Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
Vom Netzwerk:
heuerte eine kleine, sechsköpfige Mannschaft erfahrener Seeleute an und stellte ihnen gute Bezahlung in Aussicht. Weil er eine Abneigung gegen Wissenschaftler hatte, die seiner Meinung nach an Bord immer eine Sonderbehandlung beanspruchten, musste er sich die notwendigen wissenschaftlichen Kenntnisse selbst aneignen. Er tat dies, indem er sich mehrere Wochen lang bei Georg von Neumayer, dem Leiter der Deutschen Seewarte in Hamburg, in Fragen des Erdmagnetismus unterweisen ließ.

    Abb 18
    Roald Amundsen hatte in den Jahren 1905/06 mit seinem Schiff, der Gjøa , die Nordwestpassage erkundet und bei seiner Überwinterung im Norden Kanadas die Bekanntschaft eingeborener Inuit gemacht (nachträglich kolorierte Aufnahme).
    Abb 19
    Von den Inuit erlernte Amundsen, wie man in grimmiger Kälte überlebt: mittels Jagd, der Anfertigung von Kleidung aus Tierfellen und dem Einsatz von Schlittenhunden.
    Abb 20
    Bei einem Besuch einiger Eingeborener an Bord der Gjøa zeigte Amundsen, dass er als europäischer Weißer keinerlei Berührungsängste vor diesen angeblich so primitven Menschen hatte.
    Abb 8
    »Alles für Norwegen«: Nach der Bewältigung der Nordwestpassage lässt sich ein selbstbewusster Amundsen stolz in seiner mit norwegischen Flaggen drapierten Kajüte ablichten.
    Während der Fahrt war Amundsen gezwungen, im arktischen Archipel nördlich des kanadischen Festlands zu überwintern. Dabei machte er die Bekanntschaft eingeborener Inuit. Ohne Scheu ging er auf sie zu und war bereit, von diesen fremdartig wirkenden Menschen zu lernen, obwohl sie für einen damaligen Europäer noch am Rande der Steinzeit lebten. Er studierte vor allem ihre Überlebensstrategien in der grimmigen Kälte der Polarregion – er lernte Iglus zu bauen und Schlittenkufen zu vereisen, schulte sich in der Anfertigung von wetterfester Kleidung aus Tierfellen und im Gebrauch von Schlittenhunden. Es war gewissermaßen der krönende Abschluss von Amundsens Lehrjahren in Schnee und Eis. Er
war in den Genuss einer an keiner Universität gelehrten Bildung gekommen, die sich für sein weiteres Leben als äußerst bedeutsam erweisen sollte. Das, wozu er vorgeblich ausgezogen war, nämlich die exakte Vermessung des magnetischen Nordpols, gab er freilich rasch auf, als sich die ersten Schwierigkeiten einstellten. Immerhin gelang es ihm nachzuweisen, dass der Pol tatsächlich nicht festliegt, sondern nach Norden wandert. Nachdem die Gjøa fast zwei Jahre vor King William Island geankert hatte, machte sie sich weiter auf den Weg nach Westen und sichtete zwei Wochen später einen amerikanischen Walfänger – die Nordwestpassage war bezwungen.
    Als Amundsen im November 1906 schließlich wieder in Norwegen eintraf, hatte das Land, das seit Anfang des 19. Jahrhunderts in Personalunion von der schwedischen Krone regiert worden war, seit einem Jahr die Unabhängigkeit errungen – und auf einen Helden wie ihn nur gewartet. In der Hauptstadt Kristiania empfingen ihn jubelnde Massen, und sein Vorbild Fridtjof Nansen verkündete im Überschwang der patriotischen Gefühle: »Im Namen des ganzen Landes darf ich Ihnen für das, was Sie für Norwegen vollbracht haben, Dank aussprechen. Wir hatten Sie so sehr nötig, und Sie kamen genau zum rechten Zeitpunkt und verkündeten aller Welt, wozu Norweger imstande sind.« Wozu Norweger noch fähig waren, sollte die Welt bald erfahren.
    Der Wettlauf zum Südpol blieb zunächst eine rein britische Angelegenheit. Mitten hinein in die Selbstfindungsprozesse, die Robert Scott schließlich zu dem Ergebnis brachten, den letzten »Rest« auf dem Weg zum Pol auch noch erledigen zu wollen, platzte sein einstiger Weggefährte Ernest Shackleton im Februar 1907 mit seiner Ankündigung, den Südpol mit einer eigenen Expedition in Angriff zu nehmen. Scott war entsetzt. Verdankte Shackleton ihm nicht alles? Wie konnte er ihm jetzt derart in den Rücken fallen? Doch Shackleton war nicht bereit, klein beizugeben. Wieder einmal musste der ehemals Dritte im Bunde, Edward Wilson, vermitteln. Er erreichte, dass sich Shackleton schriftlich verpflichtete, seine Reise in den Süden nicht von der Basis im McMurdo-Sund zu starten. Dennoch verfolgte Scott den Aufbruch seines Rivalen Anfang August 1907 mit gemischten Gefühlen: Er konnte nur abwarten, welchen Anteil am Ruhm Shackleton ihm übrig lassen würde.

    Abb 35
    Robert Falcon Scott (Mitte) und die Liebe seines Lebens: Seit 1908 war der britische Polarheld mit Kathleen Bruce verheiratet, die ihm

Weitere Kostenlose Bücher