Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
tragen. Darauf schäumten die Prinzen von Geblüt! Allen voran der Comte de Soissons.«
»Und wieso, zum Teufel?« fragte La Surie.
»Das«, sagte ich, »habe ich auf dem Ball der Herzogin von Guise selbst gehört, welches Getöse der Comte deswegen machte. Daß die Frau eines Bastards ein lilienübersätes Kleid tragen sollte wie seine eigene Gemahlin, benahm ihm die Luft.«
»Sogar zum König ist der Comte deshalb gelaufen«, sagte mein Vater, »und als er ihm das Verbot des Lilienkleides für die kleine Mercœur nicht abringen konnte, verlangte er für seine Gemahlin eine Lilienreihe mehr ... Aber der König lachte nur, und der Comte de Soissons verschmähte fortan den Hof und schmollt auf einem seiner Schlösser.«
»Dann sehen wir ihn also nicht zu der Hochzeit«, sagte LaSurie. »Eine Lilienreihe mehr! Erbarmen! Was sind die Großen klein!«
»Dafür sehen wir vielleicht die Prinzessin von Condé«, sagte ich, »und ich wette, sie wird alle ihre Feuer strahlen lassen.«
»Teurer Neffe, Ihr kennt das périgourdinische Sprichwort:
Schönheit läßt sich lecken, aber essen nicht.
Und mir knurrt der Magen, Gott im Himmel!«
Und dieses Knurren wurde weder abends durch ein karges Souper gestillt, noch tags darauf durch ein kümmerliches Frühstück, aber am schlimmsten wurde es, offen gestanden, auf dieser glanzvollen Hochzeit, und schuld daran waren ausgerechnet die Damen. Ich nenne sie hier namentlich, damit sie, falls ihnen diese Zeilen eines Tages unter die Augen kommen, vielleicht eine Spur Reue empfinden, daß sie ihresgleichen dermaßen grausam hungern ließen: die Königin; die Herzogin von Mercœur; ihre Tochter, die Braut Françoise de Mercœur; die Herzogin von Montpensier; meine teure, lebensprühende Patin; ihre trübe Schwiegertochter, die junge Herzogin von Guise; meine Halbschwester, die schöne Prinzessin von Conti; die verwitwete Prinzessin von Condé – jene, die ihren Mann vergiftet haben soll; die Herzogin von Rohan; die Herzogin von Angoulême, Schwägerin des Konnetabels; und als letzte sei genannt, wiewohl sie nicht die Geringste war, da sie in dieser Julihitze den König allein durch ihre Anwesenheit in den Himmel versetzte: die Prinzessin von Condé.
Der Leser wird bemerken, daß es in dieser illustren Schar nicht unter der Herzoginnenkrone und dem dazugehörigen schweren Mantel abging. Und wahrlich, als ich all diese Damen endlich erscheinen sah, zerschmolz mein Groll auf sie, und ich bemitleidete sie aus ganzem Herzen: es war ja so heiß!
Trotzdem bleibt ihre Schuld ungeschmälert. Und was für ein Jammer, da doch alles so gut bedacht und vorbereitet war. Die Hochzeitsmesse war auf Punkt zwölf Uhr angesetzt, eine Viertelstunde vorher traf im Hof der Kapelle der König ein, mehr als jeder andere Große glänzend vor Seide, Perlen und Edelsteinen (aber er wußte seit dem Vortag ja auch, daß die Prinzessin da sein würde), in seinem Gefolge düster und zugeknöpft der Prinz von Condé, der taube, stotternde und halbblöde Prinz von Conti, der Herzog von Vendôme, den seine Vermählung alles andere als ergötzte, und die Herzöge undPairs in Krone und Mantel, die ich nicht alle aufzählen muß, weil sie ja pünktlich, höflich und vergnatzt zur Stelle waren, denn welcher von ihnen hätte seinen Sohn nicht gerne mit Françoise de Mercœur verheiratet? Sie war so reich! Aber den Reibach hatte, wie gewöhnlich, der König gemacht!
Hinter wer weiß wie vielen Geistlichen kam mit der Mitra, die ihn größer erscheinen ließ als alle übrigen, und mit dem goldenen Kreuz in der Hand Monseigneur der Bischof von Paris gezogen, der die Messe halten sollte und nun, schweißgebadet in seinen violetten Roben, Seiner Majestät seine Ehrerbietung erwies und von Ihr höchst willkommen geheißen wurde. Rings um ihn waren eine Menge Prälaten, unter denen einer mir von weitem zulächelte und winkte, was mich verwunderte, bis ich in ihm den reizenden jungen Erzbischof von Reims erkannte, meinen Halbbruder Louis von Lothringen. Warum Reims einen Erzbischof hatte und Paris nur einen Bischof, kann ich nicht sagen.
Da Macht und Glanz, gleich welcher Rangstufen, aber auch Bäuche haben, war bereits ein prächtiges Büffet unter purpurnen und goldenen Zelten aufgebaut und erwartete den Hof nach der Zeremonie. Und in Anbetracht der Fastenkur, die ich seit dem Vorabend litt, schwenkten meine Augen und Nüstern öfter als schicklich dorthin, zu all diesen duftenden und verlockenden Speisen, von denen die
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