Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
Aufgabe zu Ende führen, die er in Paris nicht hatte vollenden können. Heute Nacht musste Lady IMmanual sterben.
Und zwei andere auch. De Sade hatte noch ein paar eigene Rechnungen offen. Heute Nacht würde er zum Mörder werden.
Ein ernüchternder Gedanke. Bislang hatte er vor Mord immer zurückgeschreckt. Gewiss, er empfand Lust, wenn er anderen Schmerzen zufügen konnte, doch getötet hatte er noch nie jemanden. Bei dem einzigen Mal, als er sich im Maison d’Illusion als Mörder hatte betätigen wollen, hatte seine Hand dermaßen gezittert, dass er, peinlich genug, den Falschen getroffen hatte.
Sein Scheitern hatte er darauf zurückgeführt, dass Intellektuelle – und dafür hielt er sich – ihre Hände nicht gern mit Blut befleckten. Trotzdem hatte er sich insgeheim gefragt, ob er in dieser Hinsicht eine Niete war. Heute Nacht würde er endgültig eine Antwort darauf bekommen.
Lady IMmanuals Schlafgemach,
Palast der Dogaressa, Venedig
»Ein allerletztes Tüpfelchen auf dem i, Mylady«, empfahl Schwester Bella. »Eine Prise Parfüm, bevor Sie sich ankleiden.«
Schwester Florence hatte einen orientalischen Duft für die Lady ausgewählt, mit der Basisnote Vanille, einem starken Aphrodisiakum, das berühmt für seine Fähigkeit war, Leidenschaft zu erwecken. Schwester Bella tupfte ihr etwas in die Armbeugen, auf die Handgelenke und den Bauchnabel.
Unwillkürlich und trotz ihrer Ausbildung spürte Schwester Florence, während sie Schwester Bella beobachtete, wie ihre Seele vor Lust erschauerte. Wie würde es sich wohl anfühlen, diese seidenweiche Haut zu berühren, die nachgiebigen Brüste zu liebkosen und die verführerischen Lippen zu küssen … ?
Wütend schüttelte sie den Kopf, in dem Versuch, diese dummen, ja lächerlichen Gedanken zu vertreiben.
Nachdem sie parfümiert worden war, griff Lady IMmanual nach dem Kleid und zog den seidigen Stoff über ihren straffen, schlanken Körper, ehe sie sich im Spiegel begutachtete.
»Wunderbar«, sagte sie leise.
Es war in der Tat wunderbar. Das Kleid war atemberaubend, das Licht des Kamins durchdrang den Stoff, umriss die fabelhafte Figur und betonte ihre Vollkommenheit. Selbst für ImPuritanische Maßstäbe war es ein gewagtes Kleid, denn es verbarg keinen Zentimeter ihres Körpers.
Schwester Florence lächelte. Perverserweise sah Lady IMmanual darin nackter aus, als wäre sie tatsächlich nackt, die Spitze floss wie schwarzer Sirup über ihre Haut. Ein schamloses Kleid.
Es passte zu ihr.
Doch obwohl die Gedanken der Lady sich nun offensichtlich dem Eros zuwandten, hatte sich ihre Aura nicht verändert.
Diese Frau, so schoss es der beunruhigten Schwester Florence durch den Kopf, war möglicherweise völlig immun gegen sexuelle Begierde. Sie erweckte Leidenschaft, konnte sie aber selbst nicht genießen.
Bar Papillon, Paris
Zolotow sah sich in der rauchgeschwängerten Spelunke um und erkannte Garibaldi, der am Ende des Raumes in einer dunklen Ecke saß. Auch wenn er dem Mann nie begegnet wäre, hätte er ihn an seinem roten Hemd erkannt. So viel zur Geheimhaltung. Der Trottel war sich anscheinend nicht bewusst, dass seine Vorliebe für eigenartige Kleidung der Checkya bekannt war und sie ihn daher jederzeit ausmachen konnte. Doch abgesehen davon war der Kerl völlig unscheinbar. Nach Zolotows Meinung unterschieden sich Normalisten von anderen hauptsächlich durch ihren Geruch … und natürlich ihre treuherzige Blödheit.
Zolotow schlenderte an den Tisch. Garibaldi sah auf, runzelte die Stirn und tat, als hätte er ihn noch nie gesehen. »Sind Sie der Freund, der Leute kennenlernen will, die ihm helfen, dieses Land von dem Übel zu befreien?«
Zolotow war dieses ganze Mantel-und-Degen-Geschwafel, das den Normalisten so gefiel, zuwider, trotzdem schluckte er seine Verachtung hinunter und antwortete mit dem Losungswort, so ernst er konnte. »Ja, aber ich brauche Unterstützung durch die Wächter der Normalität, um meine hochgesteckten Ziele zu erreichen.«
Garibaldi lächelte breit und streckte die Hand aus. Zolotow schüttelte sie und nahm neben ihm Platz.
»Sei brüderlich gegrüßt, Genosse, es ist mir eine Ehre, mit Pawel Pawlowitsch Dazarew an einem Tisch zu sitzen, dem gewaltlosen Kämpfer für Freiheit und dem Mann, der so großzügig war, die normalistische Bewegung in Rom zu unterstützen.«
»Du bist sehr großzügig mit deinem Lob, Genosse Garibaldi«, bedankte sich Zolotow und strengte sich an, um seinen Worten ein angemessen
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