Der widerspenstige Planet
verhelfen, aber er schaffte es, so nahe wie nur eben möglich daran heranzukommen. Langsam trat Charles’ Persönlichkeit zutage. Sie war völlig anders als die von Mark.
Wenn Mark nörgelte, blieb Charles ruhig. Mark war spöttisch, Charles naiv. Mark war ein Zyniker, Charles ein Idealist. Mark war oft traurig, Charles war immer zufrieden.
Irgendwann vergaß Mark, dass er selbst Charles die Antworten eingebaut hatte. Er betrachtete den Roboter als gleichaltrigen Freund – einen Freund, den er schon ewig kannte.
»Was ich einfach nicht verstehe«, pflegte Mark zu sagen, »ist, warum ein Mann wie du hier draußen leben möchte. Ich meine, für mich ist das schon das Richtige. Keiner kümmert sich um mich, und ich habe mich auch nie um jemand anderen gekümmert. Aber warum bist du hier?«
»Hier habe ich eine ganze Welt für mich«, erwiderte Charles dann. »Auf der Erde müsste ich meine Welt mit Milliarden teilen. Ich habe die Sterne, größer und heller als auf der Erde. Ich habe den ganzen Weltraum, nah und schön wie ein stilles Wasser. Und ich habe dich, Mark.«
»Nun werd bloß nicht sentimental …«
»Das bin ich nicht. Nur Freundschaft zählt. Die Liebe habe ich schon vor langer Zeit verloren, Mark. Die Liebe eines Mädchens namens Martha, das wir beide nie getroffen haben. Und das ist schade. Aber die Freundschaft bleibt und die ewige Nacht über uns.«
»Du bist ja ein Dichter«, pflegte Mark halb bewundernd zu sagen. »Ein verkannter Dichter.«
Von den Sternen unbeachtet, verging die Zeit. Und die Pumpe zischte und stotterte und leckte. Mark musste sie jetzt von morgens bis abends reparieren, aber die Atmosphäre um Martha herum wurde trotzdem immer dünner. Obwohl Charles sich um die Felder bemühte, reichte die Luft schließlich für die Pflanzen nicht mehr aus und sie starben.
Mark war jetzt immer müde und hatte gerade noch Kraft genug, herumzukriechen, trotz der geringen Schwerkraft. Die meiste Zeit verbrachte er in seiner Hütte. Charles versorgte ihn, so gut er konnte, mit seinen rostigen, knirschenden Gelenken.
»Was hältst du von Mädchen?«
»Ich habe noch nie eine getroffen, die viel getaugt hätte.«
»Na, das ist aber nicht fair.«
Mark war schließlich so müde, dass er nicht mehr in der Lage war, das Ende kommen zu sehen, und Charles interessierte sich nicht dafür. Aber das Ende kam. Die Pumpe drohte jeden Moment den Dienst endgültig einzustellen. Seit Tagen hatte es nichts mehr zu essen gegeben.
»Aber warum du?«
»Hier habe ich eine ganze Welt …«
»Werd nicht sentimental …«
»Und die Liebe eines Mädchens namens Martha.«
Von seinem schmalen Bett aus sah Mark zum letzten Mal hoch zu den Sternen. Groß waren sie, größer als jemals zuvor, und sie schwammen für immer im stillen Fluss des Raums.
»Die Sterne …«, sagte Mark.
»Ja?«
»Die Sonne?«
»… soll scheinen, jetzt und immer.«
»Ein Dichter.«
»Ein verkannter Dichter.«
»Und Mädchen?«
»Ich habe einmal von einem Mädchen namens Martha geträumt. Vielleicht wenn …«
»Was hältst du von Mädchen? Von den Sternen? Und von der Erde?«
Und dann war es Zeit, schlafen zu gehen, diesmal für immer.
Charles stand neben seinem toten Freund. Er tastete nach seinem Puls und erlaubte dann der matten Hand herabzufallen. Er ging in eine Ecke der Hütte und schaltete die müde Pumpe ab.
Das Band, das Mark programmiert hatte, war fast zu Ende. Es blieb nur noch ein kurzes Stück. »Ich hoffe, er findet seine Martha«, krächzte der Roboter, dann brach das Band ab.
Mit seinen rostigen Glieder konnte er sich nicht mehr hinknien und er stand wie eingefroren da und blickte zu den Sternen hinauf. Dann senkte er den Kopf.
»Der Herr ist mein Hirte«, sagte Charles. »Mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zu stillen Wassern …«
FORMFRAGEN
Pid der Pilot drosselte den Antrieb fast bis zum Stillstand. Gespannt starrte er auf den grünen Planeten hinunter. Auch ohne Instrumente war keine Verwechslung möglich: Der dritte Planet war der einzige dieses Systems, der Leben zuließ. Friedlich schwamm er in seiner Wolkenglasur. Er wirkte harmlos. Und doch, irgendetwas auf diesem Planeten hatte dem Leben aller Expeditionen ein Ende bereitet, die die Glom bisher geschickt hatten.
Pid zögerte einen Augenblick, bevor er endgültig darauf zuflog. Er und seine beiden Besatzungsmitglieder waren für den Einsatz bereit. Ihre Kompakt-Displacer waren in Körperbeuteln
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