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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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gewesen, einigen Grund gehabt, tief aufzuseufzen und einen untröstlichen Bericht an den General der Gesellschaft Jesu zu richten, und somit an den Papst.
    »Mein Neffe«, fuhr der König fort, »ist tausendmal mehr auf die Jagd als auf Damen versessen, ich werde ihm hunderttausend Francs pro Jahr geben, damit er sich seiner Leidenschaft widmen kann. Was Mademoiselle de Montmorency betrifft, will ich keine andere Gunst von ihr als nur ihre Zuneigung.«
    Wenn es so steht, hätte Bassompierre antworten können, warum wollt Ihr sie mir dann wegnehmen und einem Prinzen geben, der, um es unverblümt zu sagen, den Damen nicht tausendmal die Jagd, sondern die Jagdknappen vorzieht?
    Der König hörte auf zu sprechen, und ein langes, drückendes Schweigen herrschte im Raum in Erwartung dessen, was Bassompierre entgegnen werde. Was mich anging, war ich in meine Gräfin so verliebt und, wie der König sich ausdrückte, so »rasend und außer Maßen« in dieser Liebe, daß es weiß Gott ein Aufstand geworden wäre, hätte der König verlangt, ich solle auf sie verzichten!
    »Ach, mein Sohn!« sagte mein Vater, als ich ihm nachher anvertraute, wie sehr Bassompierre mich bei dieser Gelegenheit enttäuscht hatte, »wie jung und grün Ihr noch seid! Was konnte unser armer Freund tun? Sich zu widersetzen wäre eine unnütze Grobheit gewesen. Der König ist allmächtig. Bestenfalls hätte er den Grafen in sein heimatliches Lothringen geschickt, aber schlimmstenfalls in die Bastille. Und glaubt Ihr nicht, daß der Konnetabel zu einer Heirat mit dem ersten Prinzen von Geblüt ja und hundertmal ja sagen wird? Was aber kann Bassompierre ohne die Zustimmung des Königs und des Konnetabels machen?« – »Herr Vater«, sagte ich, noch immer schwer bekümmert, »sicherlich habt Ihr recht.Aber was für einer Tyrannei hat sich der König hier bedient! Und wie niederträchtig dünkt mich diese Intrige!« Hierauf nickte mein Vater traurig und schwieg.
    Der Ausdruck »unnütze Grobheit«, um eine Weigerung gegenüber dem König zu bezeichnen, stammte von Bassompierre selbst, wie ich später erfuhr. Und auf Grund dieser Betrachtungsweise faßte der Comte auch seinen Entschluß. Soviel ich in meinen reifen Jahren darüber nachgrübelte, dachte ich, daß Bassompierre, wie meine Gräfin so geistvoll sagte, zwar alles getan hatte, seine soliden deutschen Tugenden zu vergessen und sich mit den glänzenden französischen Untugenden zu schmücken, daß er unter den letzteren aber eine stets vernachlässigt hatte – die am meisten französisch ist und die zu erwerben am glanzvollsten gewesen wäre: den Ungehorsam.
    Bassompierre also gab nach, doch mit aller Grazie des vollendeten Hofmannes und in einer wohlabgewogenen Sprache, die Céladon Ehre gemacht hätte.
    »Sire«, sagte er mit seiner ernsten und wohlklingenden Stimme, »ich habe mir immer eines sehnlichst gewünscht, das mir nun zuteil wird, da ich es am wenigsten erwartete: nämlich Eurer Majestät durch einen unstreitigen Beweis die außerordentliche und glühende Leidenschaft bezeugen zu dürfen, die ich für sie hege und mit der ich sie liebe. Gewiß konnte sich kein größerer Beweis finden als dieser, nämlich ohne Pein und ohne Bedauern auf eine so illustre Verbindung und auf eine so vollkommene und so heftig von mir geliebte Dame zu verzichten. Ja, Sire, ich lasse auf ewig davon ab und wünsche, daß diese neue Liebe Euch ebensoviel Freude bringe, wie ihr Verlust mir an Traurigkeit bescheren würde, hinderte mich nicht die Hochachtung Eurer Majestät, eine solche zu empfinden.«
    Da der König Bassompierre dieselbe rasende Liebe zuschrieb, die er für Mademoiselle de Montmorency empfand, hatte er sich zweifellos auf einen viel erbitterteren Widerstand gefaßt gemacht. An der Bewegung, die er bei der Rede seines Günstlings zu erkennen gab, sah ich deutlich, wie sehr dieser schnelle und so vollendete Verzicht ihn erleichterte und rührte. Und da es ihm so nahegelegt wurde, glaubte er nur zu gerne, daß er ihn der Liebe seines Günstlings verdanke und nicht der Allmacht seines Zepters. Tränen stiegen ihm in die Augen, erbeugte sich zu Bassompierre hin, schloß ihn in seine Arme und schwor ihm, er wolle ihn hinfort wie seinen Sohn betrachten und sein Glück machen.
    Auf die Tränen folgte in seinen Augen die strahlendste Freude: Bassompierre war aus dem Wege, und er gedachte nun gerade ins Ziel zu gehen. Überzeugt, daß der Konnetabel und Charlotte zustimmen würden, glaubte er, auch den

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