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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Lidern schön und golden verschlossen, schweigsam und geheimnisvoll wie ein Bildnis. Bei den Mahlzeiten, die unsere Leute in der Küche einnahmen, aß sie still, von den anderen beäugt, sie aber sah keinen an. Übrigens hätte auch keine Peronnelle sie angreifen oder ein Mann ihr schöne Augen machen können, so sehr hielt Mariette um sie Wacht. Und gewiß hätte niemand, ob Mann, ob Weib, sich Mariettes Zorn auf den Hals ziehen wollen, so große Angst hatten alle vor ihrer Zunge.
    Die meiste Zeit blieb Margot aber unsichtbar in ihrer Kammer, welche sich zur Treppe des Eckturms hin öffnete, genau über dem Gemach meines Vaters. Zwölf Stufen trennten ihn von ihr. Und Mariette, die sie wie eine Glucke bemutterte, hörte ich sagen, das Kind sei wirklich gar zu fleißig und man dürfe ihr nicht zuviel Näherei auf einmal geben, sonst würde sie auch noch die Nacht hindurch arbeiten. Dann und wann holte sie nach dem Abendessen in Mariettes Gesellschaft im Garten Luft, und mehrmals sah ich sie dort von meinem Fenster, durch ihre goldenen Haare von meinen Büchern abgelenkt. Sowie aber ein Kutscher vor der Toreinfahrt Einlaß in unseren Hof begehrte, entflog sie wie eine Taube, und ich hörte sie die drei Stockwerke über die Wendeltreppe hinaufeilen, sich in ihre Kammer flüchten und den Riegel hinter sich vorlegen.
    Mariette hingegen lief dann vom Garten in den Hof, um sichzu überzeugen, ob von demjenigen etwas zu fürchten stand, der da aus der Kutsche stiege (da eine Mietkutsche ja kein Wappen trug), und ich selbst verließ meine Kammer, um mich an einem Fenster zu postieren, von dem ich sehen konnte, wer es war oder, falls ich ihn noch nicht sah, ob Mariette ihre Verbeugungen vervielfachte. Der Zweifel dauerte jeweils so lange, bis der Schlag von einem Lakaien geöffnet und der Tritt heruntergelassen wurde und ein blauer, perlenbestickter Satinpantoffel zum Vorschein kam.
    Das genügte. Rasch zog ich mich aus der Fensternische zurück, und während ich mir die Haare mit den Fingern strählte und mein Wams zuknöpfte, stieg ich die Wendeltreppe hinunter, um der Herzogin entgegenzugehen, und alles mit klopfendem Herzen, als hätte ich gegen sie gefehlt.
    Einerseits war ich voller Skrupel und Unbehagen, daß sich alle im Haus verbündet hatten, meine liebe Patin zu täuschen, andererseits hätte ich aber auch nicht gewollt, daß sie erführe, was los war, so sehr fürchtete ich die Konsequenzen für meinen Vater und, warum sollte ich es verschweigen, für Margot. Nicht daß ich in sie verliebt gewesen wäre, sondern einzig um ihrer Schönheit willen und weil ich es sehr zufrieden war, zu sehen, wie sie still in neuer Lebensfreude erstrahlte, sie, die ohne diesen Aufschieblich, diesen Angelstock und dieses Scheit neben der Leiche ihrer Mutter verhungert und erfroren wäre.
    Im Februar wurde es noch einmal kalt, aber nicht mehr so bitterlich, und bald darauf, am Ende des Monats erfuhr ich, daß der Herzog von Montpensier gestorben war, kaum ein halbes Jahr nach dem Ball der Herzogin von Guise, wo ich ihn mit seiner vierzehnjährigen Kieferwunde sah, deretwegen er mit Frauenmilch ernährt werden mußte.
    Bei Gelegenheit des Totenamtes für den Herzog sah mein Vater den König, der ihn nach der Zeremonie rufen ließ. Seine Majestät sprach mit ihm von Angesicht zu Angesicht und sagte unter anderem, daß er den Chevalier de Siorac durchaus nicht vergessen habe und ihm ein Amt zu geben gedenke, in welchem sein Wissen und Talent Gebrauch finden sollten. Vor Freude sprang ich in die Höhe, als mein Vater mir diese Nachricht überbrachte. Aber ich mußte lange Monate warten, bevor Henri seinem Vorhaben Leib und Leben gab. Ich jedoch wagtein dieser ganzen Zeit nicht, Paris zu verlassen und mich auf die Reise ins Périgord zu begeben, wo mein alter Großvater mich während der Sommermonate so gerne bei sich gehabt hätte. Aber der Sommer verging, ohne daß Seine Majestät sich des Chevaliers de Siorac erinnerte, obwohl er meinen Vater ziemlich oft auf Grund seiner geheimen Missionen sah.
    Erst am dreizehnten November erlöste mich der König aus dieser zehrenden Ungeduld. Er bestellte uns, meinen Vater und mich, »nach Tisch« in den Louvre. Wegen der unregelmäßigen Mittagszeiten Seiner Majestät, welche seine Köche zwangen, stets zwei oder drei Mahlzeiten nacheinander zu bereiten, damit er nicht kalt essen müsse, hatten wir uns auf langes Warten gefaßt zu machen; ich aber brodelte vor Ungeduld und Neugier, denn es war das

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