Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
keinen Fall als der Dumme dastehen.
    »Das Einzige, was ich Ihnen zusichern kann, ist, dass ich mich für Sie einsetzen werde«, sagte er. »Wenn Sie mir erzählen, was in dieser Nacht passiert ist, und wenn es die Wahrheit ist, werde ich wegen des Kleinkrams keinen großen Aufstand machen. Aber mehr kann ich Ihnen im Moment nicht versprechen.«
    »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als Sie beim Wort zu nehmen, Bosch.«
    »Das haben Sie. Können wir jetzt anfangen?«
    »Haben wir doch schon. Und meine Antwort ist, ich habe George Irving nicht vom Balkon seines Zimmers im Chateau Marmont gestoßen. George Irving hat sich selbst von diesem Balkon gestürzt.«
    Bosch lehnte sich zurück und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. »Ich bitte Sie, McQuillen, Sie erwarten doch nicht, dass ich Ihnen das abnehme. Sie erwarten doch nicht, dass Ihnen das irgendwer abnimmt.«
    »Ich erwarte nichts von Ihnen. Ich sage Ihnen nur, ich war’s nicht. Sie sehen die Sache völlig falsch. Sie haben ein paar vorgefasste Meinungen, das Ganze wahrscheinlich mit ein paar Indizien garniert, und alles zusammengenommen kommt dabei heraus, dass ich diesen Typen umgebracht habe. Das habe ich aber nicht, und Sie können auch nicht beweisen, dass ich es getan habe.«
    »Sie hoffen, dass ich es nicht beweisen kann.«
    »Nein, mit
hoffen
hat das nichts zu tun. Ich
weiß,
dass Sie es nicht beweisen können, weil ich es nicht getan habe.«
    »Fangen wir doch am besten ganz von vorn an. Sie hassen Irvin Irving, weil er Ihnen vor fünfundzwanzig Jahren übel mitgespielt hat. Er hat Sie ans Messer geliefert und Ihre Karriere, wenn nicht sogar Ihr Leben zerstört.«
    »Mit Hass ist das so eine Sache. Klar habe ich ihn gehasst, aber das ist schon lange her.«
    »Und was war Sonntagnacht? Haben Sie ihn da gehasst?«
    »Da habe ich nicht an ihn gedacht.«
    »Natürlich nicht. Sie haben an seinen Sohn George gedacht. An den Mann, der Ihnen diesmal Ihren Job wegnehmen wollte. Haben Sie George Irving Sonntagnacht gehasst?«
    McQuillen schüttelte den Kopf.
    »Darauf antworte ich nicht. Muss ich auch nicht. Aber egal, was ich über ihn gedacht habe, umgebracht habe ich ihn nicht. Umgebracht hat er sich selbst.«
    »Wieso sind Sie da so sicher?«
    »Weil er mir gesagt hat, dass er es tun wird.«
    Bosch war so ziemlich auf alles gefasst gewesen, womit McQuillen diese Anschuldigung hätte parieren können. Aber damit hatte er nicht gerechnet.
    »Das hat er Ihnen gesagt?«
    »Ja.«
    »Wann hat er Ihnen das gesagt?«
    »Sonntagnacht. In seinem Hotelzimmer. Nur deshalb war er dort. Er hat gesagt, er wird vom Balkon springen. Ich bin gegangen, bevor er es getan hat.«
    Bosch machte eine kurze Pause und rief sich in Erinnerung, dass McQuillen mehrere Tage lang Zeit gehabt hatte, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Er könnte sich eine ausgeklügelte Geschichte zurechtgelegt haben, die alle belastenden Fakten entkräftete. Aber in dem Ordner, der vor ihm auf dem Tisch lag, war nach wie vor das Foto von der Verletzung an George Irvings Schulterblatt. Sie würde alles kippen. Das konnte McQuillen nicht wegerklären.
    »Erzählen Sie mir doch einfach mal, wie es zu diesem Gespräch mit George Irving gekommen ist. Und nichts auslassen. Ich will die Einzelheiten wissen.«
    McQuillen holte tief Luft und atmete dann langsam aus.
    »Ist Ihnen klar, welches Risiko ich damit eingehe? Wenn ich Ihnen das erzähle? Ich weiß nicht, was Sie Belastendes gegen mich haben oder zu haben glauben. Ich könnte Ihnen die reine Wahrheit erzählen, und Sie könnten sie verdrehen und mich damit fertigmachen. Und ich habe nicht mal einen Anwalt dabei.«
    »Es liegt ganz bei Ihnen, Mark. Wenn Sie reden möchten, reden Sie. Wenn Sie einen Anwalt möchten, besorgen wir Ihnen einen Anwalt, und mit Reden ist erst mal Schluss. Aber dann ist auch grundsätzlich Schluss mit lustig, und wir ziehen es durch. Sie waren mal bei der Polizei und wissen, wie es dann weitergeht. Und deshalb wissen Sie auch, dass es für Sie nur eine Möglichkeit gibt, heute Abend nach Hause zu kommen. Sie müssen sich hier rausreden.«
    Bosch machte eine Handbewegung, als böte er ihm die Entscheidung an. McQuillen nickte. Er wusste: entweder jetzt oder nie. Ein Anwalt würde ihm raten, den Mund zu halten und kein Wort mehr zu sagen, die Polizei ihre Arbeit tun zu lassen und abzuwarten, ob sie ihm vor Gericht etwas anhängen konnten. Ihnen nichts zu geben, was sie nicht sowieso schon hatten. Und das war in

Weitere Kostenlose Bücher