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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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zwei Tagen sehen wir ihn zum ersten Mal bei einer richtigen Mahlzeit. Unsere Kameraleute haben sich wirklich angestrengt, um Ihnen das zu zeigen! Danke, Jungs … Liebe Zuschauer, Jim Raeder hat vorübergehend bei Mrs. Velma O’Dell, 63. Straße 343, Zuflucht gefunden. Vielen Dank, Gute Samariterin O’Dell! Es ist wirklich großartig, wie Menschen aus allen Kreisen Jim Raeder ins Herz geschlossen haben!«
    »Sie sollten sich beeilen«, sagte Mrs. O’Dell.
    »Ja, Mrs. O’Dell«, erwiderte Raeder.
    »Ich will in meiner Wohnung keine Schießerei.«
    »Ich bin gleich fertig, Mrs. O’Dell.«
    Eines der Kinder fragte: »Bringen sie ihn denn nicht um?«
    »Halt den Mund«, sagte Mrs. O’Dell.
    »Sie hat Recht, Jim«, leierte Mike Terry, »bitte beeilen Sie sich. Ihre Verfolger sind nicht mehr weit. Und es sind keine Dummköpfe, Jim. Bösartig, anomal, verrückt – ja!
Aber nicht dumm. Sie folgen einer Spur von Blut – Blut aus Ihrer verletzten Hand, Jim!«
    Raeder hatte bis jetzt nicht bemerkt, dass er sich an der eingeschlagenen Fensterscheibe eine Schnittwunde zugezogen hatte.
    »Kommen Sie her, ich verbinde Sie«, sagte Mrs. O’Dell. Raeder stand auf und ließ sich verbinden. Dann gab ihm Mrs. O’Dell ein braunes Jackett und einen grauen, breitkrempigen Hut.
    »Das sind Sachen von meinem Mann«, erklärte sie.
    »Er hat eine Tarnung, verehrte Zuschauer!«, rief Mike Terry entzückt. »Das ist etwas ganz Neues! Eine Verkleidung! Und noch sieben Stunden, bis Jim Raeder in Sicherheit ist!«
    »Jetzt verschwinden Sie«, sagte Mrs. O’Dell.
    »Ich gehe schon«, erwiderte Raeder. »Vielen Dank auch.«
    »Für mich sind Sie nicht bei Trost«, meinte sie. »Nur ein Verrückter kann sich auf so etwas einlassen.«
    »Ja, Mrs. O’Dell.«
    »Die Sache ist doch den Einsatz überhaupt nicht wert.«
    Raeder bedankte sich und verließ das Haus. Er ging zum Broadway, fuhr mit der Subway bis zur 59. Straße und stieg in einen Pendlerzug zur 86. Straße um. Dort kaufte er sich eine Zeitung und stieg in den Manhattan-Schnellzug ein.
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Noch sechseinhalb Stunden.

    Der Zug durchquerte Manhattan unterirdisch in einem rasanten Tempo. Raeder war in ein leichtes Dösen gefallen, die bandagierte Hand unter der Zeitung verborgen, den Hut tief ins Gesicht gezogen. Hatte ihn schon jemand erkannt? War es ihm gelungen, die Thompsonbande abzuschütteln?
Oder rief sie in diesem Augenblick bereits jemand an?
    Schläfrig fragte er sich, ob er dem Tod entronnen war. Oder war er eine bloß künstlich am Leben erhaltene Leiche, die nur dank der Saumseligkeit des Todes noch herumlief?
    Raeder riss die Augen auf. Er hatte etwas Unangenehmes geträumt. Doch was es gewesen war, wusste er nicht mehr.
    Er schloss die Augen wieder und entsann sich leicht überrascht, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der er nicht mit Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt hatte.
    Das war vor zwei Jahren gewesen. Er hatte als Lastwagenbeifahrer gearbeitet, ein großer, freundlicher, junger Mann, der über keine besonderen Talente verfügte, der zu bescheiden war, um sich Träume zu leisten.
    Der kleine Fahrer des Lastwagens mit dem schmalen Gesicht träumte dafür umso mehr für ihn. »Warum versuchst du es nicht bei einer Fernsehshow, Jim?«, hatte er ihn gefragt. »Wenn ich dein Aussehen hätte, würde ich es selbst einmal probieren. Man sucht dort immer wieder nette, durchschnittliche Leute als Teilnehmer, die nicht allzu viel auf dem Kasten haben. Für solche Burschen hat jeder etwas übrig. Warum erkundigst du dich nicht einmal?«
    Er hatte sich also erkundigt. Der Inhaber der örtlichen TV-Agentur klärte ihn weiter auf.
    »Schau, Jim, das Publikum hat die übertrainierten Athleten mit ihren einstudierten Tricks und ihrem professionellen Mut satt. Wer kann schon für solche Kerle Mitgefühl aufbringen? Wer identifiziert sich mit ihnen? Die Leute wollen aufregende Dinge sehen, gewiss, aber nicht, wenn irgendein Bursche für fünfzigtausend pro Jahr ein Geschäft daraus macht. Deswegen interessiert sich niemand mehr
für die Massensportarten. Deswegen sind die Realityshows so beliebt.«
    »Aha«, sagte Raeder.
    »Vor sechs Jahren hat der Kongress das Gesetz über den freiwilligen Selbstmord erlassen. Die alten Senatoren faselten allerhand über freien Willen und Selbstbestimmung. Aber das ist alles Käse. Weißt du, was dieses Gesetz wirklich bedeutet? Es läuft darauf hinaus, dass Amateure ihr Leben für das große Geld riskieren

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