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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Termes bei Mademoiselle de Sagonne erwischt hat? Die Königin hat aufgeheult. Sie hat die Sagonne auf der Stelle verjagt und ist zum König gelaufen: er solle dem Baron ›den Kopf abschneiden‹.«
    »Und was hat der König getan?«
    »Er ist geplatzt vor Lachen. ›Madame‹, hat er gesagt, ›meint Ihr wirklich den Kopf, den ich ihm abschneiden soll? Und ist es nicht an Euch, Eure Jungfern besser zu hüten?‹«
    Mein Vater schmunzelte über die Geschichte, und als Madame de Guise ihn nun aufgeheitert sah, faßte sie wieder Hoffnung.
    »Ach, Monsieur, ich bitte Euch!« sagte sie so schmeichelnd sie konnte. »Wenn Ihr mir gefallen wollt, macht mir die Freude und kommt.«
    »Madame, habt Ihr auch dies bedacht? Um auf Eurem Ball keine allzu klägliche Figur zu machen, bräuchte ich ein Taffetwams, einen doppelten Spitzenkragen, scharlachene Kniehosen, fleischfarbene Seidenstrümpfe, Stiefel mit goldenen Sporen und einen edelsteinbesetzten Degenknauf. Hinzukommt: ich kann diese ganze kostspielige Tracht nur ein einziges Mal anlegen, denn beim nächsten Ball ist sie schon nicht mehr Mode.«
    »Nun gut, Monsieur«, sagte die Herzogin, die alles auf eine Karte setzte und sich gleichsam in die Verzweiflung schickte, »dann kommt Ihr eben in Eurem schwarzen Samtgewand. Bei einem bekehrten Hugenotten mag das durchgehen, nur müßt Ihr dann Eure Kette tragen, die Euch als Ritter vom Heiligen-Geist-Orden ausweist. Niemand wird sich über einen Edelmann lustig machen, den ein solches Zeugnis königlicher Gunst auszeichnet.«
    »Im schwarzen Samtgewand am sechzehnten August! Und in dem Gedränge! Wollt Ihr mich umbringen? Nein, nein, Madame, keine Rede mehr davon! Wir würden uns nur zanken. Und das ist das ganze Gegenteil von dem, was ich möchte.«
    Hiermit ergriff er ihre rundliche kleine Hand, führte sie an seine Lippen und küßte sie auf eine sehr besondere Weise, die eine Art Liebessprache zwischen ihnen beiden sein mußte, denn Madame de Guise erschauerte, färbte sich rosig und wurde stumm wie eine Nonne zur Frühmette.
    Nun denn, dachte ich, damit ist die Sache besiegelt und mein schöner Ball ins Wasser gefallen. Denn wiewohl der Respekt es mir verboten hätte, meinen Wunsch vor meinem Vater zu äußern, da er dem seinen widersprach, hatte ich glühend gehofft, er werde die Einladung Madame de Guises annehmen, sowohl um meiner lieben Patin die Freude zu machen, als auch damit ich endlich mit eigenen Augen ihr schönesHôtel de Grenelle und alle die hohen Persönlichkeiten des Hofes sähe, deren Namen und Charakterzüge, deren großes oder lächerliches Tun in den Gesprächen ständig eine Rolle spielten, ob man die Herzogin hörte oder Fogacer, Bassompierre oder meinen Vater. Und warum sollte ich verschweigen, welch großes Vergnügen ich mir davon versprochen hatte, wenn auch nur aus einem kleinen Winkel jene berühmten Schönheiten zu betrachten, über die unsere Kammerfrauen den lieben langen Tag zu klatschen hatten: mochten sie die Favoritinnen des Königs nun gewesen sein, gegenwärtig sein oder gerade erst werden: die Marquise de Verneuil, die Comtesse de Moret, Charlotte des Essarts. Ihre Namen allein hatten in meinem Ohr einen Zauberklang, der meine Phantasie beschäftigte und mich zum Träumen verführte.
    Obwohl meine Siesta der gesprochenen Sprache wenig Raum ließ, vertraute ich Toinon zwischen zwei Seufzern meine Entäuschung wegen des verlorenen Balls an. Sie war nicht eben mitleidig.
    »Liebe Zeit, Monsieur, ich glaub nicht, daß Ihr daran viel verliert! Diese hochadligen Dirnen sind besser angeputzt als unsereiner, aber nehmt ihnen den Schnürleib weg, den Oberrock, den Unterrock, die falschen Locken, den falschen Hintern, die falschen Farben, womit sie sich schminken, und was bleibt übrig? Weiber wie andere auch, vielleicht nicht mal so hübsch, mit Busen, Bauchnabel und einem Spalt von unten nach oben oder von oben nach unten, wie Ihr wollt, aber nie von rechts nach links! Schwerenot noch mal, wo ist da der Unterschied? Wenn Ihr mich auszieht, mein Schatz, seht Ihr wenigstens einen Arsch von Mutter Natur und einen Busen, der nicht vom Schneider ist. Papperlapapp! Ich werde rasend, wenn ich die Männer vor diesen Ziegen auf den Knien liegen seh! Lecken ihnen die Pfoten und himmeln sie an, bloß weil sie sich vor ihnen zieren und kostbar machen, ihnen den Kopf verdrehen mit ihren niedergeschlagenen Augen, ihren Schmollschnuten und ihrem albernen Getue. Ich sag Euch, Monsieur, bei denen ist alles

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