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Der Wettflug der Nationen

Der Wettflug der Nationen

Titel: Der Wettflug der Nationen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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sagte uns, Sie wären erkrankt, könnten nicht selber kommen.“
    „Was, Jefferson, mein Bevollmächtigter? War an meinem Safe? Hören Sie mal, das können wir hier am Telefon nicht erledigen. Ich fahre sofort zu Ihnen.“
    Eine Viertelstunde später saß Sharp in der First Saving Bank. Mit Staunen und wachsender Besorgnis hörte er, was da geschehen war. Um die gleiche Zeit, zu der er mit den Mitgliedern des Kuratoriums die Sitzung abhielt, war ein Herr in der Bank erschienen, der sich durch ein ordnungsgemäßes Dokument und außerdem durch die Kenntnis des Paßwortes und den Besitz des Safeschlüssels einwandfrei als der Bevollmächtigte von John Sharp auswies ...
    „Durch den Besitz des Schlüssels?“ Sharp fuhr in die Tasche und holte ein Bund heraus. „Hier ist mein Safeschlüssel. Ich habe ihn niemals aus der Hand gegeben.“
    Jefferson pfiff leise vor sich hin. „Dann müßte man annehmen, daß noch ein zweiter Schlüssel existiert, denn der Mann ist unten in der Stahlkammer gewesen und hat Ihren Safe aufgeschlossen.“
    John Sharp sprang auf. „Ist mir ganz unbegreiflich ! Was hat der Mensch da zu suchen gehabt? Wertgegenstände im eigentlichen Sinne habe ich in meinem Safe nicht. Bevor wir weiterreden, Jefferson, muß ich erst selber in die Kammer gehen und nachsehen, was genommen wurde.“
    In Begleitung des Direktors fuhr er zu den Kellergewölben hinab. Derselbe Beamte, der vor zwei Stunden den Mann mit der Vollmacht bedient hatte, geleitete ihn in den Saferaum. Gleichzeitig steckten Sharp und der Beamte ihre Schlüssel in die Stahltür. Das Schloß sprang auf, Sharp griff nach der Blechkassette, die in dem Safe stand, und ging mit ihr zu einem Tischchen. „Bleiben Sie nur hier“, sagte er zu dem Bankbeamten, der sich diskret zurückziehen wollte. „Ich habe keine Geheimnisse hier drin.“
    In der Kassette lagen etwa ein halbes Dutzend Mappen. John Sharp nahm eine nach der anderen heraus. Sie enthielten, wie die Aufschriften auf den Deckeln zeigten, lediglich Privatpapiere.
    Sorgfältig durchblätterte er Mappe um Mappe und konnte bald feststellen, daß kein Schriftstück fehlte. Kopfschüttelnd band er die Mappen wieder zu. Die Kassette war leer. Auf ihrem Boden lagen nur noch ein paar Kleinigkeiten. Ein billiges, silbernes Medaillon, ein Erbstück seiner Mutter, das er hier verwahrte, ein paar verblaßte Fotografien und ein kleiner stählerner Schlüssel ... Er erinnerte sich jetzt, das war der dritte Schlüssel zu dem Tresor im Reading-Haus, in dem die Konstruktionspläne lagerten.
    Kopfschüttelnd nahm er die einzelnen Gegenstände in die Hand. Hatte der mysteriöse Unbekannte hier in seinem Privatsafe Kostbarkeiten vermutet und war enttäuscht wieder abgezogen, als er sie nicht fand? Oder was sonst war der Grund für dieses unerklärliche Unternehmen? ...
    Langsam packte er die verschiedenen Gegenstände wieder in die Kassette und stellte sie in den Safe zurück Der Bankbeamte sah ihn fragend an. Sharp zuckte die Schultern. „Es fehlt absolut nichts. Ich habe keine Erklärung für das Ganze. Sie haben doch mit dem Manne gesprochen. Was war das für ein Mensch? Ich meine, war irgend etwas Auffallendes an ihm, was uns helfen könnte, ihn zu fassen?“
    Der Beamte schüttelte den Kopf. „Nicht, daß ich wüßte, Mr. Sharp. Der Herr sah aus wie hundert andere auch, denen
    man auf dem Broadway oder im Central-Park begegnet ...“ „Damit kommen wir nicht weiter“, unterbrach ihn Sharp ungeduldig, „ich meine, hatte er irgend etwas Besonderes an seiner Kleidung oder in seiner Sprache?“
    „Kleidung ... nein, Sir, das war die richtige amerikanische Kleidung ... Aber seine Sprache ... ein geborener Amerikaner war's bestimmt nicht Er sprach mit einem fremden Akzent. Ich kenne hier ein paar russische Emigranten. So ähnlich wie die hat der Herr auch gesprochen.“
    Mißmutig brach John Sharp die Unterhaltung ab. Er verließ das Bankgebäude, nachdem er den strikten Auftrag gegeben hatte, jeden Menschen, der noch einmal mit einer Vollmacht zu seinem Safe wollte, sofort verhaften zu lassen. Doch die Gelegenheit dazu sollte sich nicht bieten. Es blieb bei diesem einmaligen Vorkommnis.
    In einer kleinen Werkstatt oben im nördlichen New York am Harlem River sahen Tredjakoff und Bunnin Perrow interessiert bei seiner Arbeit zu. Er betätigte sich fachkundig mit Schleifscheiben und Mikrometermaßen, bis er Tredjakoff einen blinkenden Stahlschlüssel in die Hand legen konnte, den dritten Schlüssel

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