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Der Widerschein

Der Widerschein

Titel: Der Widerschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schönherr
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Buchrücken standen. Ein einziges Fenster, davor ein Lesepult – welches Beuningen seit jeher mit Akten und Büchern überladen hatte – sowie ein schwerer Ledersessel, in dem Jansen nun zufrieden Platz nahm.
    Durch seine Beförderung war Jansen als neuer Richter natürlich in Beuningens Haus eingezogen und hatte – neben dem Amt, den Akten, der Magd und den Möbeln – auch die Bibliothek und den Anspruch auf den Platz in jenem Sessel erworben.
    Unbewusst streckte er sitzend nun seine Hand in Richtung der Regale und berührte mit den Fingerspitzen die Einbände. Immer schon hatte er mehr Zeit in diesem heiligen Raum verbringen wollen – ein wohliger Schauer lief seinen Rücken hinunter.
    * * *
    Trotz der einsortierten Akte waren die Auswirkungen jenes letzten Falles für Jansen bei weitem noch nicht abgeschlossen. Durch eine Verstrickung unglücklicher Zufälle befanden sich die Kinder der Verurteilten noch immer im Hause des Richters. Zudem bestand Jansens neue Magd – uralt und engstirnig – darauf: Der Herr Pfarrer müsse ausschließen, dass der Teufel im Spiel sei. Der ehrwürdige Name des Hauses stehe auf dem Spiel!
    Um seinen Umzug ins Richterhaus unter einen guten Stern zu stellen, lud Jansen den Geistlichen vor und bat um eine persönliche Stellungnahme. Der Pfarrer weigerte sich zuerst, erschien dann plötzlich im Arbeitszimmer des neuen Richters, schüttelte aber bereits vor Beginn der Unterredung seinen Kopf.
    Unerhört! Was er sich da einbilde, donnerte er Jansen entgegen.
    Einen Teufel werde er tun!
    Kinder auf dämonische Anzeichen untersuchen – wie er sich das vorzustellen habe? Solche Späße seien wohl eher etwas für Jahrmärkte und Schauspieler, aber nicht für ein ernstzunehmendes Gericht! Geradezu lachhaft! Wie er darauf komme, derartige Forderungen zu stellen!?
    Statt auf die Frage zu antworten, griff Jansen in den von Beuningen erhaltenen Beutel mit Münzen, griff einige Taler heraus und legte diese vor dem Pfarrer hin.
    Selbstverständlich käme das Gericht für die Unkosten dieser Untersuchung auf.
    Überrascht starrte der Pfarrer erst Jansen und dann das Geld an, seufzte mürrisch und steckte die Münzen ein. Ein kaum wahrnehmbares Zittern durchlief seinen Körper – schon stand der Pfarrer am Fenster, eine der Münzen in der linken Hand haltend, und blickte gutgelaunt in den Hof, wo die Kinder den Mägden beim Wäschefalten halfen.
    Gut, er könne Jansen einen Kompromiss vorschlagen. Ohne sich umzudrehen, fuhr er fort: Man könne die Kinder – natürlich diskret! – unter Beobachtung stellen und so herausfinden, ob sie seltsames Verhalten aufzeigten.
    Lisa, Marte und Christjan, die könne man – problemlos! – in das Waisenhaus der Kirche geben; dort wolle er als Pfarrer gelegentlich einen Blick riskieren. Piet werde man sicher eine Anstellung beim hiesigen Hufschmied verschaffen können.
    Wie von selbst faltete der Pfarrer seine Hände, schnalzte hörbar mit der Zunge.
    Der Letzte, Ferdinand, der könne sicherlich von Jansen selbst aufgenommen werden.
    Ausgezeichnet! Dies sei ein fabelhafter Vorschlag, antwortete Jansen wie von selbst, der ebenfalls eine der Münzen aus dem Beutel unwillkürlich durch seine Finger gleiten ließ.
    Als neuer Richter habe er zwar viel zu tun, aber um einen der Jungen könne sich seine Magd zweifellos kümmern.
    Der Pfarrer drehte sich Jansen zu: Momentan seien im Haus des Herrn Richter doch fünf Kinder untergebracht; da sei es fürwahr ein Leichtes, diesen einen Jungen weiterhin zu versorgen – ja, entgegnete Jansen, vermutlich könne er sich als große Hilfe erweisen.
    Zufrieden ließen beide die umklammerten Münzen in ihre Rocktaschen fallen. Jansen hielt inne, sah den Pfarrer an und reichte diesem – wie von selbst – zum Abschied die Hand.
    Er danke dem Herrn Pfarrer sehr für sein Entgegenkommen und freue sich über diese gute Zusammenarbeit; die Deutschkinder und Piet könne er gern sofort mitnehmen.
    * * *
    Das Ergebnis des Gesprächs mit dem Pfarrer gefiel der Magd überhaupt nicht.
    Niemals! Solange dieser Junge, Ferdinand Meerten, unter diesem Dach wohne, da werde sie keinen einzigen Schritt mehr über die Schwelle dieses Hauses setzen. Keine Diskussion! Da Jansen seine Entscheidung nicht zurücknahm, packte die Magd bis zum Abend ihre wenigen Habseligkeiten und verließ das richterliche Anwesen.
    Jansen sah ihr überrascht nach, wandte sich zu dem plötzlich neben ihm stehenden Ferdinand, sah ihn prüfend an und fragte, ob er

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