Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
entdeckte sie eine Tür, die auf die Straße hinter dem Tanzsaal führte. Ein kräftiger Stoß mit der Schulter, und sie sprang auf.
Durchnässt von einem plötzlichen Regenschauer ging Lady IMmanual mit großen Schritten durch die schmalen Gassen, weg von Chaos und Gewalt, in denen das Maison d’Illusion versank. Dabei sah sie sich in der Dunkelheit ständig nach allen Seiten um und versuchte zu erkennen, ob Berias Kryptos ihr auf den Fersen waren.
Natürlich durfte sie nicht vergessen, dass auch die Grigori mit von der Partie waren. O ja, sie hatte sie sofort erkannt, sogar noch ehe Schwester Florence auf sie gezeigt hatte. Schließlich hatte sie selbst diese perfektesten Killermaschinen erschaffen, die die Neun Welten jemals gesehen hatten.
Bei diesem etwas beunruhigenden Gedanken legte sie einen Zahn zu, bis der Lärm des Tumults im Maison d’Illusion hinter ihr verebbte. Jetzt hörte sie nur noch das Geräusch ihrer Sandalen auf dem Kopfsteinpflaster. Als sie schließlich sicher war, dass ihr niemand gefolgt war, blieb sie kurz unter einer Gaslaterne stehen, um die Lage zu analysieren und zu überlegen, was sie als Nächstes tun sollte. Doch so sehr sie sich anstrengte, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ihr Herz raste vor Aufregung, zudem bebte sie vor ungestillter Begierde.
Begierde ? Tja, das war ein Gefühl, das sie schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr erlebt hatte.
Ihr Zwischenspiel mit Zolotow hatte die Erinnerung daran geweckt, wie es war, Männer zu beherrschen und sie nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Die Lust war mit einem Hauch von Gefahr gewürzt gewesen – selbst Göttinnen konnten sterben –, und Gefahr war eins der mächtigsten Aphrodisiaka überhaupt. In der kalten Nachtluft fröstelnd versuchte sie, sich zu beruhigen. Sie war froh, dass sie im Maison d’Illusion den Umhang anbehalten hatte, und noch froher, Schwester Florences Derringer in seiner Tasche zu finden.
Die Frage lautete nun, in welche Richtung sie gehen sollte. Die Antwort war schwierig, da ihr PINC nicht mehr funktionierte. Zum Glück sah sie von dort, wo sie stand, die Spitze des Eichelturms in der Ferne, sodass sie sich orientieren konnte. Rom lag im Süden.
Sie schloss die Hand um den tröstlich schweren Gehstock, sah sich kurz um und vergewisserte sich, dass die Straße immer noch leer war – der Regen und die späte Stunde hatten selbst die hartnäckigsten MummenSchanz-Anhänger nach Hause getrieben. Dann marschierte sie in die Richtung, von der sie hoffte, sie böte ihr Sicherheit.
Ihrer Schätzung nach konnte sie höchstens noch eine Meile von Rom entfernt sein, als sie plötzlich hinter sich auf der Straße das Klacken von Absätzen hörte. Die Nacht war kalt und klar, sodass das scharfe Geräusch eisenbeschlagener Stiefel auf dem Kopfsteinpflaster in der Dunkelheit weit trug.
Die Lady beschleunigte ihren Gang, daraufhin wurden auch die anderen Schritte schneller. Sie bog mal nach rechts, mal nach links ab in dem Gewirr schmaler Gassen, konnte ihre Verfolger jedoch nicht abschütteln. Sie kamen immer näher. Offensichtlich waren es drei, und mittlerweile hatten sie nur noch eine Minute Abstand.
Versuchsweise schwang sie den Gehstock, und da fiel ihr etwas auf. Als sie den silbernen Knauf drehte, hörte sie ein Klicken, mit dem er sich löste. Wie sie vermutet hatte, steckte ein Degen in dem Stock. Triumphierend zog sie die dünne scharfe Klinge aus der Scheide. Der Degen war ein bisschen leicht für ihren Geschmack, aber äußerst nützlich, falls es zum Kampf kam. Noch während sie sich über ihr Glück freute, wandte es sich gegen sie. Sie blickte auf und erkannte, dass sie in eine Sackgasse geraten war. Am Ende standen zwei große Tore aus Holz. Sie saß in der Falle.
Während sie sich noch fieberhaft nach einem Fluchtweg umsah, hörte sie, wie ihre Verfolger in dieselbe Gasse einbogen. Zwei riesige Grigori, deren Schatten sich vor einer Gaslaterne abhoben, kamen auf sie zu. Sie bewegten sich mit der Leichtigkeit von Tänzern, doch die langen Klingen in ihrer Hand ließen darauf schließen, dass der Tanz, den sie aufzuführen gedachten, keine Chance hatte, in den Pariser Salons zur Mode zu werden.
Grigori …
Lady IMmanual kannte sie gut. Es waren alte Freunde … aber auch alte Gegner. Dreitausend Jahre lang hatte sie sie gezüchtet, und von Generation zu Generation waren sie stärker, unerbittlicher und Furcht erregender geworden. Sie waren grausame Krieger, die schrecklichste
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