Der wilde Planet

allem war Holloway für einen Moment verwirrt. Baby war nicht im Haus gewesen, als er gegangen war, und er hatte alle Fenster geschlossen, damit weder die Eidechsen noch die Fuzzys hineinkamen. Es konnte nicht sein, dass Baby im Haus gestorben war.
    Dann erinnerte er sich an die Kugel in Pintos Leiche. Baby war nicht im Haus gewesen. Der Fuzzy war hier abgelegt worden.
    Holloways Blick fiel auf seinen verkohlten Hut, der an der Überwachungskamera klebte.
    Wieder ging ein Ruck durch sein Gehirn. Holloway entfernte sich von den Trümmern seines Hauses und lief zu seinem Gleiter. Er riss sein Infopanel aus der Halterung, bevor er sich auf den Sitz fallen ließ. Seine Finger spielten über die Oberfläche und riefen die Aufzeichnungen der Überwachungskamera ab. Die letzten paar Stunden mussten noch gespeichert sein. Seit Holloway die Kamera das letzte Mal berührt hatte, war der Hut so geneigt, dass sie alles aufzeichnete, was draußen geschah.
    Das Videofenster öffnete sich. Der Blick nach innen war durch den Hut verdeckt, aber der Landeplatz war durch das Fenster klar und deutlich zu erkennen. Holloway spulte ungeduldig eine Stunde vor, in der nichts geschah, dann musste er ein Stück zurückgehen, als ein Gleiter landete und ein Mann ausstieg.
    Holloway stoppte und zoomte das Gesicht des Mannes auf dem Standbild heran. Nichts. Er trug eine Skimaske. Holloway fragte sich, wozu jemand auf einer Dschungelwelt eine Skimaske brauchte, doch dann erinnerte er sich daran, dass ZaraCorp weit im Süden eine Mine in einer kälteren Gebirgsregion betrieb. Im Kaufhaus konnte man Skimasken erwerben, wie es dieser Mann offensichtlich getan hatte. Holloway ließ das Video weiterlaufen.
    Der Mann marschierte vom Landeplatz auf das Haus zu und blieb vor der Tür stehen, wobei er teilweise aus dem Bild verschwand, weil die Sicht durch die Wand versperrt wurde. Er bewegte sich ein wenig vor und zurück, als er offenbar die Tür probierte, die jedoch verschlossen war. Dann ging er zum Schreibtischfenster, das ebenfalls verschlossen war. Obwohl sein Körper einen großen Teil des Bildes einnahm, sah Holloway hinter ihm eine Bewegung. Ganz rechts war zu erkennen, dass Baby über die Plattform auf den Mann zulief.
    Holloway zuckte unwillkürlich zusammen. Von allen Fuzzys hatte Baby am meisten Vertrauen zu Menschen. Die anderen Fuzzys dagegen schienen verstanden zu haben, dass Menschen – genauso wie andere Tiere – durchaus gefährlich werden konnten. Doch aus irgendeinem Grund fehlte Baby diese intuitive Erkenntnis. Baby mochte Menschen. Holloway wurde bestürzt klar, wohin das führen würde.
    Unvermittelt drehte sich der Mann um und sah Baby. Er ließ von seinem Einbruchversuch ab und ging stattdessen auf den Fuzzy zu. Dann blieb er stehen und ging in die Knie, um das Wesen zu berühren und zu streicheln, das sich sofort an seine Hand schmiegte. Holloway konnte nicht hören, was er sagte – er war nie dazu gekommen, die Stummschaltung des Mikros der Überwachungskamera rückgängig zu machen – , aber er konnte es sich denken. Der Mann war ein Raubtier, das seine Beute anlockte und in Sicherheit wiegte.
    Plötzlich stand der Mann wieder auf und hob einen Fuß.
    Holloway musste den Blick abwenden.
    Doch als er wieder hinschaute, sah er gerade noch, was als Nächstes geschah. Etwas schoss aus den Bäumen heran und flog dem Mann ins Gesicht. Es zerrte an ihm und biss sich durch die Löcher für Augen und Mund in der Maske. Auf dem Video war es nicht zu hören, aber es bestand kein Zweifel, dass der Mann schrie, als er versuchte, seinen Angreifer abzuwehren.
    Es war Pinto.
    Holloway stieß unwillkürlich einen kleinen Jubelschrei aus. Pinto, der unbändige Fuzzy, hatte keinen Moment gezögert, Baby zu verteidigen – ob es nun sein Geschwister, sein Freund oder sein Partner war. Nun machte er dem Menschen die Hölle heiß und rächte seine unmenschliche Tat.
    Der Mann schlug nach dem Fuzzy, doch Pinto wich ihm geschickt aus und hielt sich fest, während er die ganze Zeit sein Gesicht malträtierte. Es bestand kein Zweifel, dass der kleine Fuzzy den Menschen schwer für seine Tat büßen ließ.
    Schließlich bekam der Mann seinen Widersacher zu fassen und konnte ihn von seinem Gesicht lösen. Pinto kratzte und biss in die Hände des Mannes. Dieser hob die Arme und schleuderte den Fuzzy mit voller Kraft zu Boden. Holloway spürte den Aufprall in seinen Eingeweiden.
    Pinto rappelte sich auf und machte sich bereit, den Mann erneut