Der Widersacher
überlegt, das mit dem Kaffee«, sagte Bosch.
»Harry«, stotterte Chu. »Ich wollte gerade …«
»Emily von unserem Fall erzählen.«
Bosch sah Gomez-Gonzmart direkt an.
»So ist es doch, Emily, oder? Oder darf ich Sie GoGo nennen?«
»Hör zu, Harry, es ist nicht, wie du denkst«, sagte Chu.
»Nein? Nicht? Für mich sieht es nämlich so aus, als würdest du gerade unseren Fall vor der
Times
ausbreiten.«
Er schnappte sich den Notizblock.
»Hey!«, protestierte Gomez-Gonzmart. »Das ist meiner.«
Bosch las die Notizen auf der ersten Seite. Sie waren in einer Art Kürzelsprache verfasst, aber er sah mehrere »McQ«s und den Vermerk »Uhrenübereinstimmung = entscheidend«. Das genügte, um seinen Verdacht zu bestätigen. Er gab ihr den Block zurück.
»Ich gehe«, sagte sie und riss ihm den Block aus der Hand.
»Nicht so schnell«, sagte Bosch. »Ihr bleibt jetzt mal schön brav sitzen und überlegt euch ein neues Arrangement.«
»Sie können mir keine Vorschriften machen!«, keifte die Reporterin.
Sie stieß ihren Stuhl so heftig zurück, dass er umfiel, als sie aufstand.
»Tue ich doch gar nicht«, entgegnete Bosch. »Ich halte hier bloß die Zukunft Ihres Freunds in den Händen. Und wenn Ihnen die auch nur das Geringste bedeutet, dann setzen Sie sich jetzt wieder und hören mir zu.«
Er wartete und beobachtete sie. Sie streifte den Tragriemen ihrer Handtasche über ihre Schulter, um zu gehen.
»Emily?«, sagte Chu.
»Sorry«, sagte sie, »aber ich muss noch einen Artikel schreiben.«
Damit ging sie. Aus Chus Gesicht war alle Farbe gewichen. Er starrte abwesend in die Ferne, bis Bosch ihn aus seiner Schockstarre riss.
»Was hast du dir dabei eigentlich gedacht, Chu?«
»Ich dachte …«
»Egal was, du hast dich nach Strich und Faden verarschen lassen. Du hast Scheiße gebaut und solltest dir lieber überlegen, wie du sie zurückpfeifen kannst. Was genau hast du ihr gerade erzählt?«
»Ich … ich … dass wir McQuillen ins PAB gebracht haben, um ihm auf den Zahn zu fühlen. Ich habe ihr gesagt, dass es keine Rolle spielt, ob er gesteht oder nicht, wenn die Uhr mit den Verletzungen übereinstimmt.«
Bosch war so sauer, dass er sich gewaltig zusammenreißen musste, um Chu keine reinzuhauen.
»Wann hast du angefangen, mit ihr zu reden?«
»An dem Tag, an dem wir den Fall bekommen haben. Ich kenne sie von früher. Sie hat vor ein paar Jahren mal einen Artikel geschrieben, und ich bin ein paarmal mit ihr ausgegangen. Ich stand immer schon auf sie.«
»Und deshalb ruft sie diese Woche bei dir an und tut dir ein bisschen schön, und prompt erzählst du ihr alles über meinen Fall.«
Chu drehte sich ein wenig und sah Bosch zum ersten Mal an.
»Ganz genau, Harry.
Dein
Fall. Nicht unserer.
Deiner.
«
»Aber wieso, David? Wieso tust du so was?«
»Das hast alles du getan. Und fang bloß nicht an, mich auf einmal David zu nennen. Es ist sowieso ein Wunder, dass du überhaupt meinen Vornamen weißt.«
»Was? Ich soll das getan haben? Bist du …«
»Ja, du. Du hast mich ausgeschlossen, Harry. Du hast mir nie was erzählt und mich die ganze Zeit außen vor gelassen. Du hast mich den anderen Fall bearbeiten lassen, während du an diesem hier dran warst. Und das war ja nicht das erste Mal. So war es jedes Mal. So springt man nicht mit seinem Partner um. Wenn du dich mir gegenüber korrekt verhalten hättest, hätte ich das nie getan!«
Bosch spürte, dass die Leute an den umliegenden Tischen auf sie aufmerksam geworden waren. Lauter Zeitungsleute. Deshalb nahm er sich zusammen und fuhr in ruhigerem Ton fort.
»Wir sind keine Partner mehr«, sagte er. »Wir bringen diese zwei Fälle noch zu Ende, und dann stellst du einen Antrag auf Versetzung. Wohin, ist mir egal. Aber bei Offen-Ungelöst bleibst du nicht. Wenn nicht, hänge ich an die große Glocke, was du getan hast, dass du deinen Partner und deinen Fall wegen eines hübschen Arschs verraten hast. Dann kannst du einpacken, dann nimmt dich keine Einheit mehr – außer der Dienstaufsicht vielleicht. Dann bist du weg vom Fenster.«
Bosch stand auf und ging. Er hörte Chu kleinlaut seinen Namen rufen, aber er drehte sich nicht um.
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28
M cQuillen saß mit verschränkten Armen am Tisch, als Bosch Vernehmungszimmer eins betrat. Er sah auf seine Uhr, deren Bedeutung für das folgende Gespräch ihm offensichtlich nicht bewusst war, und blickte dann zu Bosch auf.
»Nur fünfunddreißig Minuten«, sagte er. »Mit einer Stunde hätte
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