Der Widerstand
International Airport »stationiert«. Der Flughafen war früher einmal die Plattsburgh Air Force Base gewesen, und die meisten Gebäude der Air Force standen sogar noch, auch wenn sie für die zivile Verwendung umgewandelt worden waren. Auch die 3,6 Kilometer lange Betonlandebahn erfüllte mühelos die Anforderungen einer F-22.
Und deswegen lebten Torino und seine Kollegen noch … zumindest für den Augenblick.
Es war schon eigenartig, dass das jetzt längst nicht mehr so wichtig zu sein schien wie noch vor drei Ta g e n.
Er hob den Kopf und sah sich im improvisierten Bereitschaftsraum um. Die anderen Piloten saßen ebenfalls schweigend da, jeder ging seinen düsteren Gedanken nach. Keiner von ihnen wusste, wie schlimm es wirklich war, aber ihnen war auch so schon mehr als genug bekannt. Sie wussten, dass Langley und der Rest der Staffel ausgelöscht worden waren – mitsamt ihren Familien. Sie wussten, Washington war zerstört worden, und weder die Präsidentin noch der Vizepräsident waren lebend dort rausgekommen. Sie wussten, die Shaw Air Force Base – die Heimatbasis der Ninth Air Force – war ausradiert worden, und mit ihr das Kontroll- und Kommandozentrum der Luftabwehr des Eastern Seaboard. Vandenberg, Nellis und mindestens ein Dutzend Basen der Air Force existierten ebenfalls nicht mehr. Fort Bragg war fort, zusammen mit Fort Jackson, Fort Hood, Fort Rucker, Navy Air Station Oceana, NAS Patuxent River, Marine Corps Air Station Cherry Point, MCAS Beaufort …
Diese Liste ließ sich noch beliebig fortsetzen. An einem verheerenden Nachmittag waren die Vereinigten Staaten als Militärmacht mit tödlicher Präzision ausgelöscht worden, und Gott allein wusste, wie viele Millionen Zivilisten dabei umgekommen waren. Was machten da schon eine Frau und drei Kinder aus … auch wenn ihr Nachname Torino gewesen war?
Wieder betrachtete er seine Hände. Soweit er wusste, waren er und diese drei Piloten alles, was noch vom Air Combat Command übrig geblieben war. Sie waren der Rest, und wer immer diesen Angriff ausgeführt hatte, vier Fighter würden denjenigen nicht aufhalten können, wenn der Aggressor seinen nächsten Schritt unternahm.
Aber wer hatte das getan? Und wie war es ihm gelungen? Auch wenn die Gerüchteküche immer wieder die Iraner ins Spiel brachte, konnten sie so etwas nicht auf die Beine gestellt haben. Aber wer dann?
Die Tür zur vormaligen Pilotenlounge von Direct Air flog auf und knallte so laut gegen den Türstopper, dass Torino unwillkürlich hochsah. Er erkannte den Mann wieder, der dort stand. Er war der Leiter des Büros, das der Heimatschutz hier im Flughafen eingerichtet hatte. Vergeblich versuchte Torino, sich an den Namen des Mannes zu erinnern.
»Major Torino!«, brüllte der Neuankömmling förmlich.
»Was ist?«
»Hier.« Der andere Mann hielt ihm ein Mobiltelefon hin. »Er muss Sie dringend sprechen!«
Torino nahm das Gerät entgegen und hielt es sich ans Ohr. »Wer ist da?«, fragte er argwöhnisch.
»Torino? Major Torino, US Air Force?«, erkundigte sich eine raue Stimme.
»Ja. Wer zum Teufel sind Sie?«
»Oh, Gott sei Dank.« Die Stimme schwieg einen Moment lang, als müsse sich der Sprecher erst sammeln. »Hier spricht Rear Admiral James Robinson, Naval Network and Space Operations Command. Seit drei Stunden bin ich auf der Suche nach irgendjemandem, der noch über Luftabwehrfähigkeit verfügt, und Sie sind der Einzige, den ich bislang ausfindig machen konnte.«
Torino kniff die Augen zusammen. Mittlerweile war NAVSPACECOM in erster Linie eine zentralisierte Datenverarbeitungseinheit für das Joint Functional Command Component for Space des USSTRATCOM, die 2006 eingerichtet worden war, um alle Weltraumüberwachungssysteme der Vereinigten Staaten unter einem Dach zusammenzufassen. Aber das Hauptquartier von JFCC SPACE befand sich in Vandenberg, oder besser gesagt: Es hatte sich dort befunden, doch Vandenberg existierte nicht mehr. Allerdings war NAVSPACECOM bis 2004 das ursprüngliche Hauptquartier für die Naval Space Command Surveillance der Navy gewesen, und es hatte seitdem weiterhin als Reserve für das Space Command Center gedient. Wenn er sich nicht irrte, war es in Dahlgren, Virginia, angesiedelt, rund hundert Meilen nördlich von Norfolk. Allem Anschein nach war es von dem mysteriösen Angreifer bei seinem vernichtenden Schlag gegen die Staaten schlichtweg übersehen worden. Abgesehen von der Landebahn des Naval Surface Warfare Center gab es dort auch nicht
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