihm so verlockende Vorschläge machte. Einen falschen Paß und prima Zeugnisse hatte ihm der gegeben, hatte ihm gleichzeitig eine Summe in die Hand gedrückt, die ein Vielfaches von dem war, was er als Flugzeugingenieur in Straßburg während eines Jahres verdienen konnte — und jetzt saß er hier eingesperrt in einem finsteren Loch. Wie lange würde es noch dauern, dann kam die Polizei. Man würde ihn verhaften, vor Gericht stellen ...
    Er fuhr zusammen. Das durfte nicht sein. Er tastete sich zur Tür zurück, fand den Lichtschalter und drehte ihn an. Aha! In die Werkzeugausgabe hatten die ihn eingesperrt. Nicht besonders schlau von Meister Wulicke. Was er etwa an Werkzeug für einen Ausbruch benötigte, war hier bequem zu finden.
    Die Werkzeugausgabe lag, wie er sich jetzt erinnerte, in der Südwestecke der großen Halle, nur wenige Meter von der Umfassungsmauer des Werkes entfernt. Die beiden Fenster dort mußten auf den schmalen Streifen zwischen Halle und Mauer hinausgehen ... Fenster? Ja, da waren zwei Fenster, aber sie waren durch Läden aus schwerem Stahlblech verschlossen. Starke stählerne Querbalken an der Innenseite verstärkten noch die Sicherung.
    Der Gefangene sah sich die Querbalken des einen Fensters genau an. Dann ging er zu einem der Werkzeugregale. Mit einer kräftigen Schraubenkluppe kehrte er zum Fenster zurück. Er steckte sie in die Öse eines Vorhängeschlosses. Ein Rucken und Wuchten an der langen Kluppenstange, ein Knirschen und Krachen. Das Schloß war frei. Der Querbalken ließ sich fortnehmen.
    Noch zweimal das gleiche Manöver und die Läden waren frei. Vorsichtig zog er den Flügel etwas zurück. Da lag im Mittagssonnenschein dicht vor ihm die Umfassungsmauer. Soweit er blicken konnte, nirgends ein Mensch zu sehen.
    Jetzt nur schnell 'raus und weg! Aber wie über die drei Meter hohe Mauer kommen? Er musterte die Werkzeugregale. In einem Fach lagen Flaschenzüge von allen Arten und Größen. Ein Seilzug ... ein rettendes Seil, das ihm über die Mauer helfen konnte...
    Es war nicht ganz leicht, einen Halt für das Seil zu finden. Ein Glück, daß die Mauerkrone zum Schutz gegen ungebetene Gäste mit Glasscherben gepflastert war. In dem Zement der Kronenabdeckung steckten neben unzähligen kleinen Scherben auch zur Hälfte abgeschlagene Champagnerflaschen. Ein dutzendmal wurde die Seilschlinge vergeblich geworfen. Dann fing sie sich um eine solche Flasche. Und dann war der Mann, der unter dem Namen Schulze 3 eine kurze Gastrolle in den Eggerth-Werken gegeben hatte, auf der anderen Seite der Mauer und lief querfeldein davon.
    „Na, dann wollen wir den Kerl mal 'rausholen!“ sagte Kriminalwachtmeister Kunze zu Wulicke.
    „Sehen Sie sich aber vor, Herr Wachtmeister, der Mensch ist zu allem fähig“, meinte Wulicke, während er die Tür zum Sicherheitsraum aufschloß. Es war dunkel darin, und nichts rührte sich.
    „Kommen Sie 'raus, Mann!“ rief Kunze und machte seine Pistole schußfertig. Inzwischen hatte Meister Wulicke das Licht angedreht. Ein Blick auf die zerbrochenen Schlösser zeigte, was geschehen. Der Vogel war ausgeflogen. Alle Versuche, ihn wiederzufangen, blieben erfolglos.

5
    Mitte Juli tagte das Kuratorium wieder einmal vollzählig.
    „Uff, Gentlemen!“ stöhnte der dicke Henrik Juve und fuhr sich mit einem rotseidenen Taschentuch über die Stirn. „Ist ja mal wieder eine Riesenhitze in unserem alten New York. Kalkuliere, heute

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