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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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Zahl an Überwinterungsplätzen. Nach einigem Zögern entschied er sich für einen Punkt, der zu Zeiten der Discovery wegen der dort nistenden Skua-Möwen
als »The Skuary« bekannt war und der jetzt »zu Ehren unseres hervorragenden stellvertretenden Kommandanten« in »Kap Evans« umbenannt wurde. Der Platz bot den Vorteil, dass er in der Nähe der offenen See lag und so gegebenenfalls leicht von Versorgungsschiffen erreicht werden konnte. Allerdings befand er sich gut 25 Kilometer nördlich der alten Discovery -Hütte am Hut Point, von wo aus man auf direktem Weg zur Eisbarriere gelangte. Kap Evans war von Hut Point durch eine Bucht getrennt, die von einer Gletscherzunge des Mount Erebus in zwei Hälften geteilt wurde. Der Weg über Land, das wusste Scott, würde wegen des felsigen und vereisten Terrains am Fuß des Vulkankegels kaum möglich sein. So würde nur der Weg über das Meereis der Bucht bleiben, von dem Scott aufgrund seiner Erfahrungen aus der Zeit der Discovery jedoch annahm, dass es lange genug halten würde, um als Verbindungsweg nach Hut Point und damit zur Schelfeisplatte dienen zu können.
    Abb 93
    Kap Evans: Skuas, Raubmöwen, fallen über einen toten Pinguin her. Die Ponys im Hintergrund hatten sich rasch akklimatisiert.
    Abb 92
    Bizarre Szenerie: Die am Kap Evans im Eis »festgekrallte« Terra Nova vor dem Löschen der Ladung.
    Zunächst wurde das Schiff mit Eisankern an der Kante des Meereises festgemacht, und die Männer begannen sofort damit, die Ladung der Terra Nova zu löschen. Bald standen zwei der drei Motorschlitten auf dem Eis,
wenig später auch die Ponys und die Hunde. Man hatte erwartet, dass die Pferde von den widrigen Umständen der Reise geschwächt sein würden, doch sie tollten und tobten vergnügt herum. Auch die Hunde waren kaum zu bändigen. »Schuld daran waren die maßlos dummen Pinguine, die in Scharen auf unser Eisfeld losschossen«, notierte Scott in sein Tagebuch. »Mit dem Kopf in der Luft hin und her stoßend, watschelten sie heran, voll verzehrender Neugier und stumpfsinniger Gleichgültigkeit gegen die heulenden Hunde, die an ihren Leinen zerrten und zu ihnen hinstrebten. Hallo!, schienen die Pinguine zu sagen, das ist toll – was wollt ihr lächerlichen Geschöpfe bei uns? Lasst euch mal anschaun! Dann kamen sie näher, und wenn die Hunde, so weit die Leinen nachgaben, auf sie zusprangen, sträubten sie das Gefieder, aber nicht aus Furcht, sondern nur aus Ärger, und in einer Haltung, als ob sie einem unmanierlichen Fremden den Standpunkt klarmachen wollten, schienen sie zu schreien: Oho! Ihr seid ja eine saubere Sorte! Da seid ihr aber an die Unrechten gekommen! Wir lassen uns nicht verblüffen! Noch ein paar Schritte näher – ein Sprung – ein Aufschrei – und ein gräulicher roter Fleck auf dem Schnee ist das Ende.«
    Abb 94
    Das Entladen der Terra Nova mittels der von Expeditionsmitgliedern gezogenen Schlitten verlief auf zunehmend brüchigem Eis mitunter überhastet und chaotisch.
    Gut drei Kilometer mussten Ausrüstungsgegenstände und Vorräte
über das Eis bis zum felsigen Strand von Kap Evans transportiert werden, an dem die Winterhütte aufgebaut werden sollte. Pausenlos waren Motor-, Pferde- und Hundeschlitten im Einsatz. Dennoch verlief der Transport mitunter chaotisch, da die Motorschlitten weniger Last befördern konnten als erhofft und sich die Ponys mal störrisch zeigten, ein anderes Mal mitsamt den Gespannen durchgingen. Zudem begann das Eis bald immer brüchiger zu werden und schließlich an einigen Stellen sogar zu tauen. »Wir haben uns diesem morsch werdenden Eis vielleicht doch etwas unvorsichtig mit unserer ganzen Habe anvertraut«, schrieb Scott am 7. Januar in sein Tagebuch und gab die Anweisung, schneller zu arbeiten.
    Abb 83
    Der dritte Motorschlitten, der später in den eisigen Fluten des McMurdo-Sunds versinken sollte, wird von der Terra Nova gehievt (8. Januar 1911).
    Doch schon am nächsten Tag passierte das Unglück: Als die Mannschaft den dritten Motorschlitten aus dem Schiff gehievt hatte, gab das Eis unter seiner Last nach. Die Männer versuchten, das Gefährt mit einem Tau an der Oberfläche zu halten, doch einer nach dem anderen musste loslassen, wollte er nicht selbst ins eisige Wasser gezogen werden. Der Motorschlitten kippte nach hinten weg und verschwand in den Tiefen des McMurdo-Sunds. Eines der Geräte, auf die Scott so viele Hoffnungen
gesetzt hatte, war damit unwiederbringlich verloren, und mit ihm versanken

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