Der widerspenstige Planet
dürfen, nicht bloß Professionelle. Früher musste man Berufsboxer, -fußballer oder -hockeyspieler sein, wenn man das Recht haben wollte, sich für Geld den Schädel einschlagen zu lassen. Aber jetzt steht normalen Menschen, wie du einer bist, Jim, dieser Weg auch offen.«
»Aha«, sagte Raeder wieder.
»Das ist doch eine wunderbare Gelegenheit. Nehmen wir dich zum Beispiel. Du bist nicht besser als die anderen, Jim. Was du kannst, können alle anderen auch. Du bist Durchschnitt. Ich glaube, dass man dich bei den Realityshows einsetzen könnte.«
Raeder erlaubte sich zu träumen. Eine Teilnahme an Fernsehsendungen solcher Art schien für einen netten jungen Mann ohne besondere Begabung oder Ausbildung der sichere Weg zu Glück und Reichtum. Er schrieb einen Brief an eine Sendung mit dem Namen Risiko und fügte eine Fotografie bei.
Die Leute von Risiko waren an ihm interessiert. Die Sendegesellschaft JBC stellte Nachforschungen über ihn an mit der Erkenntnis, dass er von einer Durchschnittlichkeit war, die selbst den misstrauischsten Zuschauer befriedigen musste. Man spürte seiner Ahnenreihe nach, prüfte seine Verwandtschaft. Schließlich wurde er nach New York einbestellt und von Mr. Moulian auf Herz und Nieren geprüft.
Moulian war ein dunkelhaariger, energischer Mann, der ständig Kaugummi kaute.
»Sie sind brauchbar«, knurrte er. »Aber nicht für Risiko . Sie treten in Bahn frei auf. Das ist eine halbstündige Tagessendung auf Kanal drei.«
»Mensch!«, sagte Raeder.
»Sie brauchen sich nicht zu bedanken. Wenn Sie gewinnen oder Zweiter werden, gibt es tausend Dollar, auf allen anderen Plätzen einen Trostpreis von hundert Dollar. Aber das ist unwichtig.«
»Ja, Sir.«
» Bahn frei ist eine kleine Sendung. JBC verwendet sie als Testserie. Sieger und Zweite bei Bahn frei kommen weiter zu Ernstfall . Dort sind die Preise sehr viel höher.«
»Ich weiß, Sir.«
»Und wenn Sie sich in Ernstfall gut schlagen, geht es in die erstklassigen Realityshows wie Risiko und Gefahren unter Wasser , die im ganzen Land ausgestrahlt werden und fantastische Preise in Aussicht stellen. Schließlich kommt das ganz große Geschäft. Wie weit Sie kommen, hängt von Ihnen ab.«
»Ich werde mein Bestes geben, Sir«, sagte Raeder.
Moulian hörte einen Augenblick auf zu kauen und sagte beinahe ehrfurchtsvoll: »Sie können es schaffen, Jim. Denken Sie immer daran: Sie sind das Volk und das Volk kann alles.«
Die Art, wie er das sagte, brachte Raeder dazu, Mitleid für Moulian zu empfinden, der schwarzes Haar, einen dunklen Teint und hervortretende Augen hatte und offensichtlich nicht das Volk war.
Zur Bekräftigung ihres gegenseitigen Wohlwollens schüttelten sie sich die Hände. Dann unterschrieb Raeder ein Schriftstück, in dem er JBC von jeder Verantwortung entband, falls er während des Wettbewerbs sein Leben, seine
Gliedmaßen oder den Verstand verlieren sollte. Und er unterschrieb ein Dokument, worin er seine Rechte aufgrund des Gesetzes über den freiwilligen Selbstmord geltend machte. Die Vorschriften verlangten das; es handelte sich um eine bloße Formalität.
Drei Wochen später trat er in Bahn frei auf.
Die Sendung hatte das klassische Rezept des Autorennens übernommen. Showteilnehmer ohne jede Erfahrung als Rennfahrer setzten sich in leistungsstarke amerikanische und europäische Rennwagen und rasten über eine mörderische Zwanzigkilometerstrecke. Raeder wurde von Angst geschüttelt, als er sich hinter das Steuer eines großen Maserati klemmte, den falschen Gang einlegte und davonbrauste.
Das Rennen war ein heulender, nach Reifengummi stinkender Alptraum. Raeder blieb zurück und ließ die an die Spitze vorgerückten Fahrer ihre Wagen in den Haarnadelkurven zerschellen. Er kroch auf den dritten Platz vor, als ein Jaguar neben ihm einen Alfa-Romeo streifte und die beiden Wagen sich auf einem Acker überschlugen. Raeder versuchte, auf den letzten fünf Kilometern Platz zwei zu erreichen, fand aber keine Möglichkeit, zum Überholen anzusetzen. Dann brach bei dem führenden Wagen auf den letzten hundert Metern die Kurbelwelle und Jim wurde Zweiter.
Er hatte tausend Dollar gewonnen. Er bekam vier Verehrerbriefe; eine Dame aus Oshkosh schickte ihm eine Rennfahrerbrille. Man lud ihn ein, in Ernstfall mitzumachen.
Im Gegensatz zu anderen Sendungen war Ernstfall keine Serie mit Wettbewerbscharakter. Hier war vor allem spontane persönliche Initiative gefragt. Für seinen Auftritt wurde Raeder mit einem
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