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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Familienpolitik hält, schließlich hat es ihn Jahre gekostet, die Sache zum Abschluß zu bringen.«
    »Jahre, Herr Vater?«
    »Allemal! Und wie hat er sich angestrengt, diesen illegitimen Sohn auf solide Füße zu stellen! Henri ist ein guter Vater, man kann es nicht leugnen. Ein ebenso guter Vater wie ein schlechter Gemahl«, setzte er nach einer Pause hinzu, in der er wohl über sich selbst nachdachte. »Mein Sohn, Ihr wart noch ein schreiendes Wickelkind in Gretas Armen, als der König – nach der Einnahme von Paris – mit einer Armee vor die Tore von Rennes zog: der Herzog von Mercœur hatte sich nämlich unsere Bürgerkriege zunutze gemacht und die Bretagne zum unabhängigen Herzogtum erklärt, sehr zum Zorn und Schaden der Bretonen, die er ausgeraubt, geplündert und gebrandschatzt hatte. Aber Henri mußte nur erscheinen, und der Herzog unterwarf sich. Zum Lohn dafür erhielt er eine Million Livres, doch mußte er sich verpflichten, seine Tochter, damals noch ein kleines Mädchen, mit dem ältesten Bastard des Königs zu vermählen, dem Herzog von Vendôme.«
    »Was für eine schlaue
combinazione
!« sagte La Surie. »Sowürde diese Million Livres, und noch viel mehr, wenn nicht an den König, so doch an seinen Sohn zurückfallen, denn Mademoiselle de Mercœur mußte ja dereinst dieses riesige Vermögen erben.«
    »Ich füge hinzu«, sagte mein Vater, »daß die Kuppelei mit einem Vertrag besiegelt wurde, in dem alles bedacht war, auch eine Entschädigungssumme von hunderttausend Ecus für den Fall, daß Mercœur seine Tochter zum festgesetzten Zeitpunkt nicht hergäbe. Mercœur starb 1602, und als seine Tochter sechs Jahre später mannbare Jungfer geworden war und von aller Welt begehrt wurde, lehnte sie Vendôme rundweg ab, ohne ihn auch nur gesehen zu haben, ging in ein Kapuzinerkloster und drohte, den Schleier zu nehmen, falls man sie zu jener Ehe zwingen wollte.«
    »Warum?« fragte ich.
    »Wer weiß. Vielleicht wollte sie keinen, selbst keinen königlichen Bastard heiraten. Aber Henri vermutete dahinter eine Machenschaft der Herzogin von Mercœur, die dem zukünftigen Schwiegersohn ihr Vermögen nicht gönnte, denn die Dame ist nicht nur erzfromm, sondern so geizig und knauserig wie keiner anderen Tochter gute Mutter in Frankreich.«
    »Ich hörte eine greuliche Geschichte über sie«, sagte La Surie.
    »Die habt Ihr von mir«, sagte mein Vater. »Und ich habe sie von der Herzogin von Guise, die bei dieser Schändlichkeit Zeuge war. Die arme Gabrielle d’Estrées lag im Sterben, da trat die Herzogin von Mercœur an ihr Bett, und während sie tat, als spende sie ihr den Trost der Religion, zog sie der Sterbenden heimlich die kostbaren Ringe von den Fingern. Zum Glück wurde das Verbrechen bemerkt, und sie mußte ihre Beute herausrücken.«
    »In welcher Welt leben wir, mein Gott!« seufzte La Surie, als wäre er wer weiß wie fromm.
    »Wo war ich stehengeblieben?« fragte mein Vater. »Ich habe einen Wolfshunger und kann meine Sinne desto schlechter beisammenhalten, als ich schon weiß, daß er von unserer Teufelswirtin bestimmt nicht befriedigt werden wird.«
    »Ihr sagtet, daß der König wetterte, als Mademoiselle de Mercœur sich ins Kloster zurückzog.«
    »Das sagte ich zwar nicht, aber so war es. Und er fordertezusätzlich zu der vertraglich festgesetzten Entschädigung von hunderttausend Ecus von der Mercœur noch eine Vergleichs- und Steuersumme von zweihunderttausend Ecus.«
    »Eine Vertragssumme verdreifachen zu können«, sagte ich, »das ist das Gute am Königsein!«
    »Aber weißt du auch, schöner Neffe, was laut Dummenfürst das Üble am Königsein ist?«
    »Nein.«
    »Man muß allein essen und öffentlich scheißen.«
    »Miroul!« sagte mein Vater, »wäre die Marquise von Rambouillet hier, fühlte sich jetzt ihr Zartgefühl verletzt.«
    »Wäre die Marquise von Rambouillet hier«, sagte La Surie, »fühlte sich ihr zarter Hintern verletzt von dieser Roßhaarmatratze.«
    »Miroul!«.
    »Ich sage doch nur, was ich außer einem großen Loch im Magen empfinde«, sagte La Surie. »Ich habe einen Hunger, daß ich die Wirtin samt Busen, Arsch und Haar verschlingen könnte.«
    »Und wie endete das Stechen zwischen dem König und der Mercœur, Herr Vater?«
    »Der König schickte ihr Pater Cotton. Die Mercœur konnte seiner jesuitischen Samtzunge nicht widerstehen, und die Tochter erst recht nicht, als der Pater ihr versprach, sie dürfte zur Hochzeit das Lilienkleid einer Tochter Frankreichs

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