Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
»Hier habe ich ein Todesurteil für diesen Burlesque Bandstand, und ich möchte, dass Sie es ausführen.«
»Was für ein Typ ist denn dieser Bandstand, Stellvertretender Führer?«
»Er betreibt eine Kneipe in den Rookeries.«
Zolotow lachte. »Sie meinen, er ist Wirt? Na, dann muss er ja gefährlich sein, wie? Kurzer Prozess, nehme ich an?« Zolotow zog genüsslich an seiner Zigarette. »Nicht, dass ich allzu überrascht wäre. Heute kann man ja niemandem mehr über den Weg trauen, nicht einmal seinem Schuster.«
Beria war von Zolotows Spleenigkeit regelrecht schockiert und fragte sich, ob der Mann die nötige Ernsthaftigkeit besaß, um eine Mission von derartiger Bedeutung auszuführen. »Wie mir berichtet wurde, scheint sich Bandstand im Augenblick in Paris aufzuhalten, wo er Pläne zur Vernichtung des ForthRight schmiedet.«
Das war natürlich übertrieben, aber notwendig, wollte Beria vermeiden, dass am nächsten Tag jeder darüber im Bilde war, dass er von einem Kneipenwirt zum Narren gehalten worden war.
Zolotow ließ sich von den unheilvollen Andeutungen in seinen Worten nicht beeindrucken. Er saß seelenruhig auf dem Tisch, paffte seine Zigarette und baumelte sorglos mit dem Bein.
»Ich hätte gedacht, dass meine Dienste ein wenig zu … kostspielig wären, um mich damit zu beauftragen, einen dahergelaufenen Kerl wie diesen Bandstand um die Ecke zu bringen.«
Beria durchbohrte den jungen Mann mit einem finsteren Blick. »Sie können den Auftrag nicht ablehnen, Zolotow. Sie müssen ihn töten, als Dienst an Ihrem Vaterland.« Es kam keine Antwort, also sah sich Beria genötigt, eine zu improvisieren. »Sie wären doch in der Lage, diesen Mann zu töten, oder?«
Zolotow gluckste. »Die Frage, Kamerad Stellvertretender Führer, ist nicht, ob ich in der Lage wäre, den Mann zu töten, sondern ob ich gewillt wäre, ihn zu töten.«
»Gewiss würde ein loyaler Mann mit blauem … äh, arischem Blut«, korrigierte Beria sich rasch, »nicht zögern, einen Auftrag auszuführen, der das Wohl des ForthRight im Auge hat.«
»Gewiss, nur muss man in meinem Fall ›loyal‹ durch ›mittellos‹ ersetzen.«
»Ich habe Sie in jeder Hinsicht Ihrem Rang entsprechend unterstützt. Ich habe Sie praktisch eingekleidet …«
»Verehrter Kamerad Stellvertretender Führer«, unterbrach ihn Zolotow mit einer abschätzigen Handbewegung. »Wenn Sie glauben, dass ich für ein paar Anzüge und ein Paar Stiefel, die nicht einmal richtig passen, einen Mord begehe, dann sind wir grundsätzlich unterschiedlicher Meinung über den Wert meiner Dienste.«
»Was verlangen Sie?«
»Ich möchte, dass Sie Kamerad Kommissar Dolgorukow zurückpfeifen. Er droht, mir die Eier abzureißen, und da ich auf diesen Teil meiner Artillerie höchsten Wert lege, bestehe ich darauf, dass er davon abgehalten wird. Ich verlange, in die Sankt Petersburger Gesellschaft zurückkehren zu dürfen. Die Rookeries sind nicht schlecht, aber die Weiber hier sind mit Syphilis durchseucht. Und zu guter Letzt sollen mir meine Schulden erlassen werden. Die nuJu-Geldverleiher in Venedig gehen mir allmählich auf den Wecker.«
»Ich bin entsetzt über Ihre bürgerlichen Allüren.«
»Bürgerlich oder nicht, sind Sie einverstanden?«
»Ja.«
»Dann bin ich Ihr Mann.«
Beria warf Zolotow ein in Leder gebundenes Dossier zu. »Darin finden Sie alles, was Sie über Burlesque Bandstand wissen müssen.«
Zolotow blätterte hastig die Seiten durch. »Das Dossier ist ja furchtbar dick.«
»Ich weiß, Sie haben eine Aversion gegen Arbeit, Zolotow, trotzdem rate ich Ihnen, die Seiten genau zu studieren. Täuschen Sie sich nicht, Burlesque Bandstand ist mit allen Wassern gewaschen.«
»Haben Sie auch ein Bild von dem Kerl?«
»Leider nicht, nur das hier …«
Er machte einem Diener ein Zeichen, und wenig später wurde ein seltsamer Mann hereingeführt. Er war ungemein groß und fett, trug einen lächerlich schäbigen Anzug und sah aus wie ein wandelnder Abfallhaufen. »Der Mann hier war ein früherer Partner von Burlesque Bandstand.«
»Ach wirklich?«, entgegnete Zolotow, während er zweifelnd die Stirn runzelte. »Ich frage mich, ob es einen Namen hat, aber vermutlich kann das … Ding nicht einmal sprechen.«
»Also«, sagte Beria. »Wie heißen Sie?«
»Maurice Merriment, Kamerad, Euer Majestät, Stellvertretender Führer, Sir. Ich bin Entertainer.«
»Wirklich?«, sagte Zolotow. »Und wen unterhalten Sie, abgesehen von den Läusen, die sich bei Ihnen
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