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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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den nußbraunen Augen spitzte. »Die Augustiner in ihrer Kapelle lobpreisen Gott, und nebenan feiert Margot die fleischlichen Wonnen mit ihren Favoriten.«
    Ich glaubte nun, mein Vater, der die friedfertige Nachbarschaft von Gebet und Hurerei bei unseren höfischen Katholiken sonst so gerne anprangerte, werde diesem Scherz noch eins draufsetzen, doch er lächelte nur mühsam. Der Name Margot im Zusammenhang mit Ausschweifung hatte seinen Ohren wenig behagt. Die Sache sprang ins Auge: er war so ganz in diese goldenen Haare eingesponnen und höchst zufrieden, es zu sein. Er hatte einen Glanz in den Augen, etwas von einem Sieger im Gang und trotz seiner Falten das Gesicht eines glücklichen Mannes.
    Was Fogacer angeht, wurde er trotz seiner kleinen gallischen Späßchen mit jedem Male stärker eins mit seiner Soutane. Es war keine Rede mehr von seinem Atheismus und auch fast keine mehr von seiner Ketzerei, womit er sich doch über so lange Jahre geschmückt hatte. »Verehrter Abbé«, sagte La Surie, »Ihr werdet auf Eure alten Tage noch ein Heiliger.«
    Da Geneviève de Saint-Hubert ein wenig Deutsch konnte und um mein endloses Warten auszufüllen, beschloß ich, mich mit ihr zu behelfen, was sie sehr gerne annahm, doch ohne über das Elementare hinauszugehen zu können.
    »Peter«,
sagte sie mit ihrer wohlklingenden Stimme,
»ich bin Ihre Lehrerin.«
1
    Und ich antwortete:
»Ich bin Ihr Schüler.«
    Ich wußte noch nicht, wie englisch gefärbt ihr deutscher Akzent war, und genoß das Vergnügen, diese ersten Worte mit ihrer Hilfe auszusprechen.
    Unsere einstige Umarmung war etwas, das wir beide einvernehmlich in unserer Erinnerung verwahrt hatten, doch hegte ich gleichzeitig mit meinem Mitleid für sie noch immer einige Herzenssüße.
    Am achtundzwanzigsten November – ich habe ihn in meinem Kalender rot angestrichen – meldete mir ein Page kurz vor Mittag, die Karosse von Monsieur de Bassompierre werde mich um drei Uhr nachmittags abholen. Ich ließ ihn seine Botschaft zweimal wiederholen, weil ich annahm, sie sei an meinen Vater gerichtet, nicht an mich. Doch sie galt »unzweifel haft «, wie er sagte (also war dieses Wort bei unseren Zierpüppchen noch immer im Schwange), dem Chevalier de Siorac und nicht dem Marquis. Ebenso nahm ich an, die Karosse werde allein kommen, da der Graf sich nicht bemühen würde, mich abzuholen. Kaum war jedoch sein livrierter Kutscher in unseren Hof eingefahren, steckte Bassompierre auch schon den Kopf aus dem Schlag und sagte mit jenem berühmten Lächeln, das am Hofe so viele Frauenherzen höher schlagen ließ, ich solle zu ihm einsteigen. Er zeigte sich erfreut, mich zu sehen und auch, daß ich zu diesem Anlaß einigen Wert auf meine Kleidung gelegt hatte, denn der spartanische Geschmack meiner Familie ging ihm wider den Strich.
    Im Gegensatz zu unserer Kutsche war die seine ganz mit karmesinrotem Samt ausgeschlagen, voller Stickereien, Vergoldungen, Besätze, Borten und mit Wohlgeruch erfüllt, und er selbst glänzte in allem, was die neueste Mode verlangte, ganz zu schweigen von den Perlen, die reichlich an seinem violetten Satinwams schimmerten. Und wie könnte ich jenes besondere Leuchten an seinem Finger vergessen, das von dem Ring der deutschen Fee ausging, den er alle Augenblicke an seine Lippen führte, als entnähme er ihm die Inspiration der Stunde?
    Obwohl Deutscher, war Bassompierre mehr Franzose als jeder echte Franzose, mehr Pariser als jeder gebürtige Pariser und mehr Höfling als alle Höflinge des Louvre zusammen. Nach meinem Vater bewunderte ich keinen wie ihn. Ich beneidete ihn um sein Wissen, seinen Geist, seine Anmut.
    Was immer er tat, es war kavaliersgemäß. Vor allem aber liebte ich an ihm, daß er trotz unseres Altersunterschieds keinen Abstand zwischen uns einlegte und mich foppte, als wäre ich sein Bruder oder sein Freund.
    Als ich meine Augen an diesem Musterbild des Hofes so recht gesättigt hatte, gewann meine Neugier die Oberhand, und ich wagte ihn zu fragen, wohin er mich führe.
    »Aber, Pierre«, sagte er in beiläufigstem Ton, »ich bringe Euch natürlich zu Eurem Deutschlehrer.«
    Bei dieser Neuigkeit wäre ich vor Freude am liebsten von den Polsterkissen aufgesprungen, doch ich bezwang mich. Ich fürchtete, zuviel preiszugeben. Zwar erkannte ich in dieser Unternehmung Bassompierres die Hand des Königs, doch ich wußte nicht, wieweit Seine Majestät ihn ins Vertrauen gezogen hatte. Also faßte ich mich hierüber in Schweigen und spielte

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