Der Wettlauf zum Suedpol
sichtbar die Stahlseile, mit denen das Seitenruder gesteuert wird. Auf einem Tisch stehen Thermoskannen mit Kaffee und Keksdosen bereit – Self-Service Catering während des Flugs. Hinter den Sitzen befinden sich zwei mit Stahlketten befestigte Dixi-Toiletten, dahinter ist ein riesiges Gepäcknetz befestigt, in dem Taschen und Koffer ziemlich chaotisch um eine Pistenraupe herum aufgestapelt sind.
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Abb 79
Antarktis in Sicht: Packeis kündigt den eisigen Kontinent an.
Unter den Wissenschaftlern auf dem Weg in die deutsche, norwegische, indische und natürlich russische Station geben die Rennteams und die Filmcrew mit Kamera im Anschlag ein ungewöhnliches Bild ab. Ein Platz jedoch ist noch immer leer: der von Markus Lanz. Alle fragen sich: Wird er es rechtzeitig schaffen? Wenige Minuten später jedoch erleichtertes Aufatmen: Durch verschlungene Flughafenflure und mit einem Spezialshuttle wird Markus Lanz direkt von seinem Flieger zur Iljuschin befördert, und um 0:11 Uhr Ortszeit schließt sich hinter ihm die Tür. Die vier Triebwerke werden nacheinander gestartet – und die Passagiere im Frachtraum wissen nun, warum zuvor Ohrstöpsel an sie verteilt worden waren.
Allen ist jetzt schon allen klar: Dies ist ein Trip, den sie nie vergessen werden. Auf Reiseflughöhe dürfen alle Passagiere nacheinander einen Blick in das Cockpit werfen, dort sitzen an den ebenfalls museumsreifen Instrumenten Pilot, Kopilot und zwei Funker. Highlight ist die komplett verglaste Nase des Flugzeugs, von wo aus man direkt unter sich von einer dichten Wolkendecke verborgen die ersten Eisberge vermuten kann. Nach etwa fünf Stunden Flug bei ohrenbetäubender Lautstärke erscheint per Powerpoint-Präsentation auf einer mobilen Leinwand die Ankündigung: »In Kürze landen wir in der Antarktis, bitte wechseln Sie in Ihre Kleidung« – und ein Tohuwabohu bricht aus. Die Passagiere sind in Kapstadt in Sommerkleidung in das Flugzeug gestiegen und suchen nun die Taschen mit ihren Wintersachen im Gepäcknetz.
Abb 51
Die russische Iljuschin IL-76TD wird in Novo entladen.
Abb 52
Das deutsche Team nach der Ankunft in der Antarktis.
Haben endlich alle ihre Siebensachen endlich zusammen, so besteht die Herausforderung nun darin, auf dem Flugzeugsitz eine komplette Montur für minus 10 Grad anzuziehen – gar nicht so einfach!
Dann springt eine vorn an der Flugzeugnase befestigte Live-Cam an. Alle nehmen ihre Plätze ein, und eine weiße Landschaft nähert sich unaufhaltsam, bis das Flugzeug nicht ganz so unsanft wie befürchtet auf der Landepiste aus blauem Eis aufsetzt und sogleich der Umkehrschub einsetzt. Die Tür geht auf, strahlender Sonnenschein strömt in den dunklen Flugzeugrumpf, zusammen mit klarer, kalter Winterluft und dick vermummten Menschen, die die Neuankömmlinge in der Antarktis willkommen heißen.
Die Terra Nova war bis zum Bersten vollgestopft, jeder freie Winkel mit Ausrüstungsgegenständen und Verpflegung, mit Brennstoff und Zugtieren ausgefüllt. Auf dem Mannschaftsdeck mussten sich die Matrosen ihre Hängematten teilen – wenn der eine schlief, hatte der andere Wachdienst. In der Offiziersmesse quetschten sich 24 Offiziere an den Kajü-tentisch – es herrschte ein heilloses Gedränge. Am schlimmsten erging es den 33 Schlittenhunden, die Scott auf Anraten Nansens doch noch geordert hatte: Sie waren auf dem offenen Deck an Pfosten und Riegeln angekettet worden. »Ihre Lage ist nicht eben beneidenswert«, notierte Scott in sein Tagebuch. »Die Wellen brechen sich unaufhörlich an der Wetterseite des Schiffes, und das Spritzwasser regnet aufs Mitteldeck in dichtesten Wolken herunter. Die Schwänze diesem Regen zugekehrt, sitzen die Hunde trübselig umher, ihre Decken triefen, und ab und zu lässt einer ein wehmütiges Winseln hören. Die Gruppe bietet ein Bild tiefster Niedergeschlagenheit; ein Hundeleben im Wortsinn.« Nur wenig besser hatten es die 15 Ponys, die im Vorschiff untergebracht waren: »Durch ein Loch im Schott sieht man die Reihe der Pferdeköpfe mit traurigen, geduldigen Augen emporschaukeln. … Es scheint eine schreckliche Tortur für diese Kreaturen, hier Tag für Tag zusammenzustehen.« Unter den Tieren litten jedoch wiederum die Matrosen, da einige der Pferde direkt über dem Esstisch der Mannschaften standen und von oben häufiger etwas heruntertropfte, was die Männer beschönigend »Senf« nannten.
Das Glück, das Scott seinem Konkurrenten Amundsen vielleicht wirklich aufrichtig
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