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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Stuhl beauftragt nannte, dem König die gute Botschaft zu überbringen.
    »Dieser Pater Gontier«, sagte Ehrwürden Abbé Fogacer, der die Jesuiten verabscheute, »ist gänzlich Klauen, Hauer und Gift. Er ist das harte Gesicht der Gesellschaft Jesu, so wie Pater Cotton ihr sanftes und mildes ist. Glaubt mir, er wird den König nicht schonen noch den Krieg, den er gegen Spanien zu führen gedenkt, und als geistvoller Kopf wird er alle Mittel einsetzen, um ihn anzugreifen. Nachher wird Pater Cotton den König über all die Härte trösten und Tränen vergießen, wird sich ganz betrübt und mißbilligend geben und den König zum Schluß daran erinnern, daß er ihm vor langem hunderttausend Ecus für den Kapellenbau des Jesuitenkollegs La Flèche versprochen hat.«
    »Wird der König ihm die denn geben«, meinte mein Vater ungläubig, »jetzt, da er alle Gelder zusammenscharrt, die er irgend findet?«
    »Sicher. Der König will die Jesuiten dadurch entwaffnen, und Pater Cotton, der seine Rechnung kennt, wird sich ins Fäustchen lachen. Denn er lebt zu tief im Herzen des Ungeheuers, um nicht zu wissen, daß die Gesellschaft sich nicht entwaffnen läßt und keine Skrupel kennt, die Hand, die sie nährt, zu beißen, sofern es ihren reinen Zwecken nützt. Und welche Zwecke könnten reiner sein, als
perinde ac cadaver
1 dem Heiligen Stuhl zu gehorchen und ihm blindlings zu dienen.«
    Von dieser Predigt in Saint-Gervais kamen wir, mein Vater, La Surie und ich, höchst erbaut nach Hause, nicht ganz so allerdings, wie Pater Gontier es sich wohl gewünscht hätte.
    Ich betrachtete ihn neugierig, als er oben auf der Kanzel erschien und als erstes sagte, er sei »von unserem Heiligen Vater dem Papst, den Prälaten und Würdenträgern seiner Kirche hierher gesandt worden, auf daß ich – wenn auch ein Unwürdiger – Euch, Sire, die gerechten Klageschreie Eures Volkes deute, welches nicht leiden mag, daß der Feind es zum Kriege treibt, während die Kirche ihm Frieden singt.«
    Dieser Pater, der die Kanzel mit zwei kräftigen Händen gepackt hielt, hatte nichts von einem durch Fasten und Kasteiungen ausgezehrten Geistlichen. Er war, ganz im Gegenteil, eine energiegeladene, vierschrötige Gestalt, welcher der massige Kopf dicht auf dem mächtigen Rumpfe saß. Seine Nüstern schienen Schlachtengeruch zu schnauben. Seine Stimme war so machtvoll und sein Wort so gebieterisch, daß es aussah, als stecke sein Leib eher in einem Harnisch als im härenen Hemd, als schwinge seine Hand ein Schwert anstatt des Ciboriums.
    Anfangs fragte ich mich, wer dieser »Feind« wohl sei, von dem er sagte, »er treibe das Volk Frankreichs zum Kriege, während die Kirche ihm Frieden singe«. War es der Erzherzog Albert in Brüssel, der sich schon früher, mitten im Frieden, der Stadt Amiens bemächtigt hatte, die unser Henri dann durch eine lange und kostenreiche Belagerung zurückgewinnen mußte? Oder der Kaiser, der jüngst Kleve in Beschlag genommen hatte? Oder der Spanier, der zur Zeit der Liga in Marseille eingefallen war, der ein Komplott nach dem anderen gegen Henris Leben angezettelt und zu guter Letzt nun den Prinzen von Condé in sein Lager herübergezogen hatte, um ihn gegen seinen königlichen Onkel zu hetzen?
    Ich ging völlig fehl. »Der Feind«, das waren die französischen Hugenotten, und »diese Aufwiegler müssen gestraft werden« und »dieses ganze hetzerische Gezücht an Eurem Hofe, Sire, gehört ausgerottet und verbannt«. Und diese Worte sprach der Pater Gontier mit der prachtvollsten Selbstgewißheit nicht allein vor dem König, dem er Instruktionen erteilte, als bezöge er sie geradewegs vom Himmel, nein, er sprach sie auch vor Sully, vor dem Herzog von Bouillon, vor dem Marschall von Lesdiguières und etlichen anderen großenund kleinen Herren des Hofes – allesamt Protestanten. In Wahrheit aber blieb in seiner ganzen ebenso kämpferischen wie scheinheiligen und mit jesuitischen Spitzfindigkeiten argumentierenden Predigt eines unausgesprochen: Der Feind war der König selbst; er war es, laut Pater Gontier, der »das französische Volk zum Kriege trieb, während die Kirche ihm Frieden singe«. Denn wenn der König »mit ihr Frieden sänge«, würde er »seine Untertanen heil und unbeschadet bewahren, solange es der göttlichen Güte gefiele, ihn bei glücklicher Gesundheit und am Leben zu erhalten.« Hieß das nicht, zu drohen und deutlich zu drohen: wenn der König auf seinen protestantischen Bündnissen und seiner Kriegspolitik

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