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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Prinzen von Condé leicht zu gewinnen, der zu dieser Stunde noch unschuldig (wenn auch mit einem seiner Pagen) schlief und weder etwas von der Hochzeit wußte, die der König für ihn beschlossen hatte, noch von der Rolle, die er, der »die Jagd den Damen vorzog«, dabei spielen sollte.
    Im Rausch seiner Hoffnungen schien der König sein Leiden ein wenig zu vergessen, er wurde fröhlich und tatenlustig. Nachdem er einen Diener angewiesen hatte, ein Tischchen und drei Schemel an sein Bett zu bringen, forderte er Bassompierre, Bellegarde und Roquelaure lautstark auf, mit ihm Würfel zu spielen. Und für mich kam eine endlose Stunde, während der ich nicht um Urlaub zu fragen noch mich vom Platze zu rühren wagte.
    Gleichviel, ob in einer Spelunke oder in einem Königsgemach: nichts ist für den Nichtspieler so eintönig wie das Rollen der Würfel auf dem Tisch, das Verkünden der Punktzahl, das Geräusch der Ecus, die der eine wütend hinwirft und der andere sorgsam einstreicht, die Ruhmreden, die launigen Drohungen, die Ausrufe des Ärgers oder des Triumphes.
    Der König schien ganz bei der Sache. Er spielte mit Bellegarde gegen Bassompierre und Roquelaure, und nach den Säulen von Ecus zu urteilen, die sich vor ihm stapelten, gewann er. Sein Gesicht war belebt, seine Augen blitzten, und mir schien, daß er die Stiche seiner Gicht kaum mehr empfand. Und offensichtlich hatte er auch mich völlig vergessen, da der Roman, den er in seinem Kopfe zwischen zwei Würfen liebkoste, die Reize desjenigen auslöschte, der auf meinen Knien lag.
    Ich bewunderte Bassompierre dafür, wie er seine Gefühle beherrschte, denn sein Gesicht, das ich von Zeit zu Zeit mit einem Blick streifte, spiegelte nur das Interesse am Spiel. Von dieser Aufmerksamkeit abgesehen, stand darin nichts zu lesen, nicht einmal der Ärger des glücklosen Spielers, denn er verlor in einem fort. Ich entsinne mich, wie ich dachte, daß derSchutz seiner deutschen Fee ihn nun verlassen habe, und auf allen Gebieten. Nachher schämte ich mich ein wenig dafür, da mir einfiel, daß mein Vater diesen heidnischen Aberglauben für pure Dummheit hielt.
    In dem Augenblick, und ohne daß Bassompierre mit einer Wimper zuckte, kam Vitry und meldete dem König, die Frau Herzogin und Mademoiselle de Montmorency wünschten ihn zu besuchen. Vitry machte diese Meldung nicht wie Montespan am Tag vorher, indem er sie in sein Ohr flüsterte, sondern mit lauter, klarer Stimme: ein Beweis, daß der Gardehauptmann aus dem Gespräch des Königs mit Bassompierre den Schluß gezogen hatte, das Geheimnis sei gebrochen.
    Die Damen traten ein, und ich weiß nicht, wie es kam, aber diesmal ging Mademoiselle de Montmorency, womit sie kühn die Etikette verletzte, der Herzogin von Angoulême voran. Und mit was für einer Miene sie das Gemach betrat! Herr im Himmel! Welch einen Hochmut legte sie in die geheuchelte Demut ihrer Reverenz, als wäre der König ihresgleichen! Die Königin von Frankreich hätte es nicht besser gekonnt!
    Die Herzogin wie am Tag vorher auf meinen Schemel zu verweisen und Charlotte in die Gasse zu dirigieren war nicht möglich. Die Gasse wurde von dem Tischchen eingenommen, um das Roquelaure, Bellegarde und Bassompierre saßen. Alle drei von ihrem Sitz zu vertreiben ging nicht an, zumal Bellegarde Herzog und Pair war. Die fabelhafte Strategie vom Vortag ließ sich nicht wiederholen.
    »Meine liebe Cousine Angoulême«, sagte Henri darum mit jener blitzschnellen Entschlußkraft, mit der er so viele Schlachten gewonnen hatte, »ich bin Euer Diener und wünsche Euch einen guten Tag! Wie geht es Euch bei dieser großen Kälte? Ich bitte den Himmel nur, daß er Euch vor der Gicht bewahren möge! Mit Eurer Erlaubnis, liebste Cousine, führt Monsieur de Vitry Euch jetzt zum Herrn Dauphin, der entzückt sein wird, Euch zu sehen. Und Euch, liebste Freundin, soll Siorac seinen Schemel abtreten, den ein Diener mir hierher stellen wird, damit ich Euch von Angesicht zu Angesicht spreche.«
    Ich weiß nicht, ob die Herzogin so überzeugt war, daß der Dauphin entzückt sein werde, sie zu sehen, doch machte sie dem König, ohne Piep zu sagen, ihre Reverenz und folgteVitry, der sie augenblicks mit militärischer Geschwindigkeit aus dem Gemach entfernte. Sofort erhob ich mich, grüßte Mademoiselle de Montmorency und überließ ihr meinen Schemel, den ein Diener nun zu Häupten des Königs niederstellte. Und das teuflische Frauenzimmer ging an mir vorüber ohne einen Blick, ohne einen

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