Der Widerstand
der Lage, den Shongairi die Bedürfnisse der Menschen zu vermitteln, um deren Situation zu verbessern. Dabei wurde Dvorak eines deutlich: Hätten sie die Menschen gut genug verstanden und hätten sie ihnen dieses gleiche Arrangement gleich nach ihrer Ankunft vorgeschlagen, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen.
Aber anstatt uns wissen zu lassen, dass ihr die Erde gefunden habt, bringt ihr erst mal ein paar Milliarden Menschen um, überlegte er. Ich weiß ja nicht, aber irgendwie tut man sich selbst keinen Gefallen, wenn man es sich erst einmal mit den überlebenden Verwandten und Freunden der Opfer verscherzt hat.
Der Gedanke huschte unter der Oberfläche seines Bewusstseins vorbei, während er seine Waffe überprüfte. Er hatte seine Barrett mitgebracht, obwohl bei diesem Mistwetter keine Schüsse über große Distanzen möglich waren. Der Regen verhinderte, dass er überhaupt weit genug sehen konnte, um ein Ziel zu erfassen. Andererseits hatte das Gewehr die gewohnte Mannstoppwirkung zu bieten, und er konnte mehr als einen Beweis dafür anführen, dass sich mit ihr Shongair-Fahrzeuge und -Drohnen ausschalten ließen, aber auch von Menschen gesteuerte Fahrzeuge.
Was hoffentlich keine Rolle spielen wird, dachte er in einem gebetsähnlichen Unterton.
»Jesus, ich hasse dieses verdammte Wetter«, knurrte Wilson.
»Nach meinem Geschmack ist es auch nicht«, räumte Dvorak schnaubend ein. »Aber wenn Dennis und Sam recht haben, dann stört das ihre Thermaldetektoren. Außerdem glaube ich, dass ihre optischen und Restlicht-Geräte es nicht mit unseren aufnehmen können.«
»Ja, ja«, murmelte Wilson. »Bla, bla, bla.« Dann drehte er sich zu seinem Schwager um und sah ihn mit zerknirschter Miene an. »Tut mir leid. Ich weiß, du kannst dich für das Zeugs richtig begeistern, und ich schätze, es ist auch gut, solche Dinge zu wissen. Aber ich muss immer nur an Kinder denken, die auf Friedhöfen spielen. Weißt du, was ich meine?«
»Ja, verdammt gut sogar«, versicherte Dvorak ihm. »Und du hast auch recht. Ich will wirklich daran glauben, dass die Dinge so sind, aber es ist eben nicht nur Wunschdenken.«
Wilsons Augen hatten wieder die Stelle erfasst, an der die Hannah Ford Road in die US-64 einmündete, dennoch nickte er. Irgendwie und vor allem, ohne dass sie jemals eine solche Absicht verfolgt hatten, waren die beiden zu einer Schaltstelle für Informationen geworden. Höchstens dreißig bis vierzig Leute außerhalb ihrer unmittelbaren Familie wussten von der Existenz beziehungsweise vom genauen Standort der Hütte, aber diese dreißig bis vierzig Leute kannten wiederum erstaunlich viele andere Leute, die sich mit Dingen beschäftigten, von denen die Shongairi ganz sicher nicht begeistert gewesen wären. Und die anderen Leute, die sie kannten, hatten wiederum Kontakte zu anderen Leuten, die wieder weitere Leute kannten. Das Geflecht aus direkten und indirekten Kontakten erstreckte sich mittlerweile über die westliche Hälfte von North und South Carolina bis in den Osten von Tennessee hinein. Etliche Leute hatten mittlerweile erkannt, dass sie gegenüber den Dvoraks oder den Wilsons nur von einem Problem erzählen oder irgendeine Frage stellen mussten, und irgendwie würde das schon an die richtige Person gelangen, die dazu etwas sagen konnte, was dann auf dem gleichen Weg zu den ursprünglichen Fragestellern zurückkehrte.
Zuerst war Dvorak und Wilson gar nicht bewusst gewesen, was sich da abspielte. Andernfalls hätten sie womöglich sofort versucht, dem Ganzen einen Riegel vorzuschieben, schließlich sollte die Hütte als Versteck für die Familie dienen, nicht aber als das Nervenzentrum einer Guerillabewegung. Als es ihnen endlich auffiel, war es längst zu spät, um noch dagegenzusteuern. Abgesehen davon hatten sie ohnehin stets darauf geachtet, dass sich jegliche Operationen des lokalen Widerstands möglichst weit von der Hütte entfernt abspielten.
Selbst wenn die Sicherheit ihrer Ehefrauen und Kinder gar kein Thema gewesen wäre, hätten sie allein aus logischen Erwägungen so handeln müssen. Dvorak war nie beim Militär gewesen, und auch wenn Wilson ein ausgebildeter Scharfschütze war, hatte er nie bei irgendwelchen besonderen Operationen mitgemacht. Trotzdem war ihnen beiden klar, dass an oberster Stelle der Schutz der eigenen Kommunikationsknotenpunkte stand. Wenn das ein zusätzlicher Grund war, die Familie so weit wie möglich aus allem herauszuhalten, was ihnen schaden konnte, dann
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