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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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bin auf der Schwelle. Das ist ein Vorbereitungsstadium, eine Art Brücke zwischen der Erde und dem Jenseits. Es ist schwer zu
beschreiben. Eine Art Grau, die Erde ist auf der einen Seite und das Jenseits auf der anderen.«
    »Warum gehst du nicht hinüber?«, fragte Blaine.
    »Jetzt noch nicht«, sagte Melhill. »Ins Jenseits führt nur eine Einbahnstraße. Wenn du einmal drüben bist, kannst du nicht mehr zurück, dann gibt es keinen Kontakt mit der Erde mehr.«
    Blaine dachte eine Weile darüber nach, dann fragte er: »Wann wirst du denn hinübergehen, Ray?«
    »Ich weiß es noch nicht so recht. Ich hab mir überlegt, dass ich wohl eine Weile an der Schwelle bleibe und ein bisschen auf die Dinge aufpasse.«
    »Auf mich aufpasst, meinst du wohl.«
    »Na ja …«
    »Vielen Dank, Ray, aber tu es nicht. Geh ins Jenseits. Ich kann schon auf mich achtgeben.«
    »Klar kannst du das«, sagte Melhill. »Aber ich glaube, dass ich trotzdem noch einen Weile hier herumhängen werde. Du würdest es doch auch für mich tun, nicht wahr? Also, dann widersprich mir nicht! Aber jetzt hör mal zu, ich vermute, dass du weißt, dass du in Schwierigkeiten steckst?«
    Blaine nickte. »Du meinst den Zombie?«
    »Ich weiß nicht, wer er ist oder was er von dir will, Tom, aber es ist auf jeden Fall nichts Gutes. Wenn er sich wieder erinnert, dann ist es besser, du bist ganz weit weg. Aber das waren nicht die Schwierigkeiten, die ich gemeint habe.«
    »Meinst du etwa, dass es noch mehr gibt?«
    »Ich fürchte, Tom, bei dir wird es bald spuken.«
    Blaine konnte nicht anders, er musste lachen.
    »Was ist daran so lustig?«, fragte Melhill verärgert. »Meinst du, es wäre ein Spaß, von einem Gespenst heimgesucht zu werden?«

    »Ich schätze nein. Aber ist das denn wirklich so schlimm?«
    »Herrje, du bist vielleicht ein Ignorant!«, rief Melhill. »Weißt du überhaupt irgendetwas über Geister und Gespenster? Wie sie entstehen und was sie wollen?«
    »Erzähl es mir.«
    »Na ja, es gibt drei Möglichkeiten, wenn ein Mensch stirbt. Erstens kann sein Geist einfach explodieren, sich verteilen, auflösen, das ist dann das Ende. Zweitens kann sein Geist das Todestrauma überleben, zusammenbleiben, dann findet er sich an der Schwelle wieder, als Geist eben. Ich nehme an, dass du von diesen beiden Möglichkeiten gehört hast.«
    »Rede weiter«, sagte Blaine.
    »Die dritte Möglichkeit ist die: Sein Geist zerbricht während des Todestraumas, aber nicht genug, um aufgelöst zu werden. Er kommt bis an die Schwelle. Aber die Anstrengung hat ihn zu sehr mitgenommen. Er ist verrückt geworden. Und so entsteht ein Gespenst, mein Freund.«
    »Hm«, sagte Blaine. »Dann ist ein Gespenst also ein Geist, der während des Todestraumas verrückt geworden ist?«
    »Genau. Er ist verrückt und er spukt.«
    »Aber warum?«
    »Gespenster spuken«, sagte Melhill, »weil sie angefüllt sind mit Hass, Wut, Furcht und Schmerz. Sie wollen nicht ins Jenseits. Sie wollen so lange wie möglich auf der Erde bleiben, auf die sich ihre Aufmerksamkeit immer noch richtet. Sie wollen Leute erschrecken, ihnen wehtun, sie in den Wahnsinn treiben. Das Spuken ist das Schlimmste, was sie tun können, es ist ihr Wahnsinn. Schau mal, Tom, seit den Anfängen der Menschheit …«

    Seit den Anfängen der Menschheit hatte es immer schon Gespenster gegeben, aber ihre Zahl war immer gering.

    Nur ein paar von einer Million Menschen überlebten den Tod und nur ein winziger Prozentsatz dieser Überlebenden wurde während des Übergangs wahnsinnig und zu Gespenstern.
    Aber die Wirkung, die diese wenigen auf die vom Tod faszinierte Menschheit ausübte, war kolossal, auf eine Menschheit, die sich fürchtete vor der kalten, starren Unbeweglichkeit einer Leiche, die vor kurzem noch so lebendig und rastlos gewesen war, schockiert war von dem grausigen, ans Lächerliche grenzenden Aussehen eines Skeletts. Die geheimnisvolle Gestalt des Todes schien unendlich viele Fassetten zu haben, ihr warnender Finger wies auf einen mit Geistern belebten Himmel. So kam es, dass für jedes echte Gespenst Gerüchte und Ängste der Menschen tausend weitere gebaren. Jede Fledermaus wurde zu einem Gespenst. Irrlichter im Moor, flatternde Vorhänge und schwankende Bäume wurden zu Gespenstern und St.-Elms-Feuer, großäugige Eulen, Ratten im Gemäuer, Füchse im Gebüsch, sie alle wurden zu Beweisen für das Gespensterwesen gemacht. Die Volksmärchen und Legenden trieben unendlich viele Blüten und brachten Hexen und

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