Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
starke Entschlossenheit aus. Schließlich hatte sie seine Sekretärin so lange bearbeitet, bis diese ihr einen Termin gegeben hatte. Und da er der Kopf der Verwaltung des Arbeitsministeriums im Medi war, wurden derartige Termine äußerst ungern vergeben. Natürlich hätte Gaston sich weigern können, sie zu empfangen, aber sie war zu hübsch, und das Funkeln in ihren Augen deutete … so allerlei an.
Dass er eine Schwäche für Menschen hatte, die Französisch mit einem Akzent sprachen, hatte ebenfalls dazu beigetragen, sie zu empfangen. Die Art, wie diese Yank seine Muttersprache verstümmelte, war einfach unwiderstehlich.
Zwar hatte das Vorstellungsgespräch gerade erst begonnen, doch Gaston Girard war bereits auf der Hut. So hübsch und einnehmend die junge Frau auch war, er hatte das ungute Gefühl, dass sie sich als schwierig erweisen könnte, fordernd, ja sogar gefährlich. Er hatte einen Riecher für so was. Er war im Ministerium für seine Sachlichkeit bekannt, aber er war auch ein extrem phantasieloser Mann, außer, wenn er mit jungen Frauen verhandeln musste, da war er sogar sehr phantasievoll.
Im Allgemeinen siegte die Phantasie über seine Vorsicht, doch diese Norma Cartwright war so aufdringlich, dass er drauf und dran war, ihr mit seinem charmantesten Lächeln zu erklären, dass die Stelle, um die sie sich bewarb, bereits vergeben war.
Trotzdem schob er wegen seiner Schwäche für pralle Brüste alle Zweifel beiseite und lächelte. »In der Tat ist die Stelle noch frei, Mademoiselle Norma, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, warum eine solche Dame wie Sie sich für einen so unwichtigen Posten interessieren könnte.« Girards Stimme klang tief und ernst, und wie alles an ihm – das graue Haar, der konservative Anzug und sein wehmütiger Ausdruck – diente auch das nur dem Zweck, unverbrüchliche Seriosität auszustrahlen.
Mademoiselle Norma warf ihm ein zuckersüßes Lächeln zu, rutschte mit ihrem frechen kleinen Hintern auf dem Stuhl hin und her und beugte sich vor. Fasziniert verfolgte er jede ihrer Bewegungen und machte große Augen. Die Kleine hatte eine umwerfende Figur, die in dem grünen Kostüm aus Samt hervorragend zur Geltung kam. Ihr wundervoller Körper wurde von einem atemberaubend hübschen Gesicht vervollständigt – soweit er es hinter dem koketten Halbschleier erkennen konnte –, das sogar die Kälte ihrer blauen Augen und die Entschlossenheit ihres verführerischen Mundes wettmachte. Obendrein war es umrahmt von dichtem blonden Haar. Mit anderen Worten: zum Anbeißen.
»O nein, ich will die Stelle nicht für mich … jedenfalls nicht so eine Stelle!« Sie kicherte bezaubernd aufregend. »Ich bin erst kürzlich aus dem ForthRight hier eingetroffen, Monsieur Girard«, erklärte sie mit rauchiger Stimme. »In Begleitung meines jüngeren Bruders, Robert. Mein Vater hat uns in Anbetracht der Vereinigung unserer beiden Staaten hergeschickt, um unsere Kenntnisse Ihrer wunderbaren Sprache zu vertiefen. Er hat mich gebeten, meinem Bruder zu diesem Zweck behilflich zu sein, eine Stelle in Paris zu finden. Es soll harte Arbeit sein, damit er sieht, wie schwer es ist, in dieser Welt, die sich so sehr von der unseren unterscheidet, Erfolg zu haben. Und als ich von der Stellung in Ihrem Ministerium hörte, fand ich, dass sie genau die richtige für ihn wäre.«
Es war eine seltsame Bitte, aber es waren auch seltsame Zeiten, und während er darüber nachdachte, hielt Girard es nicht für abwegig. Dass ein Vater seinen Sohn zur Arbeit anhielt, um die Welt kennenzulernen, schien eine ehrenwerte Absicht zu sein. Trotzdem konnte er ihr bei dieser Zielsetzung nicht behilflich sein und hob die Arme, um seine Machtlosigkeit zu bekunden. »Leider sind mir die Hände gebunden, Mademoiselle, so sehr ich geneigt wäre, einer so charmanten Besucherin von Paris wie Ihnen unter die Arme zu greifen. Aber die politische und wirtschaftliche Lage ist derart verzwickt, dass von oberster Stelle eine Verfügung erlassen wurde: Alle öffentlichen Ämter in Paris dürfen nur von Personen bekleidet werden, die im Quartier Chaud geboren wurden. Infolgedessen darf mein Ministerium nur Personen aus den Quartier Chaud einstellen. Diese Politik steht unter dem Motto ›Wir zuerst‹, und da Ihr Bruder nicht einer von uns ist, kann ich bedauerlicherweise nichts für ihn tun.«
Die junge Frau schien sich von seinen Bedenken nicht im Geringsten beirren zu lassen. Sie lächelte erneut und rückte noch näher an seinen
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