Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
auf Pflastersteinen. Norma erstarrte und hielt den Atem an. Sie hörte Schreie in einer seltsamen Sprache. Die Stimmen klangen wütend. Die Vampire suchten sie … traten gegen Mülleimer … rüttelten an Türen. Sie sah sich nach einer Waffe um, einem Stock, einer Flasche – irgendetwas, das ihr Handicap verringerte. In diesem Augenblick merkte sie, dass dichter Nebel an ihren Knöcheln aufstieg.
Nebel? Kein Wunder, dass Bela Lugosi und seine Kumpel so verzweifelt nach ihnen suchten. In ein paar Minuten würden Vanka und sie in der Suppe gänzlich untergehen. Sie mussten sich nur still verhalten, dann würde die Waschküche sie vor den Assassinen retten. Norma biss vor Schmerz die Zähne zusammen und wartete. Lange quälende Minuten vergingen. Dann …
»Okay«, flüsterte Vanka. »Ich glaube, sie sind weg.« Inzwischen konnte man die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Er kam aus dem Versteck, sah sich hastig um und schlich in geduckter Haltung voraus. Hundert Schritte weiter bogen sie um eine Ecke, und dann standen sie vor dem Moulin Rouge im Schein einer Gaslampe, die den dichten Nebel durchdrang.
»Mannomann, Vanka, dein Sinn für Geschmack hat aber ganz schön nachgelassen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Siehst aus, als wärst du gerade aus der Bastille getürmt«, erklärte Josephine Baker, während sie elegant wie eh und je vor ihnen saß und zusah, wie ihre beiden Gäste Kaffee tranken.
»Tja, da liegst du gar nicht so falsch.«
»Weiß ich. Hab vor einer Weile eine entsprechende Nachricht erhalten.«
Vanka runzelte die Stirn. Wenn sich die Nachricht von ihrer Flucht aus der Bastille derart schnell verbreitete, hatten sie es mit einem ausgezeichneten Nachrichtendienst zu tun. Vanka fragte sich, wer Josephine Baker wirklich war. Auf alle Fälle mehr als die Tänzerin, als die sie sich ausgab.
»Und wer ist die nouvelle Zerbrechliche?«, fragte Josephine und zeigte mit dem Kopf auf Norma. »Donnerwetter, Vanka, Monogamie scheint nicht dein Fall zu sein. Du wechselst ja die Frauen wie die Hemden.«
»Das ist Miss Norma Williams, eher so was wie ein Klotz am Bein als meine Freundin.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, bereute er sie schon. Das war unter der Gürtellinie gewesen. Norma wurde knallrot.
»Du hast recht, Vanka. Ich habe keine Freunde, nicht wahr? Du aber auch nicht, also passen wir vielleicht ganz gut zusammen.« Sie warf Josephine ein mattes Lächeln zu. »Hören Sie nicht auf ihn, Miss Baker. Darf ich mich bei Ihnen bedanken, dass sie uns Unterschlupf gewährt haben?«
»Nicht der Rede wert, Schätzchen. Ist mir eine Ehre, den berühmten Vanka Maykow bei mir zu haben.« Josephine zwinkerte Norma zu. »Aber wie immer, Vanka Baby, kommst du zum ungelegensten Zeitpunkt.« Sie zeigte mit der Hand auf die Männer und Frauen, die dabei waren, Kisten und Truhen zu packen, Kulissen abzubauen und Kleiderstangen mit Kostümen hin und her zu schieben. Es sah ganz danach aus, als würde das Moulin Rouge aufgelöst.
»Ist die Saison zu Ende?«, fragte Vanka.
»So könnte man es ausdrücken. Das Quartier Chaud ist am Ende, wäre richtiger. Es heißt, die Armee des ForthRight marschiert morgen früh in Paris ein, da macht sich meine Wenigkeit lieber aus dem Staub. Mit deiner Hilfe, Vanka, habe ich vor einigen Wochen einen Vorgeschmack auf die Jungs in der Checkya gehabt und konnte sie mir nur mit meinem Diplomatenpass vom schwarzen Arsch halten – weil der Berliner Bürgermeister seiner Frau die Nachricht, dass er sich mit einer zerbrechlichen Shade vergnügt hatte, nicht zumuten wollte. Apropos Shades. Ich hab gute Neuigkeiten für dich, Vanka Baby. Ella hat es ebenfalls aus der Bastille geschafft.«
Vanka atmete erleichtert auf. Seit Norma und er aus der Bastille getürmt waren, hatte er an nichts anderes denken können.
»Allerdings hab ich keine Ahnung, wie es ihr geht. Die Burschen haben sie ganz schön in die Mangel genommen. Ein Dreckskerl namens Mengele ist sogar extra aus dem ForthRight angereist. Er hat sie an eine Maschine mit galvanischerEnergie angeschlossen und voll aufgedreht.«
»Man hat sie gefoltert?« Daran hatte Vanka gar nicht gedacht. Vielleicht war das der Grund, dass sie sich so seltsam benommen hatte.
»Und ob. Heydrich war so angepisst von ihr, dass er de Torquemada befohlen hatte, ihr mal richtig Feuer unterm Arsch zu machen. Mann, dieser Typ ist ein echter Kotzbrocken.«
»Aber sie ist okay.«
»Keine Bange, Vanka, deine Kleine ist Gold wert.«
»Du
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