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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Gasse«, sagte der König ungeduldig. »Vitry, laß ein Polster für die Knie des Grafen bringen und sag dem Türsteher, er soll niemand einlassen.«
    »Niemand, Sire?« fragte Vitry und zog die Brauen hoch.
    »Außer der Königin«, sagte Henri unwillig. »Aber um diese Zeit steht ihr Besuch kaum zu fürchten.«
    Da der König mir keine Order gegeben hatte, blieb ich wie erstarrt auf meinem Schemel hocken, das Buch auf den Knien. Es war klar, daß ich seit Bassompierres Eintritt für ihn unsichtbar geworden war, und ich getraute mich kaum zu atmen, um auch unhörbar zu bleiben.
    Als Bassompierre zu Häupten des Königs auf einem Polster kniete, sah ich nur sein schönes männliches Gesicht, seine breiten Schultern und sein blaues, mit Perlenstreifen besetztes Wams. Wenn der Graf irgendeine ungute Ahnung hinsichtlich dieser Unterredung hegte, so zeigten seine Züge davon jedoch nichts, denn er blickte Henri mit jener lebhaften, eifrigen, heiteren und liebevollen Miene an, die er seinem Gesicht wie eine Maske auflegte, wenn er mit Ihren Majestäten zu tun hatte. Mein Vater sagte, diese Maske sei bei ihm auf Dauer zu seinem wahren Gesicht geworden, so sehr galt Bassompierre in seinen Augen als das Muster eines Höflings: er verstand es, untertänig ohne Servilität und ergeben ohne Niedrigkeit zu sein, und noch im tiefsten Respekt war ihm stets seine Selbstachtung anzumerken.
    Im Gegensatz zu seinem vortägigen Gespräch mit Mademoiselle de Montmorency dämpfte der König seine Stimme diesmal nicht, und niemand mußte das Ohr spitzen, um zu hören, was gesprochen wurde. Auch ließ sich niemand hierüber täuschen: es bedeutete, daß Henri sich die Sache reiflich überlegt und seine Entscheidung gefaßt hatte, die er nicht nur Bassompierre, sondern seinem Hofe bekanntgeben wollte,auch wenn jene, die ihn zu dieser frühen Stunde hörten, nicht sehr zahlreich waren.
    »Bassompierre«, sagte er, »ich habe mir überlegt, daß ich Euch mit Mademoiselle d’Aumale verheiraten will. Ich habe den Herzog von Aumale einst von seinem Herzogtum entsetzt, weil er sich nach der Niederlage der Liga geweigert hat, sich mir anzuschließen. Anstatt sich zu unterwerfen, ging der Unglückliche außer Landes und lebt heute in den spanischen Niederlanden. Aber wenn Ihr seine Tochter heiratet, erneuere ich das Herzogtum d’Aumale in Eurer Person.«
    So unerwartet dieser Vorschlag auch kam, war die enthaltene Forderung doch so klar, daß ich Bassompierre für die Ruhe bewunderte, mit er ihn entgegennahm. Er lächelte, hob die Braue und sagte mit vorgetäuschtem Erstaunen: »Wie, Sire? Ihr wollt mich mit zwei Frauen vermählen?«
    Eine ebenso witzige wie geschickte Antwort: sie hieß eindeutig, daß er für ein Herzogtum nicht auf Mademoiselle de Montmorency zu verzichten gedenke.
    Henri sah, daß der Handel nicht mit halben Worten zu machen war und daß er geradezu vorgehen mußte, wenn er die Bastion nehmen wollte. Er stieß einen großen Seufzer aus und wechselte vom »Ihr« zum »du«.
    »Bassompierre«, sagte er, »ich will als Freund zu dir sprechen. Ich habe mich rasend und außer Maßen in Mademoiselle de Montmorency verliebt. Wenn du sie heiratest und sie dich liebt, hasse ich dich. Würde sie mich lieben, würdest du mich hassen ...«
    Die letzte Hypothese, die einen Funken von Ironie in Bassompierres Augen aufblitzen ließ, bestürzte mich. Armer König: wie mußte die
Ehrgeizlüstriche
ihn schon mit den Netzen ihres Lächelns umsponnen haben, daß er glaubte, sie könnte ihn eines Tages lieben ...
    »Es ist besser, Bassompierre«, fuhr Henri fort, »wenn diese Geschichte unser gutes Einvernehmen nicht zerstört, denn ich liebe dich aus ganzer Zuneigung.«
    So widersinnig diese Erklärung unter den gegebenen Umständen war, sie klang aufrichtig, und sie war es auch. Der König hegte eine starke Freundschaft für Bassompierre. Er raubte ihm seine zukünftige Frau, aber er liebte ihn.
    »Ich bin entschlossen«, sagte Henri, »sie mit dem Prinzenvon Condé zu verheiraten und meiner Gemahlin beizugeben. Sie soll der Trost und die Stütze meines Alters sein.«
    Diese scheinheilige Formel hatte er tags zuvor schon gegenüber Mademoiselle de Montmorency gebraucht, und sie bezweckte – ohne irgend jemanden zu täuschen –, das Unerhörte seines Planes und seinen geringen Respekt vor den heiligen Banden der Ehe zu verschleiern. Wenn bereits die Absicht zu sündigen eine Sünde ist (wie man uns lehrt), hätte Pater Cotton, wäre er zugegen

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