Der Wettflug der Nationen
Schnelligkeit um mehr als das Doppelte überlegen ist. Der Gedanke wäre ja zu absurd, um ernstlich gedacht zu werden.“
„Aber die Ortsmeldung, Mr. Sharp, die tatsächlich gefunkt wurde. Von zwei Stellen gefunkt wurde ... nach der man die Unfallstelle gefunden hat... “
Sharp machte eine Handbewegung, als ob er etwas wegwischen wolle.
„Zufall, Bourns! Ein glücklicher Zufall im Unglück!“
Es war nicht leicht, die widerstreitenden Meinungen unter einen Hut zu bringen. Man einigte sich schließlich auf einen Kompromiß. Der Reading-Sender gab zwar den Ort der Katastrophe nach den Meldungen der Romea und des Stratosphärenschiffes bekannt, aber er teilte gleichzeitig mit, daß hier in den Ortswerten ein Fehler unterlaufen sei. —
Die Welt nahm diese Feststellung gutgläubig auf. Nur an zwei Stellen machte man sich besondere Gedanken darüber. Einmal in San Pedro, wo Mr. Stonefield vergnügt auf den Tisch schlug, als er die Meldung aus Radio-City hörte.
>All right, Jimmy“, sagte er zu sich selbst, >also doch richtig gerechnet! Stimmt doch, was ich damals für Blödsinn hielt! Die Satansmaschine kann mehr als zweitausend Stundenkilometer schaffen. Es wird noch Überraschungen in diesem Rennen geben.< —
Fünf Minuten später ging ein Telegramm aus San Pedro an Harrow & Bradley in New York ab. Mister Stonefield wettete 50 Dollar auf eine Siegerzeit von 30 Stunden. Er war nicht der einzige, der es tat. Eine beträchtliche Anzahl ähnlicher Wetten konnten die Herren Harrow & Bradley an diesem Tage in ihre Bücher eintragen. —
Die andere Stelle, an der man die Reading-Meldung mit wissenden Augen las, war in Walkenfeld.
„Eine gute Leistung von >St 1<„, sagte hier Professor Eggerth zu seinem Oberingenieur. „Sie muß auf 2.500 Stundenkilometer gekommen sein.“
„Eine vorzügliche Leistung“, stimmte ihm Vollmar bei. „Ich fürchte nur, Herr Professor, daß durch den Zwischenfall vorzeitig zuviel über >St 1< bekannt wird.“
„Sie können vielleicht recht haben. Aber in dem Fall ging es ja nicht anders. Es war Menschenpflicht, dem Abgestürzten mit höchster Maschinenkraft zu Hilfe zu eilen.“
„Gewiß, Herr Professor! Das schon! Aber es war nicht nötig, danach mit größtmöglicher Geschwindigkeit zur Gioconda zu fliegen. Dadurch ist die Geschichte eigentlich erst publik geworden.“
Professor Eggerth krauste die Stirn. „Tja, Herr Vollmar! Ich muß Ihnen recht geben. Unseren Freund Hansen scheint der Hafer zu stechen. Wir wollen versuchen, Funkverbindung zu bekommen und ihn ein wenig zu bremsen.“ —
In der > Segel an weisung<, die Professor Eggerth seinen Piloten für das Rennen mitgegeben hatte, stand unter vielem anderen auch der Passus: >Der Bordempfänger ist alle dreißig Minuten New Yorker Zeit auf die Kurzwelle des Werksenders einzustellen.<
Georg Berkoff hatte gerade ein paar interessante Neuigkeiten vom englischen und französischen Kriegsschauplatz aus dem Äther gefischt, als ihn Hansen anstieß.
„He, was ist, Wolf?“
„Sechs Uhr dreißig, Georg! Werkwelle nehmen! Vielleicht haben die in Walkenfeld was für uns.“
Berkoff stellte den Empfänger auf die verabredete Welle und schaltete die letzten Verstärkerstufen ein. Er drückte auf Relaisknöpfe, durch die außenbords weitere Antennendrähte ausgelassen wurden, schaltete, stimmte ab, horchte angespannt und schrieb.
Es war ein langer Text, der mehrere Seiten des Notizblockes füllte. Einzeln, wie sie fertig wurden, schob er sie Hansen hin.
Der las sie und zog dazu ein Gesicht, wie wenn er einen Schluck Essig getrunken hätte.
„Genug, Georg! Dreimal genug! Beruhige unseren Alten.“
Zwei Minuten später hielt Professor Eggerth einen Funkspruch in der Hand:
„All right, Professor! Werden vorsichtiger sein. Hansen, Berkoff.“
Nachts ein Uhr unterm Tropenhimmel war dieser Funkspruch über dem Pazifik gefunkt worden. In der Mittagsstunde eines stürmischen, regnerischen Septembertages traf er in Walkenfeld ein — und hatte für den Weg um die halbe Erde doch kaum eine fünfzehntel Sekunde gebraucht.
Professor Eggerth las den Text und gab ihn mit einem leichten Lächeln seinem Oberingenieur.
„Jugend hat keine Tugend, mein lieber Vollmar. Ich sagte es Ihnen schon. Die Jungen sticht der Hafer. Trotz allem, ich muß anerkennen, daß sie sich an die Segel anweisung halten. Das Bewußtsein, daß ich sie jede Stunde anfunken kann, ist mir viel wert. Haben Sie vielleicht die letzten Meldungen von >St 2< und
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