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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Mauern und Jauchepfuhle, und wie das da wimmelte, nichts wie Lumpengesindel, Bettler, Mantelschnapper, Huren und Fosenhähne.«
    »Jeannette!« sagte eine andere, »es heißt nicht Fosenhahn, das ist nicht mehr vornehm. Es heißt Zutreiber.«
    »Was sagt Monsieur de Bassompierre?« fragte Jeannette.
    »Ach, eins ist wie das andere«, sagte Bassompierre und biß in eine saftige Geflügelkeule. »Aber Jeannettes Ausdruck ist mir lieber, der gibt wenigstens ein Bild.« Worauf wir lachten und die schwarzäugige Jeannette erstaunt die Brauen hob.
    »Was gibt es da zu lachen?«
    »Nicht über dich, mein Täubchen«, sagte Bassompierre, indem er den Arm nach der Schüssel ausstreckte, mit der Hand ein tüchtiges Stück vom Kapaun ablöste und es ihr mit dem liebenswürdigsten Lächeln hinhielt.
    Da ich an üppige Speisen zu so früher Stunde nicht gewöhnt war, rührte ich kaum Fleisch an, und abgesehen von ein paar verstohlenen Blicken hier und da nach den reizenden Nichten von Monsieur de Bassompierre, wandte ich meine ganze Aufmerksamkeit der Landschaft zu, wie der Chevalier es mir ans Herz gelegt hatte. Offen gestanden, gefielen mir die Pariser Vororte ebenso wenig wie Jeannette. Man hatte den Eindruck, es gäben sich alle Verbrechen und aller Abschaum der Hauptstadt ein Stelldichein in diesen Rattenlöchern, und sogar der Polizeihauptmann mit seiner Garde hätte es, wie mein Vater sagte, nicht gewagt, den Fuß dorthin zu setzen. Doch sowie wir diese Reihen düsterer, baufälliger Hütten hinter uns ließen und rechts und links des Flusses das offene Land begann, stand ich auf und lief zum Bug der Galiote, um ja nichts zu verpassen. Da fühlte ich denn, wie meine Augen sich der Lust zu sehen erfreuten und wie meine Lungen sich weiteten vor Wonne, eine ganz andere Luft einzusaugen als jene erdrückende in Paris, die man kaum ertrug. Sogar in unserer dem Louvre doch so nahe gelegenen Gasse wurde einem das Atmen zu gewissen Stunden eine Qual, während ich an diesem meinem Standort mit jedem Atemzug neues Glück empfand, so rein war die Luft, so leicht und würzig.
    Mein Vater und der Chevalier gesellten sich zu mir, woraufhin aber der Schiffer, der im Bug lag, in seinem etwas gutturalen Französisch bat, wir möchten uns mehr auf die Seite stellen, um die Signale, die er dem Steuermann gab, nicht zu behindern. Es dauerte nicht länger als fünf Minuten, bis die elenden Vororte von Saint-Germain hinter uns lagen. Sie wichen Gemüsekulturen, lieblichen Wäldchen und so grünen Weiden, daß man die Herden beneidete, die sich dort labten. An den Südhängen erstreckten sich viele Weingärten, aber am allermeisten entzückten mich die zahllosen Mühlen, deren oft buntgescheckte Leinwandflügel sich in der morgendlichen Brise drehten.
    Da und dort auf den Höhen erhoben sich Dörfer und unten am Strom Gasthäuser, ganz aus Schiefer. Dorthin kam, wie der Chevalier mir sagte, das kleine Volk von Paris des sonntags zu Fuß, trank und tanzte und spielte mit Wurfscheiben. Doch gab es etwas höher am Hang auch schöne Sommerhäuser; sie gehörten, wie er sagte, wohlhabenden Bürgern der Hauptstadt, die sich dort alle Sonntage in Schatten und Frische ergingen.
    »Und der Adel?« fragte ich.
    »Der Adel«, sagte La Surie, »hat seine Schlösser in den Provinzen, und dorthin begibt man sich nur, um aus seinen Ländereien Geld zu ziehen, dann kehrt man zurück, um es am Hofe auszugeben – mit Ausnahme natürlich Eures Herrn Vaters und mir selbst, die wir eine andere Auffassung von der Bewirtschaftung unserer Güter haben.«
    »Herr Vater«, sagte ich, »gewinnt Ihr Eure Einkünfte nur aus Eurer Herrschaft Le Chêne Rogneux?«
    »Nicht nur. Ich besitze in Paris zwei schöne Hôtels, die ich an Standespersonen vermiete, das eine zu 2400 Livres im Jahr, das andere zu 3000. Allerdings trete ich bei dem Handel nicht in Erscheinung.«
    »Warum nicht, Herr Vater?«
    »Weil der Hofadel darüber die Nase rümpfen würde. Man fände es ehrlos. Denn wenn diese Herrschaften knapp mit dem Gelde sind, verkaufen sie lieber ihre Güter, verpfänden die Einkünfte ihrer Ämter, trennen sich von ihrem Silber oder betteln beim König um Almosen.«
    Mein Vater setzte mit einem Lächeln hinzu: »Monsieur de La Surie ist sogar noch gescheiter als ich. Er gibt nur die Hälfte seiner Einkünfte aus und leiht die andere Hälfte einem Juden.«
    »Wieso das?« fragte ich staunend.
    »Der Jude verleiht das Geld seinerseits zu einem höheren Zins, als er dem

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