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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Kundschaft ansah … Er würde vorsichtig mit den kostenlosen Gaben in dieser Welt umgehen müssen.

    Blaine ging langsam weiter und bestaunte alles. Langsam gewöhnte er sich an die grelle, hektische, lärmende, überfüllte Stadt. Er kam an ein riesiges Gebäude, das wie eine gotische Burg gebaut war und von dessen Zinnen Wimpel flatterten. Auf seinem höchsten Turm befand sich ein helles grünes Licht, das vor der untergehenden, blasser werdenden Nachmittagssonne gut zu erkennen war.
    Es sah wie ein bedeutendes Wahrzeichen aus. Blaine starrte es an, dann sah er einen Mann, der an dem Gebäude lehnte und sich eine dünne Zigarre anzündete. Er schien der einzige Mensch in New York zu sein, der nicht von fieberhafter Eile ergriffen war. Blaine trat zu ihm.
    »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte er, »was ist das für ein Gebäude hier?«

    »Das hier«, sagte der Mann, »ist die Zentrale der Jenseits-Corporation.« Es war ein großer, sehr dünner Mann mit einem langen, traurigen, vom Wetter gegerbten Gesicht. Er hatte eng zusammenstehende Augen, die ihn freimütig anblickten. Seine Kleidung hing an ihm, als sei er es eher gewohnt, Jeans zu tragen als maßgeschneiderte Anzüge. Blaine dachte, dass er wie ein Weststaatler aussah.
    »Beeindruckend«, sagte Blaine und blickte an der gotischen Burg hoch.
    »Protzig«, meinte der Mann. »Sie sind wohl nicht von hier, wie?«
    Blaine schüttelte den Kopf.
    »Ich auch nicht. Aber ehrlich gesagt, Fremder, ich hätte gedacht, dass jeder hier auf der Erde und auf allen Planeten das Jenseits-Gebäude kennt. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie frage, woher Sie kommen?«
    »Aber nein«, erwiderte Blaine. Er fragte sich, ob er sich als Mann aus der Vergangenheit vorstellen solle. Nein, das war wohl kaum etwas, das man einem völlig fremden Menschen erzählen konnte. Der Mann konnte ein Polizist sein. Es war wohl besser, wenn er etwas erfand.
    »Wissen Sie«, sagte Blaine, »ich bin aus – Brasilien.«
    »Ach ja?«
    »Ja, aus dem oberen Amazonasgebiet. Meine Eltern sind dort hingezogen, als ich noch ein Kind war. Gummiplantage. Mein Vater ist gerade gestorben, da dachte ich mir, dass ich mir vielleicht mal New York anschauen könnte.«
    »Hab gehört, dass es da unten noch ziemlich wild sein soll«, erwiderte der Mann.
    Blaine nickte.
    Er war erleichtert, dass seine Geschichte nicht angezweifelt wurde. Aber vielleicht war es gar keine so ungewöhnliche
Geschichte in dieser Zeit. Auf jeden Fall hatte er jetzt ein Zuhause.
    »Ich komme aus Mexican Hat, Arizona«, sagte der Mann. »Orc heiße ich, Carl Orc. Blaine? Nett, Sie kennenzulernen, Blaine. Wissen Sie, ich bin auch hierhergekommen, um mir mal dieses New York anzusehen und um mal nachzuprüfen, weshalb die immer damit so angeben. Es ist ja schon ganz interessant, aber wenn Sie mich fragen, sind die Leute hier für meinen Geschmack ein bisschen zu hektisch und laut, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich will ja gar nicht behaupten, dass wir zu Hause immer stocksteif und stumm rumsitzen würden, tun wir gar nicht. Aber diese Leute hier zappeln rum wie ein Affe auf dem Schleifstein.«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, bestätigte Blaine.
    Eine Weile lang sprachen sie über das quirlige, neurotische Wesen der New Yorker und verglichen es mit dem gesunden, ländlichen Leben in Mexican Hat und am oberen Amazonas. Diese Leute hier, darüber waren sie sich bald einig, wussten nicht, was Leben hieß.
    »Blaine«, sagte Orc, »ich bin froh, dass ich Sie getroffen habe. Wie wär’s mit einem Drink?«
    »Prima«, meinte Blaine. Ein Mann wie Carl Orc konnte ihm vielleicht dabei behilflich sein, ihm aus seinen gröbsten Schwierigkeiten herauszuhelfen. Vielleicht konnte er einen Job in Mexican Hat bekommen. Er konnte sich auf Brasilien und auf Gedächtnisschwund berufen, um sein Unwissen über das heutige Leben zu erklären.
    Dann fiel ihm ein, dass er kein Geld besaß.
    Er fing an, eine Erklärung zu stammeln, warum er versehentlich seine Brieftasche im Hotel vergessen hätte. Doch Orc schnitt ihm sofort das Wort ab.
    »Hören Sie, Blaine«, sagte er und fixierte ihn aus seinen engstehenden blauen Augen, »ich will Ihnen was sagen.
Die meisten Leute würden Ihnen eine solche Story nicht unbedingt abkaufen. Aber ich meine, dass ich ein ganz passabler Menschenkenner bin. Hab mich nicht oft geirrt, wie ich finde. Ich bin nicht gerade das, was man einen armen Mann nennen würde, also wie wär’s, wenn wir den Abend auf meine Rechnung gehen

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