Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
werde. Der Beschluß wurde in Blois vom König und einem begrenzten Staatsrat gefaßt, welchem ich nicht angehörte, denn ich war nur der Arzt Seiner Majestät. Und ausgeführt wurde dieser Plan im Gemach des Königs durch acht seiner Leibgardisten. 1 Was nun meine kleine Rolle in dem Fall anbelangt, so beschränkte sie sich auf eines: nach der Ermordung des Herzogs wurde ich als Mediziner vom König gerufen, um den Tod Eures Gemahls festzustellen.«
»Und das habt Ihr mir bis heute verheimlicht!« schrie Madame de Guise. »Ist das nicht die Höhe? Die ganze Zeit, die ich Euch kenne, habt Ihr daran nie auch nur mit einem Wort gerührt!«
»Madame, weshalb hätte ich das tun sollen? Sollte ich Euch durch die Erinnerung an diese furchtbare Prüfung betrüben? Und wußte ich nicht, daß Euch alles, was in Blois geschehen war, von dem Vater Monsieur de Bassompierres getreulichberichtet wurde, da er der Stadt entfliehen konnte und mit verhängten Zügeln nach Paris geeilt ist, um Euch die Dinge mitzuteilen, und sich bemüht hat, Euch zu trösten.«
Bei diesen Worten färbte sich Madame de Guise rosig und wußte nichts zu erwidern. Woraufhin mein Vater, der den Besuch von Bassompierres Vater nicht ohne Absicht erwähnt hatte, seine Spitze noch weiter trieb.
»Wollt Ihr mir nun sagen, Madame, wer Euch diesen ungerechten Verdacht in den Kopf gesetzt hat?«
»Ich werde mich hüten, Monsieur. Ihr würdet hingehen und ihn fordern.«
»Aber nein, Madame, nein!« rief mein Vater leidenschaftlich. »Das würde ich nicht tun! Ich halte Duelle für etwas Abscheuliches. Außerdem wißt Ihr doch, daß ich der einzige bin, der die Jarnacsche Finte beherrscht, die keiner parieren kann. Aus dem Grund fordere ich nie jemanden, und niemand am Hofe hat je mich gefordert. Also, Madame, keine Geheimniskrämerei! Den Namen Eures Informanten, bitte!«
»Schwört mir, daß Ihr nicht hingeht ...«
»Ich habe es Euch soeben versichert.«
»Es ist mein Sohn, der Chevalier de Guise.«
»Der Chevalier de Guise!« rief mein Vater aus, indem er die Hände zum Himmel hob, und sein Gesicht schien zwischen Zorn und dem Verlangen zu lachen hin und her gerissen. »Der Chevalier, das postume Kind! Madame, das ist der Gipfel! Er war noch nicht einmal geboren, als der Mord von Blois geschah! Wenn ich nicht irre, kam er sieben Monate nach dem Tod seines Vaters zur Welt. Was kann er darüber wissen? Hättet Ihr Euch nicht denken können, daß der Unbesonnene nur irgendwelchen Hofklatsch nachplappert? Ach, Madame, geht mir mit Eurer Familie! Alle Eure vier Söhne ...«
»Fünf«, warf Madame de Guise halblaut ein.
»Von allen vieren«, fuhr mein Vater fort, als hätte er es nicht gehört, »ist der Erzbischof von Reims der einzige, der keine Schulden hat. Euer Ältester, der Herzog von Guise, vergeudet seine Zeit mit Müßiggang und Ausgefallenheiten. Wie ich höre, hält er sich neuerdings eine Löwin, in deren Gesellschaft er zu frühstücken vorgibt ... Verhüte Gott, daß sein Frühstück nicht eines Tages böse für ihn ausgeht!«
»Monsieur!«
»Der Prinz von Joinville, gewiß noch der beste von Eurer Löwenbrut und der einzige, der ein bißchen Verstand hat, verschwendet ihn, indem er jedem Unterrock nachläuft wie ein Tollkopf.«
»Dem seid Ihr auch nachgelaufen.«
»Aber nicht wie ein Tollkopf, Madame. Es wäre mir niemals eingefallen, einer Mätresse des Königs den Hof zu machen!«
»Ihr wißt so gut wie ich, daß der König die Comtesse de Moret dies Jahr verschmäht und nur noch Augen für Charlotte des Essarts hat.«
»Aber es mißfällt ihm, wenn einer aus seinem Kelche trinken will, er stellt ihn ja nur beiseite, um darauf zurückzukommen. Und was den Chevalier de Guise betrifft, der so fromm ist, daß man ihn zum Malteserritter gemacht hat, und so scharfsichtig, daß er schon als Fötus alles über den Mord von Blois wußte, so kennt jeder am Hof, und Ihr als erste, seinen Charakter: verleumderisch ohne Grund, streitsüchtig ohne Anlaß, ein Wirrkopf, dem niemand glauben mag, und derart hitzig, daß man wetten kann, er zieht sich eines Tages eine sehr böse Geschichte auf den Hals.«
»Ach, Ihr seid allzu hart!«
»Durchaus nicht. Ich sage, was wahr ist.«
»Wenigstens meine Tochter könnt Ihr nicht schlechtmachen. Sie wird von jedermann bewundert.«
»Gewiß ist Louise-Marguerite wunderschön, dazu sehr gescheit und sehr liebenswürdig. Aber warum, Madame, warum mußte sie so einen alten Trottel heiraten wie den Prinzen von
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