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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Genie die Grimassen, die Heucheleien und Liebeserklärungen dieser kleinen Zierpuppe für bares Silber, ohne zu bemerken, daß ihr hübsches Köpfchen einzig beschäftigt war, ihre eigene Glorie zu erhöhen und an seiner Seite den Thron zu besteigen.
    Als ich meinem Vater daheim erzählte, welchen Auftrag der König mir anvertraut hatte, geriet er, der für gewöhnlich so beherrscht war, in einen fürchterlichen Zorn, und La Surie mußte ihn ermahnen, die Stimme zu senken, damit unser Gesinde ihn nicht hörte. Aber auch mit gedämpfter Stimme kann man donnern. Condé, sagte er, sei ein brutaler Schuft. Auf sein gutes Recht pochend, sei er zu allem bereit, und die Gefahr bestehe nur allzu wirklich. Und was, Herr im Himmel, maße Henri sich an, daß er mich wegen einer so subalternen Intrige in dies Abenteuer schicke! Daß er mich sein Liebesbriefchen schreiben ließ, mochte noch hingehen. Aber daß ich es austragen sollte wie ein Theaterdiener, auf die Gefahr hin, mich im günstigen Kirchendunkel erdolchen zu lassen, und das für eine so unrühmliche Sache, das sei denn doch sehr stark!
    Es folgte eine lange Debatte, die gute zwei Stunden anhielt und die damit schloß, daß ich der Zofe Philippote (was für einalberner Name! sagte mein Vater, er rieche geradezu nach Schmierenkomödie!) den Brief übergeben würde, aber begleitet von meinem Vater, La Surie, Poussevent und Pissebœuf, und alle unter Waffen. Ich selbst sollte ein Kettenhemd unter einer Mönchskutte tragen, und nach Beendigung dieser Mission müßte ein Vorwand gefunden werden, damit der König derlei nicht wiederhole.
    Die Idee des Kettenhemdes und der Mönchskutte ergötzte mich sehr, so romanesk fand ich sie, aber mein Vater und La Surie erklärten mir, die Kapuze diene dazu, mein Gesicht zu verbergen, und die langen Kuttenärmel, die zwei Dolche zu verstecken, die ich an den Unterarmen tragen sollte, um mich möglicher Angreifer zu erwehren, bis meine Eskorte mir zu Hilfe eilte. Nach diesen Erklärungen machten sich mein Vater und La Surie mit äußerster Sorgfalt an all diese Vorbereitungen, und ich sah, mit wieviel Lust sie sich, wenn auch tiefernst, um meinetwillen der Abenteuer ihrer Jugend besannen.
    In Saint-André-des-Arts ging alles bestens. Da die Vesper zu Ende und nur noch wenig Leute in der Kirche waren, sah ich eine weibliche Gestalt an der Stelle knien, die der König mir beschrieben hatte, ich näherte mich und konnte ohne Not die zweifarbigen Augen Philippotes erkennen, denn die Jungfer wandte sie in ihrem stummen Gebet nicht gen Himmel, sondern zu dem Dreifuß mit den Weihelichten rechterhand. Ich kniete neben ihr nieder, murmelte ihren Namen, sie nickte, doch blieb mir keine Zeit zu einer Unterhaltung. Es trat jemand, ein Lächeln auf den Lippen, an mich heran, und obwohl er nicht bewaffnet schien, tastete ich schon nach meinen Dolchen, als er höflich sagte: »Pater, verzeiht, wenn ich Eure Andacht störe, aber mit Eurer Erlaubnis möchte ich Euer Gesicht sehen.«
    Und blitzschnell, doch nicht brutal, wischte er mir die Kapuze herunter und betrachtete mich.
    »Monsieur«, sagte er, »Ihr seid sehr jung für ein solches Metier.«
    Zu mehr kam er nicht. Poussevent streckte ihn von hinten mit einem Faustschlag nieder, und der Mann sank mit der Anmut einer Schärpe zu Boden.
    »So, und was nun?« sagte Poussevent. »Stech ich ihn ab?«
    Aber das war mehr Spaß.
    »Pfui, Grobian!« sagte Pissebœuf im selben Ton. »Ich wette, der Bursche ist nicht mal bewaffnet.«
    Wovon er sich mit flinker Hand überzeugte. Hierauf trugen die beiden den Unbekannten zu dem Beichtstuhl, und ich hörte sie leise streiten, ob sie ihn besser an den Platz des Beichtkindes oder an den des Beichtvaters befördern sollten. Schließlich wurde letzteres entschieden, weil Pissebœuf meinte, ein Lebloser lasse sich besser hinsetzen als -knien.
    »Trotzdem!« sagte Poussevent. »An den Platz des Priesters! Das ist deine Idee, dafür trägst du die Sündenlast alleine.«
    »Bah!« sagte Pissebœuf. »Eine mehr! Ich hab schon ein ganzes Päckchen, das mich den Winter über warmhält.«
    Da die Soldaten mir freie Hand gegeben hatten, konnte ich Philippote in Muße betrachten, und sie schien mir aller Betrachtung wert. Ich fand sie von Kopf bis Fuß liebenswert, sogar samt ihrem Vornamen, der mich bei ihrem Anblick eher schalkhaft als lächerlich dünkte.
    »Ihr seid gar kein Mönch, Gott sei Dank!« sagte Philippote, »das sieht man, Ihr riecht auch nicht danach.«
    Ich

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