Der Widerstand
Nähe zum Ufer einen scharfen Knick und folgte dem Verlauf eines zehn Meter hohen Hügelkamms, wo sie vor Hochwasser geschützt war. Der Hang bis hinauf zur Straße war mit Büschen und Gestrüpp bewachsen, die Blätter hatten durch die Trockenheit braune Ränder und hingen schlaff an den Zweigen, während östlich des Flusses das fast schon erschreckende Grün der bewässerten, bestellten Felder zu sehen war.
Die übrigen elf Panzer seiner eigenen Delta-Kompanie sowie die zwölf M2A3-Bradley Infanterie-Kampffahrzeuge von Captain Aldo Altabanis Alpha-Kompanie standen am Fuß dieses Hangs verteilt, die Nase nach oben gerichtet, verborgen unter Planen, Netzen sowie abgetrennten Ästen und Bündeln aus Weizenhalmen, die auf dem Ackerland hinter ihnen bereits geerntet, aber noch nicht abtransportiert worden waren.
Gutierrez war sich mit Unbehagen der Tatsache bewusst, dass die traditionell bei den US-Streitkräften liegende Fähigkeit, auf eine überlegene Unterstützung aus der Luft zurückzugreifen, diesmal aufseiten des Gegners war. Das zog Konsequenzen nach sich, über die er eine ganze Weile nicht zu intensiv nachzudenken versucht hatte. Er wusste auch, dass die Gegenseite wahrscheinlich über weitaus bessere Aufklärungsfähigkeiten verfügte als sein Bataillon, aber er konnte zumindest darauf hoffen, dass der Alte sie noch rechtzeitig in Deckung gebracht hatte. Und wenigstens waren seine Panzer im Gegensatz zu denen von Captain Adamakos’ Force Anvil nicht unter einer Lage Dreck verschwunden.
Die Displays von Peggys Systemen erwachten zum Leben und leuchteten mit einem kurzen Flackern auf. Sie hatten etwas besänftigend Vertrautes an sich, trotzdem wusste er, dass dieser Kampf der seltsamste sein würde, in den er jemals verwickelt worden war, und das nicht nur, weil sie diesmal gegen glupschäugige Monster aus dem Weltall kämpfen mussten. Das komplexe elektronische Geflecht, das die verschiedenen Einheiten des Bataillons zu einem geschlossenen Ganzen vernetzte, war abgeschaltet worden. Von Colonel Sanders selbst abgesehen waren sie alle zur Funkstille verpflichtet, bis der Colonel persönlich einen anderslautenden Befehl erteilte. Auch die JBCP-Verbindungen, mit deren Hilfe der Commander einzelner Einheiten die Positionen ihrer jeweiligen Panzer überwachen konnte, standen bis auf Weiteres nicht zur Verfügung. Nicht einmal der Radarscan des Quick-Kill-Raketenabwehrsystems der Fahrzeuge konnte benutzt werden. Von keinem Objekt wurde mehr ausgestrahlt als unbedingt nötig. Daher waren auch die Motoren abgestellt worden. Zugegeben, es sparte auch Treibstoff, aber in erster Linie verwandelte diese Maßnahme den Panzer in einen reglosen Metallklotz. Der konnte zwar von einem Magnetometer erfasst oder von einem den Boden abtastenden Radar bemerkt werden, aber das war auch schon das Einzige, was sich nicht mit eigenen Maßnahmen verhindern ließ.
Sogar die drei zur Alpha-Kompanie gehörenden M106A4 Mörsergranaten, die in fünfhundert Metern hinter den Fahrzeugen eingegraben waren, hatten sie auf reinen Empfangsmodus eingestellt, was zur Folge hatte, dass sie nicht auf die gesamte Bandbreite ihrer Feuerkontrollsysteme zugreifen konnten. Dafür wäre eine GPS-Verbindung notwendig gewesen, aber im Rahmen der EMCON-Maßnahmen hatte Colonel Sanders angeordnet, dass alle GPS-Übertragungen bis auf Weiteres untersagt sein sollten. Die Schnittstelle des Commanders funktionierte aber als auf sich gestellter Ballistikcomputer genauso gut, außerdem hatten sie die altmodischen Zielvorrichtungen hervorgeholt. Des Weiteren erhielten sie von den Drohnen Daten übermittelt, die an die Zeichentische für die Feuerunterstützung des Zugs weitergeleitet wurden. Gutierrez war auch der Meinung, dass die 120-Millimeter-Mörser wahrscheinlich für sich selbst sprechen würden. Jedenfalls, solange sie durchhielten.
Trotzdem wäre es schön, wenn wir Zugriff auf alle Displays hätten, überlegte er, während er seine passiven Beobachtungssysteme nicht aus den Augen ließ. Er hatte das Bild nur auf schwache Beleuchtung eingestellt, und momentan sah er nur kleine Bäume und Büsche vor dem Hintergrund eines ruhigen, tiefblau bis schwarz eingefärbten Himmels. Im Osten schimmerte ein schwacher milchiger Schein, der den aufgehenden Mond ankündigte. Natürlich würde diese Ruhe nicht mehr lange anhalten.
Er konnte es spüren oder hören … es waren die eigenartigen Schwingungen, von denen Raven One im Gespräch mit Colonel Sanders
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