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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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damals so jung und töricht, daß ich glaubte, es müsse sich jede Frau meinen Wünschen ebenso ergeben wie meine Soubrette.
    Bei meinen Ammen, als sie mir beim Ankleiden halfen, hörte es sich ganz anders an, aber, seltsam, die großen Lobreden, mit denen sie mich überhäuften, vermochten die Wunde, die mir Toinons Kralle geschlagen hatte, nicht gänzlich zu heilen.
    Ich war kaum eine halbe Stunde bereit, als die goldschimmernde Karosse von Madame de Guise, mit Wappen an den Türen, einem Gespann von vier prachtvollen Füchsen, mit einem Kutscher in nicht minder prachtvoller Livree in den Farben der Guise und mit zwei riesigen, geputzten Schweizern auf dem Tritt Einlaß in unseren Hof begehrte. Das geschah nicht ohne einigen Lärm, und an den Fenstern unseres Hauses erschienen die frischen Gesichter unserer Kammerfrauen, die sich in der Bewunderung dieses Gefährtes gar nicht zu lassen wußten und sich ungemein mit geehrt fühlten, daß es meinetwegengekommen war. Ihre Wangen waren schon ganz geschwellt von all den Geschichten, die sie darüber den guten Leutchen in unserer Gasse erzählen würden. Der Kutschenschlag wurde mir von einem Schweizer geöffnet, und während er den Tritt herabließ, hob ich den Kopf nach den Frauen und sandte ihnen einen Gruß, indem ich in weitem Bogen meinen Hut schwenkte, dessen parma- und mandelgrüne Federn die Farben meines Wamses aufnahmen. Sie waren entzückt von dieser Hutparade, und mit Lachen, Zappeln und Händeklatschen bereiteten sie mir eine große Ovation, als säßen sie in der Komödie. »Und es war ja eine«, sagte später mein Vater. »Was wäre alles Gepränge unserer Großen ohne das gute Volk, das ihnen mit offenem Munde zuschaut und applaudiert?«
    ***
    Erst als ich schon in der Karosse saß, stellte ich fest, daß ich Toinon überhaupt nicht unter den Frauen an den Fenstern gesehen hatte. Ich hätte mich zur Betrübnis darüber, daß ich sie nun allein im Hause wußte, bereit finden können, hätte sie mir nicht diese boshafte Bemerkung über meine Nase an den Kopf geworfen, die ich nicht vergessen konnte. So war ich denn auch meinerseits so boshaft, Toinon aus meinen Gedanken zu vertreiben, indem ich meinen Augen befahl, sich mit der genauen Betrachtung des Karosseninnern zu beschäftigen, worin ich geradezu wollüstig Platz genommen hatte.
    Es steht fest, daß es nichts von der spartanischen Nüchternheit unserer Kutsche hatte, deren Bänke mit einem derben Leder bezogen und deren Innenwände mit grauem Köper bespannt waren: »Nie habe ich etwas Klösterlicheres gesehen!« sagte Bassompierre, als er sich eines Tages mit meinem Vater dort hineinschwang. Der Sitz dagegen hier, auf dem ich mich breitmachte, während der Kutscher von Madame de Guise mich zum Hôtel de Grenelle fuhr, ließ an Behaglichkeit nichts zu wünschen übrig, er war ebenso wie die beiden Innenschläge mit einem blaßblauen Samtpolster bezogen, das an den Rändern mit Goldborten gefaßt war, was sich sehr gut zu den Fenstervorhängen aus nachtblauem Damast mit großen schwarzen Blattmustern ausnahm. Eine wunderschöne Dekoration, aber doppelt kostspielig, befand ich (womit derHugenottensohn wieder durchschlug), zum ersten, wenn man sie anbringt, und dann, wenn man sie erneuern muß, weil sie verschossen ist.
    Es war das erstemal, daß ich den Fuß in diese wunderbare Karosse setzte, und das erstemal auch, daß ich ins Hôtel de Grenelle geladen war. Ein Beweis dafür, wie ich mir sagte, daß die Zeiten sich geändert hatten, daß ich jetzt, wenn auch nicht völlig anerkannt, so doch immerhin empfangen wurde, als ob ich es wäre. Ich vermerkte den Unterschied, ohne mich aber deswegen zu betrüben, da mein Ehrgeiz nicht auf ererbte Ehren gerichtet war. Man mag einwenden, es sei doch wohl übertrieben, in meinem derzeitigen Alter von Ehrgeiz zu sprechen. Doch wenn auch die Ziele noch wenig deutlich waren, so steckten der Wille und die Tatkraft, sie eines Tages zu erreichen, bereits in mir, das fühlte ich.
    Ein stämmiger, majestätischer Edelmann empfing mich im Haus der Madame de Guise, sowie der Schweizer mir den Wagenschlag geöffnet und den Tritt herabgelassen hatte.
    »Herr Chevalier«, sagte er mit tiefer Verneigung, »ich bin Euer untertäniger Diener. Wollet mir erlauben, mich vorzustellen: ich bin Monsieur de Réchignevoisin,
maggiordomo
Ihrer Hoheit, obwohl sie es bevorzugt, mich ihren Hofmarschall zu nennen.«
    »Herr Hofmarschall«, sagte ich, »ich bin Euer Diener.«
    Nachdem sein

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