Der Widersacher
gegessen, und ich bin zu lang geblieben. Mads, ich bin …«
»Klasse, noch besser! Du hast echt jemand kennengelernt? Wer ist sie?«
»Einfach nur eine Frau – eine Psychologin, die mit Kriminellen arbeitet.«
»Cool. Ist sie hübsch?«
Er merkte, dass ihre Facebook-Seite auf dem Bildschirm zu sehen war.
»Wir verstehen uns einfach ganz gut. Hast du deine Hausaufgaben gemacht?«
»Nein, dazu ging’s mir nicht gut genug.«
»Hast du nicht gesagt, es ginge dir besser?«
»Ich hatte einen Rückfall.«
»Aber morgen gehst du wieder in die Schule. Du hast schon zu viel versäumt.«
»Ich
weiß!
«
Er wollte nicht zu streiten anfangen.
»Wenn du sowieso keine Hausaufgaben machst, könnte ich dann vielleicht kurz deinen Laptop haben? Ich müsste mir eine DVD ansehen.«
»Klar.«
Sie streckte die Hand aus und klickte die Facebook-Seite weg. Er ging ums Bett herum, wo mehr Platz war. Er zog die Disc der Überwachungskamera über der Rezeption des Chateau Marmont aus der Tasche und gab sie ihr. Er war nicht sicher, was er machen musste, um sie abzuspielen.
Maddie schob die DVD in einen Schlitz an der Seite des Laptops und gab die erforderlichen Befehle ein. In der rechten unteren Ecke des Bildschirms war die Zeit eingeblendet, und Bosch bat sie, die Aufnahme bis zu der Stelle vorzuspulen, wo George Irving an der Rezeption eincheckte. Das Bild war scharf, aber weil Irving von oben aufgenommen war, war sein Gesicht nicht ganz zu sehen. Bosch hatte sich die Stelle, als Irving eingecheckt hatte, erst ein einziges Mal angesehen und wollte sie noch einmal sehen.
»Und was ist das?«, fragte Maddie.
Bosch deutete auf den Bildschirm. »Das ist die Rezeption des Chateau Marmont. Dort hat sich dieser Mann gestern Abend ein Zimmer genommen. Anschließend fährt er mit dem Lift in den siebten Stock hoch, und heute Morgen liegt er tot auf dem Gehsteig. Ich soll herausfinden, ob er gesprungen ist oder runtergeschmissen wurde.«
Sie hielt die DVD an.
»Ob er runter
gestoßen
wurde, Dad. Also wirklich. So, wie du manchmal redest, könnte man meinen, du wärst der letzte Trottel. Und so willst du doch hoffentlich nicht rüberkommen, oder?«
»Natürlich nicht. Aber wenn du schon so schlau bist: Wie nennt man diese Wörter, die vorwärts und rückwärts gleich geschrieben werden?«
»Wie meinst du das?«
»Na, du weißt schon, wie Otto zum Beispiel. Oder Hannah.«
»Das sind Palindrome. Heißt deine Freundin so?«
»Sie ist nicht meine Freundin. Ich habe nur ein Putensandwich mit ihr gegessen.«
»Ja klar, und währenddessen ist deine kranke Tochter zu Hause halb verhungert.«
»Jetzt hör aber mal. Du hast dir ein Erdnussbuttersandwich mit Marmelade gemacht, das beste Sandwich überhaupt.«
Er knuffte sie mit dem Ellbogen.
»Ich hoffe nur, dass es das Essen mit Otto auch wert war.«
Er musste lachen und zog sie in eine Umarmung.
»Mach dir wegen Otto mal keine Gedanken. Du wirst immer mein Schatz bleiben.«
»Der Name Hannah gefällt mir jedenfalls schon mal«, sagte Madeline.
»Gut. Aber könnten wir jetzt vielleicht die DVD anschauen?«
Sie drückte auf »abspielen«, und beide blickten schweigend auf den Bildschirm, wo Irving an die Rezeption kam und bei dem Nachtportier, der Alberto Galvin hieß, eincheckte. Währenddessen tauchte hinter Irving ein zweiter Gast auf, der wartete, bis er an die Reihe kam.
Irving trug die Sachen, die Bosch im Schrank der Suite hatte hängen sehen. Er schob eine Kreditkarte über den Schalter, und Galvin druckte den Vertrag aus. Irving unterschrieb ihn rasch und schob ihn im Austausch gegen den Zimmerschlüssel zurück. Dann verließ er den Bildausschnitt der Kamera in Richtung Aufzüge, und Galvin durchlief mit dem nächsten Gast die ganze Prozedur noch einmal.
Aus dem Video ging hervor, dass Irving ohne Gepäck ins Hotel gekommen war.
»Er ist gesprungen.«
Bosch schaute vom Bildschirm zu seiner Tochter.
»Wie kommst du denn darauf?«
Sie spulte die Aufnahme zu der Stelle zurück, wo der Portier Irving den Vertrag über den Schalter zuschob. Dann drückte sie auf »abspielen« und sagte: »Sieh dir das mal an. Er wirft nicht mal einen Blick drauf. Er unterschreibt einfach, wo ihm der Typ sagt, dass er unterschreiben soll.«
»Na und?«
»Normalerweise vergewissert man sich doch, dass man nicht beschissen wird. Du weißt schon, man sieht nach, was sie einem berechnen, aber das interessiert ihn alles nicht, weil er weiß, dass er die Rechnung nie bezahlen
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