Der widerspenstige Planet
sollte. Dieser kleine, teure, intime Club war weltberühmt und ein absolutes Muss für jeden Besucher New Yorks. Denn der Greens Club hatte als einziger eine reine Gemüse-Floor-Show.
Man wies ihnen Plätze auf einem kleinen Balkon unweit der von Glaswänden umgebenen Mitte des Clubs zu. Drei Tischebenen umringten den Mittelpunkt, der von gleißenden
Scheinwerfern angestrahlt wurde. Hinter den Glaswänden befand sich etwas, das aussah wie ein kleiner Dschungel, der in einer Nährlösung wuchs. Eine künstliche Brise hielt die Pflanzen in Bewegung, die eng zusammengedrängt standen und von sehr unterschiedlicher Größe, Gestalt und Farbschattierung waren.
Blaine hatte noch nie Pflanzen gesehen, die sich derart verhielten. Sie wuchsen mit fantastischer Geschwindigkeit, aus winzigen Samen und Wurzelsprossen wurden große Sträucher und knorrige Bäume, klobige Farne, monströse Blumen, triefende grüne Pilzgewächse und gefleckte Lianen. Sie wuchsen schnell, vollendeten ihren Lebenszyklus und verfaulten, wobei sie wieder Samen abgaben, um damit wieder aufs Neue anzufangen. Doch keine der Spezies schien in der Lage zu sein, sich fortzupflanzen. Den Samen und prallen Früchten entsprangen Variationen und Mutationen, verwandelten sich und passten sich der wilden Umwelt an, kämpften um Lebensraum am Boden und in der Luft und rankten sich zu den künstlichen Sonnen empor, die über ihnen leuchteten. Erfolglose Gewächse verwandelten sich sofort in Parasiten, umklammerten erstickende Bäume und verwandelten sich bei ihrer Umklammerung wiederum. Manchmal schien es einer ehrgeizigen Pflanze zu gelingen, alles um sich herum zu überwuchern und ihre Gegner zu erwürgen, zu besiegen; doch an deren Stängeln sprossen bereits neue Arten, bezwangen die Schmarotzer und kämpften um ihr Überleben. Ab und zu befiel eine Seuche, die selbst pflanzlichen Ursprungs war, den Dschungel und brachte alles in einem letzten Aufwallen des Faulens zum Einstürzen. Doch dann fasste eine tapfere Mutation Wurzeln in der Fäulnis, dann eine weitere, und schon ging der Kampf wieder los. Die Pflanzen wandelten sich, wurden größer oder kleiner und übertrumpften sich selbst in ihrem Kampf ums Überleben.
Aber keine Entschlossenheit, keine Gerissenheit, keine Selbstübertrumpfung half ihnen letztlich. Nicht eine einzige Gattung brachte es fertig, zu überleben, und schließlich führte jede Anstrengung zum Tod.
Blaine fand die Show beunruhigend. War dieses fatalistische Spektakel etwa charakteristisch für die Welt des Jahres 2110? Er sah Orc an.
»Wirklich großartig«, sagte Orc, »was diese New Yorker Laboratorien mit schnell wachsenden Mutanten alles machen können! Aber es ist natürlich eine Missgeburtenshow. Man beschleunigt das Wachstum, erzwingt eine Anti-Überlebenssituation, setzt ein bisschen Strahlung ein und versucht, die beste Pflanze gewinnen zu lassen. Ich habe mal gehört, dass diese Pflanzen ihr Wachstumspotenzial nach zwanzig Stunden erschöpft haben und ersetzt werden müssen.«
»Da endet also alles«, sagte Blaine und betrachtete den gequälten, aber immer optimistischen Dschungel. »Im Ersetztwerden.«
»Klar«, sagte Orc, der allem philosophisch Unfassbaren lieber auswich. »Sie können es sich ja auch leisten bei den Eintrittsgeldern, die sie hier nehmen. Aber das ist Missgeburtenzeug. Ich will Ihnen mal von den Sandpflanzen erzählen, die wir in Arizona züchten.«
Blaine nippte an seinem Whisky und sah zu, wie der Dschungel wuchs, starb und sich wieder erneuerte. Orc sagte: »Mitten in der kochend heißen Wüste. Tatsache. Wir haben es schließlich geschafft, Obst und Gemüse an echte Wüstenbedingungen anzupassen, ohne ihre Wasserversorgung zu erhöhen, und zwar zu Preisen, die mit denen fruchtbarer Gegenden durchaus konkurrieren können. Ich sag’s Ihnen, Mann, noch fünfzig Jahre und das gesamte Konzept von Fruchtbarkeit hat sich grundlegend gewandelt. Nehmen wir doch mal den Mars als Beispiel …«
Sie verließen den Greens Club und zogen von Bar zu Bar in Richtung Times Square. Orc schien ein paar Schwierigkeiten mit der Sehschärfe zu haben, aber seine Stimme war vollkommen klar, als er über das verlorengegangene marsianische Wissen um den Anbau auf Sandböden sprach. Eines Tages, versprach er Blaine, würde es den Einwohnern Arizonas gelingen herauszubekommen, wie man Sandpflanzen anbauen konnte, ohne Nährstoffe und Feuchtigkeitsfixierer beimengen zu müssen.
Blaine hatte so viel getrunken, dass er
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