Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)

vor allem nicht für Burlesque, der voranging und keine Ahnung hatte, wohin er wollte. Trotzdem glaubte er nicht, dass sie Miss Ella in der Küche antreffen würden, und als er über Treppenstufen stolperte, die nach oben führten, folgte er ihnen. Mit jedem Schritt hörte er Odette deutlicher. Es war ihm wirklich schleierhaft, wie eine einzelne Frau einen derartigen Mordskrach veranstalten konnte.
    Oben angekommen blieb er stehen, um sich zu orientieren. Das Kloster war so menschenleer, dass er allmählich nervös wurde. Vielleicht wohnte Miss Ella ja tatsächlich nicht hier. Er sah sich um und beschloss, dass er am besten in die Richtung ging, aus der Odettes Gebrüll kam. Er schlich den langen Korridor entlang und warf einen kurzen Blick in jedes Zimmer, bis er im Dunklen so etwas wie eine Bibliothek ausmachte. Vielleicht, so dachte er, könnte er hier einen Hinweis finden, der ihn zu Miss Ella führte. Als er sich nach Rivets umblickte, sah er entsetzt, dass sich der Knabe unterwegs mit allerlei Kunstgegenständen eingedeckt hatte.
    »Was zum Kuckuck solln das wieder?«, raunte er sotto voce .
    »Notgroschen«, erwiderte Rivets leichthin. »Diese Versatzstücke sind nich ohne, Burlesque, der Plunder bringt bei Jack dem nuJu allerhand ein. Vor allem die Urne hier.« Er zeigte mit dem Kinn auf einen blauweißen Porzellanbehälter ganz oben auf dem Haufen, den er mitschleppte.
    Mit einem verzweifelten Kopfschütteln drehte Burlesque die Gaslampe an der Wand auf und blickte sich im Raum um. Doch zwischen den auf dem Schreibtisch verstreuten Papieren fand er nichts, was auf Miss Ellas Verbleib schließen ließ. Er wollte gerade aufgeben und sich die Räume im darüber liegenden Stock vorknöpfen, als er ein leises Rascheln an der Tür hörte. Er drehte sich um, und als er die Silhouette sah, die am Eingang stand, gefror ihm das Blut in den Adern.

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    Galerie des Anciens: Venedig
    Demi-Monde:
27. Tag im Frühling des Jahres 1005
    Zwei InDeterministische Joker trüben die Deterministische Perfektion der Demi-Monde. Zum einen die periodische Erscheinung Dunkler Charismatiker innerhalb der Bevölkerung der Demi-Monde, wenngleich Kondratjew spekuliert, dass deren Manifestation nicht gänzlich zufällig ist. Obgleich es an Auralistischen Beweisen mangelt, um exo-Chaudianische Dunkle Charismatiker identifizieren zu können, ist er der festen Überzeugung, dass jeder Sektor über eine von ABBA festgesetzte Quote von vier solchen Individuen verfügt. Diese Annahme ist zwar empirisch nicht belegt, hat es Kondratjew jedoch ermöglicht, die Aktivitäten Dunkler Charismatiker in seine 4Sagungen einzubeziehen.
    Professor Michel de Nostredame: Dunkle Charismatiker. Der Unsichtbare Feind, Universität von Venedig, Publikationen
    Während man die Dogaressa und ihr Gefolge in den Vortragssaal mit der hohen Decke führte, sah Nikolai Kondratjew, dass Molyneau – in Vorbereitung auf den Besuch – fleißig gewesen war. Vor den reihenförmig angeordneten Sitzplätzen des Saals stand ein reservierter Stuhl, und als Kondratjew sah, wie die Dogaressa darauf bestand, dass man einen weiteren für Lady IMmanual brachte, damit sie neben ihr Platz nehmen konnte, musste er lächeln. Dass sie das Mädchen ins Herz geschlossen hatte, war eine gute Nachricht. Jetzt brauchte er nur noch genügend Beweise dafür zu erbringen, dass die Lady tatsächlich der Messias war. Nur so wäre der echte Messias sicher.
    Trotzdem war es eine Schande, dass die Dogaressa auf dem Altar Temporaler Intervention geopfert werden musste. Kondratjew bewunderte sie, und es bekümmerte ihn, an ihrem Stuhl sägen zu müssen, doch er hatte wirklich keine andere Wahl. Temporale Interventionen waren so heikel, dass Geheimhaltung unumgänglich war: Je mehr Menschen über den Versuch Bescheid wussten, die Zukünftige Geschichte umzumodeln, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass einer sich bemüßigt fühlte, irgendetwas anzustellen, was das erwünschte Temporale ErGebnis beeinflusste. Man konnte die Dogaressa nicht vor der Gefahr warnen, die Lady IMmanual für sie bedeutete, denn ihr Tod war Voraussetzung für den Sieg des Messias.
    Wie eine Motte, die von der Flamme angezogen wird, nahm Kondratjew direkt hinter der Lady Platz, so dicht, dass er sie mit der Hand hätte berühren können. Ein Mythos, der zu FAÄ geworden war. Es war ein außergewöhnliches Gefühl. Viele lange Stunden, die de Nostredame und er über die Zukünftige Geschichte der Demi-Monde gerätselt hatten,