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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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sie holen und auf kleinem Feuer rösten, die Trine! Das kann ich ihr bloß wünschen!«
    Vom »auf kleinem Feuer rösten« abgesehen, fand ich ihre Rede nicht unvernünftig und beschloß, den dicksten Hund meiner Hündin für Toinon aufzuheben. Aber die Schwalbewar nirgends zu entdecken, ich hätte sie in den oberen Stockwerken suchen müssen, aber ich wollte jetzt nichts lieber, als mich endlich zu Tische setzen, weil mir der Magen mit jeder Minute lauter knurrte vor all dem duftenden Essen, das mir der Louvre vorenthalten hatte. Da kamen auch mein Vater und La Surie, und es war, als hätten wir uns einen Monat nicht gesehen, so viele Umarmungen, Küsse, Schulterklopfen und Freude gab es. Wir setzten uns fröhlich und mit Heißhunger. Zum Glück bediente Greta bei Tische, weil Mariette sich den Fuß verrenkt hatte. Die gute Elsässerin war verschwiegen wie ein Grab: ich konnte alles erzählen, oder vielmehr alles beantworten, denn nach meinem Bericht wurde ich noch mit unersättlichen Fragen bestürmt, so genau wollten sich die beiden vergewissern, daß ich auch ja nichts Wichtiges ausgelassen hatte.
    Schließlich war alles gesagt, und wohlentschädigt für die karge Kost im Louvre, mit wieder gestrafftem Rückgrat und flinken Beinen stieg ich zu meiner Kammer hinauf, um meine tägliche Siesta anzutreten. Mein Zorn auf Toinon war ziemlich verraucht, da auch mein Vater der Herzogin alles »erklärt« hatte, so daß sie begütigt war.
    Toinon kam nicht. Ich wartete eine ganze Weile. Meine Eigenliebe befahl mir, mich nicht vom Fleck zu rühren, außerdem sagte ich mir, daß es nach meiner schlechten Nacht im Louvre gut wäre, jetzt zu schlafen, wenn auch allein. Aber konnte ich das, ohne daß der Halfter von Toinons süßen Armen mich umfing? Also stand ich auf, Scham oder nicht Scham, und ging Franz sagen, er möge sie zu mir schicken.
    Endlich erschien sie, mindestens so hoheitvoll wie eine Herzogin. Sie schloß die Tür hinter sich, aber sie kam nicht zu mir, sondern verharrte dort mit ungerührter Miene und hoch erhobener Stirn.
    »Was ist mit dir, Toinon?« sagte ich und zwang mich zur Strenge, obwohl mir gar nicht danach war, »versteckst du dich vor mir aus Furcht vor einer Strafpredigt?«
    »Nein, Monsieur«, sagte sie kühl. »Davor fürchte ich mich nicht.«
    »Findest du etwa«, sagte ich etwas gereizt, »es war besonders nett von dir, Ihrer Hoheit von meiner Lehrerin oder Mätresse zu erzählen?«
    »Nein, Monsieur«, sagte sie gefaßt, aber ohne ein Fünkchen Reue. »Das war wirklich nicht schön von mir.«
    »Trotzdem fürchtest du nicht, daß ich dich auszanke?«
    »Nein, Monsieur.«
    »Und warum, bitte?«
    »Ach, Monsieur, darum geht es nicht mehr: ich verlasse Euch.«
    »Du verläßt mich?« fragte ich und traute meinen Ohren nicht. »Aber wieso?«
    »Monsieur«, sagte sie, »Ihr erinnert Euch doch sicher, daß der Herr Marquis, als er mich für sechzig Livres im Jahr einstellte, mir versprochen hat, er werde mir eine kleine Mitgift geben, wenn ich aus seinem Dienst ausscheiden und mich auf eigene Füße stellen will.«
    »Und jetzt willst du dich auf eigene Füße stellen?« fragte ich verblüfft. »Wie denn?«
    »Ich heirate.«
    »Und wen?«
    »Den Bäckermeister Mérilhou. Er ist seit einem Jahr Witwer, er hat an meiner Person Geschmack gefunden und hat um meine Hand angehalten.«
    »Mérilhou«, sagte ich, »ist bestimmt ein redlicher Mann, wenn ich Mariette glauben darf, aber nicht mehr sehr jung.«
    Hierauf errötete sie, und ihre Augen blitzten.
    »Monsieur«, sagte sie mit zornbebender Stimme, »habt Ihr das Recht, mir vorzuwerfen, daß mir jemand gefällt, der doppelt so alt ist wie ich?«
    »Ach, Toinon, da drückt dich der Schuh! Du bist gekränkt und wütend über die Zuneigung, die ich für meine Deutschlehrerin empfinde?«
    »Zuneigung!« sagte sie mit höchster Verachtung. »Mon sieur , werdet Ihr jetzt scheinheilig? In Wahrheit seid Ihr in die Dame verliebt bis über beide Ohren! Von morgens bis abends habt Ihr nur noch ihr häßliches Kauderwelsch im Munde, und das murmelt Ihr auch noch im Schlaf!«
    »Das murmele ich im Schlaf?«
    »Und sogar, wenn Ihr Euch gerade an mir gesättigt habt.«
    »Aber, Toinon«, sagte ich, »warum verletzt dich das Gefühl, das ich, wie du sagst, für diese Dame empfinde, da es doch unschuldig ist?«
    »Ach, Monsieur, erzählt mir keine Märchen«, sagte Toinon unendlich weise. »Was nicht ist, das wird. Die Dame ist von Adel und gehört nicht zu den

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