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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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hält.«
    Persönlich war er der Meinung, dass der Norweger an der Küste von Graham Land oder im Bereich des Weddellmeers an Land gehen werde, doch wie er selbst zugeben musste, waren das nur Spekulationen. Für sich selbst traf er jetzt eine grundlegende Entscheidung: Er würde seine Expedition so weiterführen, als existierte Amundsen nicht. Diese Haltung war einerseits verständlich, war es doch nahezu unmöglich, aus all den zahlreichen widersprüchlichen Nachrichten über die norwegische Expedition ein einigermaßen verlässliches Bild zu bekommen. Scott verfiel damit jedoch auch in eine Art Duldungsstarre – und dass er die Herausforderung nur passiv hinnahm, sollte ihm letztendlich zum Verhängnis werden.
    Scott konnte nicht verhindern, dass seine Mannschaft über Amundsen diskutierte. Es war immerhin in seinem Sinne, dass sich die Männer hauptsächlich über das »unfaire« Vorgehen des »hinterhältigen« Norwegers aufregten, ihn aber kaum als eine echte Bedrohung des eigenen Unternehmens ansahen. Nur Rittmeister Lawrence Oates, ein Kavallerieoffizier aus der britischen Oberschicht, der in Eton erzogen wurde, sich im Burenkrieg militärische Meriten erworben hatte und aus Abenteuerlust als zahlender Freiwilliger zu Scotts Antarktisunternehmen gestoßen war, sah die Sache anders. An seine Mutter schrieb er: »Was hältst Du von Amundsens Expedition? Wenn er als Erster am Pol anlangt, werden wir mit eingekniffenem Schwanz nach Hause kommen, das ist sicher. Ich
glaube, wir haben doch zu viel Theater gemacht, die ganze Fotografiererei, das Jubelgeschrei und die Fahrt durch das Flottenspalier waren Blödsinn. Dadurch machen wir uns, wenn wir scheitern, nur noch lächerlicher. Es heißt, Amundsen sei hinterhältig vorgegangen; ich sehe keine Hinterhältigkeit darin, wenn einer den Mund hält. Ich selbst halte die Norweger für sehr zähe Burschen. … Sie sind auch gute Skiläufer, während wir nur Geher sind. Wenn Scott irgendeine Dummheit begeht, z. B. die Ponys nicht ausreichend füttert, wird er todsicher geschlagen.«
    Abb 81
    »Es scheint eine schreckliche Tortur für diese Kreaturen…«: Unter der drangvollen Enge an Bord der Terra Nova litten die 33 Schlittenhunde und 19 Ponys, die beim Marsch zum Südpol die Hauptlast ziehen sollten, am meisten.

    Die Reise zur Antarktis heute
    Für die heutigen Polfahrer ist ein Besuch der Antarktis nicht mit einer monatelangen Schifffahrt verbunden – sie reisen bequem per Flugzeug. Die Teams fliegen zunächst ins südafrikanische Kapstadt, von wo aus es mit einer russischen Transportmaschine weiter zum weißen Kontinent gehen soll. Aus dem winterlichen Deutschland landen die Wettläufer bei 30 Grad und Sonnenschein am Kap der guten Hoffnung. Für vier Tage heißt es: letzte Vorbereitungen treffen. Gemeinsam unternehmen die Rennteams noch einen Ausflug auf den Tafelberg: Dort steht eine Wegmarke: »6245 km zum Südpol« – kaum zu glauben, dass es fast 10 000 Kilometer von Deutschland entfernt immer noch so weit bis zum Ziel der Reise sein soll!
    Einer fehlt allerdings noch: Markus Lanz, der Teamleiter der deutschen Mannschaft. Er dreht noch bis zur letzten Minute in Hamburg. Nun vereitelt ausgerechnet das in Deutschland ausgebrochene Schneechaos die Reise nach Kapstadt. Dramatik, bevor das Rennen überhaupt begonnen hat: In Amsterdam gelingt es ihm schließlich, einen Platz in der letztmöglichen Maschine nach Kapstadt zu bekommen.
    Abb 48
    Warten auf Lanz: Joey Kelly, Claudia Beitsch und Dennis Lehnert in Kapstadt.

    Abb 49
    Er traf erst in letzter Minute in Kapstadt ein: Der deutsche Teamleiter Markus Lanz.
    Hier begibt sich der Rest der Mannschaft derweil schon einmal zum Flughafen. Beim Blick auf die Abflugtafel läuft allen unwillkürlich ein Schauer über den Rücken: Dort steht: »Antarctica«. Ein Bus bringt die sieben Wettläufer und die Filmcrew über das Rollfeld zur hell beleuchteten russischen Iljuschin IL-76TD, einem Monstrum von vierstrahligem Düsenflugzeug, das sich unter anderem durch seine einzigartige Fähigkeit auszeichnet, auch in unwegsamem Gelände zu landen. Das Innere der Maschine erinnert an ein Flugzeugmuseum – Fenster gibt es keine, dafür sind am Boden des Frachtraums Sitzbänke verankert, die mutmaßlich zum Interieur eines vor zig Jahren außer Betrieb genommenen Linienflugzeug der Aeroflot gehören. Flaggen der Länder mit Stationen in der Antarktis verbergen die unverkleideten Stahlwände. Über den Köpfen verlaufen frei

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