Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
dem anderen abgejagt hat? Es kannaber gut sein, schöner Neffe, daß dies ein vorübergehender Zweifel bei ihm ist oder daß Henri nur so spricht, damit es weitergesagt und der Gegner eingeschläfert wird.«
    Hierauf schwieg Bassompierre und sah mich in Erwartung einer Antwort an.
    »Was ist denn mit Euch? Wo ist Eure Fröhlichkeit, Eure sprühende Laune hin, schöner Neffe? Warum laßt Ihr auf einmal den Kopf hängen und seid doch sonst leichtfüßig von Gipfel zu Gipfel gesprungen?«
    »Monsieur«, sagte ich, »mir ist dieser ganze Lauf der Welt zuwider. Es ist doch alles Lug und Trug.«
    »Teufel auch, seid Ihr zum Menschenfeind geworden? In Eurer hellsten Jugendblüte? Wißt, schöner Neffe, es gibt keine Traurigkeit, die nicht im Schoße einer Frau heilt.«
    »Ein trügerischer Schoß.«
    »Mein Junge, ich bitte Euch! Überlaßt diese Sprache der
Astrée
. Verlangt von einer Frau nicht mehr, als Ihr geben könnt, und Ihr seid glücklich. Konntet Ihr Mademoiselle de Saint-Hubert zu Eurer Geliebten machen? Euch mit Toinon als Bäcker niederlassen? Noémie de Sobol heiraten, die derart kratzbürstig ist? Oder Eurer Deutschlehrerin nach Heidelberg folgen? Und doch mochten sie alle Euch sehr gern ...«
    Ich war überrascht, wieviel er von mir wußte, und vor allem, daß er Ulrike nannte. Doch mochte ich nicht darauf eingehen, ich zuckte nur mit den Schultern und sagte: »Ich weiß nicht, in was für einem Zustand ich bin. Ich lebe in einer Melancholie dahin, aus der ich weder heraus kann noch will.«
    »Mein Neffe, Ihr nennt einen Zustand ›Melancholie‹, den ich ›Witwertum‹ nennen würde. Und es wäre höchste Zeit, Euch da herauszuhelfen, wenn er nicht noch Eure Gesundheit angreifen soll, nachdem er sich schon auf die Seele gelegt hat. Also, schöner Neffe, wetten wir!«
    »Ich, und wetten?« sagte ich voll Abscheu.
    »Das Faß!« sagte er und lachte. »Immer wieder das Faß! Wie sich das doch vom Vater auf den Sohn überträgt! Nein, Hugenottensohn, wir wollen nicht um Geld wetten. Nehmt diesen Ring und steckt ihn an Euren Finger. Und wenn Ihr binnen zwei Tagen keine Soubrette gefunden habt, die Euch Euer Bett besorgt, gebt Ihr ihn mir zurück und verfaßt mir ein schönes Sonett für eine meiner Freundinnen.«
    »Aber das ist doch Euer Feenring!« sagte ich verblüfft.
    »Deshalb gebt Ihr ihn mir ja wieder, auch wenn Ihr gewinnt. Und als Pfand bekommt Ihr von mir eine Kopie. Ist der Kontrakt klar? Wenn Ihr verliert, erhalte ich ein Sonett aus Eurer Feder. Wenn ich verliere, gewinnt Ihr eine Kopie meines Zauberrings.«
    »Eine sonderbare Wette! Und wie unvorsichtig! Glaubt Ihr, mein Sonett wird soviel taugen wie Euer Ring?«
    »Ich übernehme das Risiko. Topp?«
    »Topp!«
    Und nachdem er mich herzlich umarmt und auf beide Wangen geküßt hatte, ging er fröhlich von dannen. Sowie er mir den Rücken gekehrt hatte, betrachtete ich nicht ohne ein Gefühl des Erstaunens und des Schreckens den Feenring, halb gläubig, halb ungläubig, daß Bassompierre ihm seinen großen Erfolg bei den Damen verdanken sollte, der sich ja viel natürlicher durch seine Erscheinung, seinen Geist und seine Frauenkenntnis erklären ließ. Doch anderseits muß ich der Wahrheit halber sagen, daß ich mit dem Moment, da ich den Ring an meinem Finger spürte, mich als ein anderer fühlte oder zu fühlen meinte, ganz als stiege in mir neuer Saft.
    Im allgemeinen bin ich nicht erbaut, wenn ich allein essen muß; ich finde dann, daß sich sogar mein Teller langweilt. Und weil Mariette dies wußte, die wieder bei Tisch bediente, seit Caboche seine Krankheit ausgeschwitzt und sein Regiment am Herd wieder angetreten hatte, verweilte sie bei mir nach jeder Schüssel, die sie auftrug, und ließ ihrer redseligen Zunge freien Lauf. Und hatte sie sich vor meinem Tisch aufgebaut, prasselten Berge von einem Geschwätz auf mich nieder, das mir auf die Dauer unerträglich geworden wäre, hätte ich nicht gewußt, daß ihr Herz aus Gold und mir unbedingt zugetan war.
    Sofort sah sie den Ring, der an meinem Finger glänzte und auf den ich von Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick warf, immer voller Fragen nach seiner Macht.
    »Das ist doch der Ring vom Herrn Grafen!« rief Mariette aus (denn für sie wie für unser übriges weibliches Gesinde war der einzige Graf auf der Welt Monsieur de Bassompierre), »den erkenn ich doch an seinen Rubinen, Smaragden und Saphiren, so schön und alt, wie der ist! Und wie kommt es, daßIhr den tragt, Monsieur? Toinon tat

Weitere Kostenlose Bücher