Der Widerstand
den Anker mit, dann hat sie was, womit sie ihn beschweren kann, wenn sie ihn von Bord stößt. Weißt du was, nimm doch gleich noch einen Anker mit. Ich möchte wetten, sie weiß damit auch noch was Sinnvolles anzufangen.«
»Militärs sammeln ihre Erfahrungen nicht, indem sie sich ohne Grund in feindliches Feuer begeben«, ließ er sie wissen. »Außerdem interessiert er sich im Moment viel zu sehr für Hockey, als dass ich ihm Basketball schmackhaft machen könnte.«
»Wie der Vater, so der Sohn«, sagte Vladislava. »Wie bist du überhaupt auf Basketball gekommen?«
»Na, wenn er dafür groß genug ist, wird er beim Basketball auf dem Platz seltener einen Zahn verlieren«, philosophierte Pieter. »Außerdem besitzt er die nötige Auge-Hand-Koordination für das Spiel. Und wenn wir uns entschließen, Aldokims Angebot anzunehmen, dann ist es auch eine Frage des Gehalts. Ein Profi-Basketballer verdient mehr als ein Hockeyprofi, wie ich gehört habe.«
»Willst du das denn wirklich machen?«, fragte Vladislava.
»Ich weiß es nicht, Slavachka«, antwortete er und strich mit einer Hand über ihr weizenblondes, langes Haar. »Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich muss gestehen, dass es mir in der letzten Zeit immer verlockender erscheint.«
»Aber die Armee ist doch immer dein Leben gewesen, Pieter.« Sie zog Grigori in ihre Arme und legte leicht das Kinn auf seinen Kopf, während sie ihrem Ehemann in die Augen sah. »Du hast fünfzehn Jahre in diese Karriere investiert.«
»Und ich habe es bis zum Captain geschafft«, konterte er mit einem schiefen Lächeln.
»Der Colonel schwört, dass du der Nächste auf der Warteliste zum Major bist.« Ihre Bemerkung ließ ihn mit einem Schnauben antworten.
»Vielleicht werde ich Major, vielleicht auch nicht. Oh, ich glaube nicht, dass er lügt, aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass die Beförderung unter den momentanen Umständen an jemanden gehen wird, der den Oberen genehmer ist. Du weißt doch, Slavachka, ich habe zu vielen Leuten auf den Schlips getreten.«
Eine Weile sagte sie nichts, sondern ließ den Kopf sinken und drückte ihr Gesicht in das süßlich riechende, goldblonde Haar des Kindes. Was Peter gesagt hatte, stimmte natürlich, überlegte sie. Seine pro-westliche Einstellung, aus der er keinen Hehl machte, hatte sicherlich genügt, um nach den jüngsten Wahlen seinen Chancen auf eine Beförderung einen Dämpfer zu versetzen. Nein, das wahre Problem war sein Abstecher ins Büro des Generalinspekteurs.
Pieter Ushakov war erst sechsunddreißig, er war noch ein Teenager gewesen, als die damalige Sowjetunion zerfiel, und solange die Ukraine Teil der UdSSR gewesen war, hatte er dort nicht im Militär gedient. Er gehörte zu einer völlig neuen Generation von Offizieren – ukrainische Patrioten und Nationalisten, die entschlossen waren, eine ukrainische Streitmacht zu schaffen, um ihr Land zu beschützen.
Grundsätzlich hatte das Militär Herausragendes geleistet, als es exakt die Art von Nationalarmee aufbaute, die es auch anstrebte. Diese Armee hatte allen Grund, auf sich stolz zu sein, doch die Aufgabe war so gewaltig gewesen und so komplex, dass unweigerlich ein paar Fehler hatten passieren müssen. Menschen waren nun einmal Menschen, und sie neigten beharrlich dazu, auf sich selbst aufzupassen, ihre kleinen Reiche zu beschützen, ihre persönlichen Loyalitäten zu pflegen und ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Das hatte zu diversen Problemen geführt, die Pieter als junger, fähiger und sehr patriotischer Offizier aus der Welt schaffen sollte. Er hatte diesen Job ohne mit der Wimper zu zucken erledigt, so wie er es mit all seinen Befehlen machte. Und das hatte nach Vladislavas Meinung für alle Beteiligten unausweichliche Konsequenzen nach sich gezogen.
Er hatte zu vielen Leuten auf die Füße getreten, Vetternwirtschaft aufgedeckt, Seilschaften entlarvt und zu viele Spuren verfolgt, die zu einer Reihe von hochrangigen Offizieren geführt hatten, die noch immer all zu enge Bindungen zum russischen Militär unterhielten. Zu der Zeit war er gerade erst zum Captain befördert worden, aber er hatte seine Aufgabe ernst genommen, und die altgedienten Militärs hatten ihn nicht dazu bringen können, den Mund zu halten. Stattdessen gelang es ihnen aber, ihn von einem Tag auf den anderen wieder in einen Kampfeinsatz zu schicken, was sie mit einem lauten erleichterten Seufzer kommentiert hatten.
Trotz dieser Aktion war Vladislava nicht bewusst gewesen, dass
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