Der Widerstand
vor der Fighter, der allen anderen auf der Welt überlegen war. Die Maschine hatte die niedrigste Radarsignatur, und sie besaß den besten Abfangradar; das neuartige Infrarot-Erfassungssystem war so gut, dass es den Russen die Führungsrolle auf diesem Gebiet abgenommen hatte. Beim »Supercruise« war es im Vergleich zu einem »trockenen« Überschallflug in der Lage, ohne den enormen Treibstoffverbrauch des Nachbrenners einsetzen zu müssen. Sie war damit um fünfundsiebzig Prozent schneller als eine F-35 im »trockenen« Flug, sodass ihr Einsatzradius deutlich größer war, und mit dem Nachbrenner konnte sie mühelos Mach 2 erreichen. Außerdem ließen sich mit ihr genauso leicht Ziele am Boden treffen wie mit einer F-35 – und sie war sogar noch besser darin, in verteidigten Luftraum einzudringen.
Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die F-22 seit 2005 im Einsatz war und die F-35 noch immer ganz erheblich hinter ihrem vorgesehenen Zeitrahmen hinterherhinkte. Und nicht zu vergessen die interessante Neuigkeit, dass der Kongress mittlerweile überlegte, ob man nicht die Produktionszahl der F-35 zurückschrauben sollte, weil die Kosten aus dem Ruder liefen. Nach Torinos Meinung entbehrte diese Möglichkeit nicht einer gewissen ironischen Gerechtigkeit, auch wenn dieses Ergebnis niemanden überraschen konnte, ausgenommen jene Leute, die auch an Elfen und verzauberte Prinzen glaubten.
Der wahre Grund für die Beschränkung der Raptor-Produktion auf weniger als zweihundert Maschinen war der, dass niemand damit gerechnet hatte, auf absehbare Zeit mit anderen Fighter-Piloten der fünften Generation konfrontiert zu werden. Gerechnet hatte man dagegen damit, in weniger konzentrierten Konflikten Bomben und Lenkmunition auf Bodenziele in Ländern wie Afghanistan abzuwerfen – daher auch der Schwerpunkt auf der Lightning mit ihrer Fähigkeit, Abwehrsysteme am Boden auszuschalten, nicht aber andere Kampfflieger, die ihnen in der Luft begegneten. Und da alle Budgets irgendwann erschöpft sind, konnte sich nicht einmal das US-Militär einfach alles kaufen, was es haben wollte, wobei für die F-35 einiges mehr an »Gemeinsinn«, sprach. Die Navy und die Marines benötigten dringend Ersatz für die A-6, die F/A-18 und den Harrier, und auf diese Weise konnten sie zumindest einen Teil ihres Bedarfs auf Kosten der Air Force decken. Und dann waren da auch noch die vielen anderen Nationen, die man in das Beschaffungsprogramm eingebunden hatte und die halfen, die Kostenbelastung auf mehrere Köpfe zu verteilen, während der Kongress den Verkauf der F-22 nach Übersee ausdrücklich verboten hatte.
Das alles erklärte, warum »Longbow« Torino sich so unglaublich glücklich fühlte, als er erfuhr, dass er einer von den Piloten sein würde, die diese Maschine tatsächlich fliegen durften. Nachdem er der 27. Jagdstaffel der First Air Wing zugeteilt worden war, hatte er Helen und die Kinder in ein teures Lokal ausgeführt und fast zweihundert Dollar für ein Abendessen ausgegeben. Nach seiner Hochzeit und der Geburt seiner Kinder war das für ihn der größte Tag seines Lebens gewesen.
Ein Leben, das ihm mit einem Mal unerträglich leer vorkam, als er in dem unbequemen Plastiksitz Platz genommen hatte und auf seine Hände starrte, während er das Unmögliche zu erfassen versuchte.
Er und drei weitere Piloten waren drei Tage zuvor unfeierlich aus ihren Unterkünften auf der Langley Air Force Base geschmissen worden. Colonel Ainsborough, der befehlshabende Offizier der First Air Wing, behauptete zwar, er habe Torino ausgesucht, um diese Vierergruppe anzuführen, weil der Major der beste Mann für den Job war, doch Torino hatte diese Worte mit einer gewissen Skepsis aufgenommen. Aber er hatte sich auch nicht beschwert, obwohl es bedeutete, dass er den Geburtstag seines ältesten Sohns verpassen würde. Nach dem gerüchteweise behaupteten massiven Angriff auf die geschützten Datenbanken des Verteidigungsministeriums (und – wie man sich hinter vorgehaltener Hand im Flüsterton erzählte – auch auf fast alle Datenbanken ihrer Verbündeten) war es nur richtig, zumindest einen Teil des Luftabwehrkontingents auf solche Basen zu verlegen, die in ihrer Bedeutung für das Militär nicht an oberster Stelle standen. Außerdem musste irgendjemand diese Aufgabe erledigen.
Aus diesem Grund hatte man Torino, seinen Rottenflieger Captain »Killer« Cunningham, zwei weitere Piloten der 27. Staffel sowie ein Wartungsteam auf dem Plattsburgh
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